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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.08.1938
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- 1938-08-18
- Erscheinungsdatum
- 18.08.1938
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Bild beginnen, die Titelüberschriften dann sind in den unzialen Großbuchstaben der Wallau gesetzt, einer Schrift, die in dem gra phischen Charakter ihres Strichs Beziehungen aufwcist zu dem ausdrucksvollen Strich von Mahlaus Zeichnungen. Ähnliches finden wir in der Stilsibel. Hier sind die Titel in Korpus gesetzt, und zwar wiederum aus der fetten Fraktur Bauers, die ja schon die auszeichncndo Rolle im Lesctext spielt. Die Verschiedenheit der Lösungen dieser kleinen Aufgaben in allen Fibeln zeigt eben immer wieder, daß die Arbeit an einem illustrierten Werk, an einem Buch schlechthin, eine künstlerische ist: Gewiß gibt cs eine grundsätzliche Scheidung zwischen künstlerischer und unkünst lerischer Arbeit, ein wahrer Buchkünstler wird aber immer wieder neue Lösungen zeigen und keine langweiligen Allgcmcin- lösungen vorsetzen. In der Musikfibcl sind drei verschiedene Schristgattungen gebraucht worden: Text in Fraktur, Unter schriften in Antiqua, Haupttitcl in Gotisch, Untertitel in der fetten Fraktur des Textes. Was eint die verschiedenen Schriften? Daß sic vom gleichen Künstler geschaffen wurden. Es sind die bekannten und bedeutenden Weiß-Schriften. So ließe sich nun unsere Betrachtung zur »Erneuerung der Illustration» in vielen Richtungen fortsetzcn. Sic würde aber stets das Gleiche zeigen, wie sich bis zu den kleinsten Maß nahmen hin ein formender Wille lundtun muß, wenn Bild und Text zu einer schönen Einheit der Gestalt zusammen wachsen sollen. Wie dieser Einheit eine innere entsprechen muß, dadurch, daß sich die Bedeutung des Bildes mit dem I n - halt der Schichtseiten verschränkt, konnten wir daneben nur andeuten und es ist auch nur im Lesen und Anschauen zu ver folgen. Bei einem wertvollen Buch wird ja immer das ganze Werk diese Einheit bezeugen, sodaß Schrift und Bild nicht nur im Anschaucn, auch im Schauen verschmelzen. Sie gehen beglei tend und sich verschlingend wie die Themen einer Fuge neben einander und bilden in diesem fortschreitenden Gang doch das Wunder der Melodie. Bruno Arbeiter. Der unbekannte Autor stellt sich vor Or. Langenbucher hat schon vor längerer Zeit an dieser Stelle (1936, Nr. 43) über Aufgabe und Verantwortung des Lek tors sehr ernsthafte Gedanken geäußert. Aus der Praxis sei heute zu diesem Thema ein wohl nicht vereinzelter Fall berichtet. Kürzlich wurde in einem Vcrlagshausc von einem jungen Mann ein umfangreiches Prosamanuskript mit der dringlichen Bitte ab gegeben, die Arbeit doch besonders ernsthaft zu Prüfen. Das wurde dem Verfasser, der sich außerdem von einem bekannten Schrift steller eine Prüfungszusage eingeholt hatte, versprochen. Nach etwa drei Wochen bewirkten wiederholte Anrufe dieses jungen^, »Autors«, die aus wirklicher Bedrängnis zu kommen schienen, die Bearbeitung seines Manuskriptes anderen — an sich dringlicheren — Dingen vorzuziehen. Das Ergebnis war: hoffnungsloser, wir rer Dilettantismus; eine Arbeit der Art, wie wir sie wohl alle kennen, in der kein Satz einen klar gefühlten Inhalt enthält, in der von einer Handlung, von auch nur andeutungsweise gelun gener Menschendarstellung keine Rede ist, das Erzeugnis eines durch eine bedauernswerte Selbsttäuschung zum Schreiben ge kommenen Phantasten. Schon sollte dem Verfasser diese Ansicht, der sich nach kurzen Stichproben auch der befragte Schriftsteller lächelnd anschloß, vorsichtig mitgeteilt werden, da erschien dieser selbst und verlangte mit einer Hartnäckigkeit, der auch die ver sierte Pförtnerin nicht widerstehen konnte, eine persönliche Aus sprache. Sie wurde ihm gewährt. Es kam ein etwa siebenundzwanzig Jahre alter junger Mann, anständig gekleidet, mit ausfallend nervöser Sprechweise, mit etwas flackerndem Blick, mit unruhigen Bewegungen und wünschte so kategorisch eine klare Auskunft darüber, ob seine Arbeit »etwas sei» oder nicht, ob er nach diesen Versuchen weitcr- schreibcn solle oder nicht, daß sich alle für ähnliche Fälle vorhan denen Floskeln von selbst verboten und dem jungen Menschen mit Ruhe und, Takt, aber in voller Offenheit die Wahrheit gesagt wurde. Diese Wahrheit nahm er auffallend ruhig, ja im Verlaufe des immer mehr inenschlich und fast psychiatrisch werdenden Ge spräches mit unverhohlener Dankbarkeit hin. Es sei das erstemal, sagte er, daß ihm jemand, dem er Sach verständnis zutrauc, so offen die Wahrheit sage. Nun wisse er, woran er sei. Er sei an sich von Berus Anstreicher. Durch eine lange Krankheit sei er aus der Arbeit gekommen und habe sich während des mehrmonatigen Stillelicgens mit Schreiben be schäftigt. Er habe schon vielen Verlagen seine Arbeiten zugesandt, er habe immer ausdrücklich um offene und klare Beurteilung ge beten und habe seine besondere Lage dargelegt, es sei ihm wirklich stets zu allererst um ein solches Urteil und damit um Klärung zu tun gewesen, aber man habe ihm immer nur geantwortet — und dabei zog er eine Reihe solcher Briefe vor —, seine Versuche feien sehr interessant, sie seien nur gerade für diesen Verlag aus den und den Gründen zufällig nicht verwendbar. So habe er weiter geschrieben, habe all sein geringes Hab und Gut ins Pfandhaus getragen, wieder holte er einen dicken Packen Papier — diesmal Pfandhauszettcl — aus seiner Tasche hervor —, dieser Anzug sei das letzte, was er noch besäße, zu essen habe er auch nichts mehr, in diesen Tagen habe die Entscheidung fallen müssen. Nun sei sic gefallen, morgen schon werde er sich auf dem Arbeitsamt Arbeit geben lassen, nun wisse er, woran er sei. Warum aber habe ihm niemand eher die Wahrheit gesagt, da er doch so oft darum ge beten habe? Es hätte ihm viel erspart bleiben können. Man wird die Erzählung dieses »Falles«, der natürlich sein Tragikomisches und sein Schnurriges und Verqucrtes und Un bedeutendes hat, vielleicht ungebührlich breit aufgctragen finden. Aber es geht ja gar nicht um diesen sonderlichen Kauz mit seinen Marotten. Es geht darum, daß durch die gedankenlose Bequem lichkeit mancher Lektoren, die nichts anderes als eine Schuld ist, Menschen in Not und Verzweiflung getrieben werden können, denen e i n offenes Wort ihren natürlich immer schon ein wenig verrückten Verstand wieder zurechtrücken könnte. Wir kennen ja im allgemeinen die Menschen nicht, die unsere üblichen, formellen Absagebriefen erhalten. Wir wissen ja nicht, welche Wirkung sie haben. In diesem Fall konnte man es einmal sehen. Natürlich können wir nicht jedem Manuskript, das durch unsere Hände geht, einen persönlich gehaltenen Brief beigeben. Natürlich werden wir auf Formeln nicht verzichten können. Aber kann nicht auch die Formel ehrlich sein? Warum kann sie nicht einfach lauten: »Ihr am soundsovielten uns zugesandtes Ma nuskript können wir leider nicht für unseren Verlag erwerben, wir reichen es Ihnen deshalb wieder zurück?«*) Warum muß immer noch »das Interesse« des Verlages geheuchelt werden, warum muß immer noch schlechtes Zeug sogar gelobt und mit den fadenscheinigsten Gründen abgelchnt werden? Warum sagen wir hingegen da, wo uns in einer Arbeit auch nur ein Funke von ehr lichem menschlichem Bemühen — und äußere es sich noch so komisch — zu begegnen scheint, nicht die offene Wahrheit? Natürlich muß ninn spüren, wo sich das lohnt und wo nicht. Wir werden erleben, daß die Dankbarkeit im allgemeinen viel häufiger ist als die Gekränkthsit; und was macht es uns schon aus, wenn wir ein paar grobe oder beleidigte Briefe mehr bekommen? Wir können darüber wohl wirklich erhaben sein. Mir scheint solche — menschliche — Ausübung unserer nicht selten unmenschlichen Tätigkeit allein unserer würdig zu sein. Wir sollten uns öfter darüber klar werden, daß hinter den Arbeiten, die wir bekommen, zu allermeist wenigstens Menschen stehen. —t *1 Bei der Fülle der Manuskripteinsendungen, die die Verlage zu bewältigen haben, wird ohne die Anwendung von formelhaften Briefen nicht auszukommen sein. Wir glauben jedoch nicht, daß die von dem Verfasser hier vorgeschlagene Formel für den Autor, der einen Brief dieses Inhalts bekommt, aufschlussreicher oder tröstlicher sei als die vielen anderen gebräuchlichen Ablehnungs-Schemabriese. D. Schrift!. Nr. 181 Donnerstag, Len 18. August 1838
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