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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.10.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-10-12
- Erscheinungsdatum
- 12.10.1912
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Nichtamtlicher Tri!. ^ 238, 12. Oktober 1812. lisch der Preßabteilung im neuen Hause, der sicherlich ein rühmliches Beispiel der Leistungsfähigkeit des deutschen Kunst- gewecbes sein wird, auf diesem Schreibtisch wird wieder das alte Bücherhäuschen und darunter die zerlederte, veraltete Ausgabe des Preßgesetzes seinen Platz finden.« II. Ein befreundeter junger Schriftsteller kam auf die nicht mehr neue Idee, mit seinen Gedanken das künstlerisch dar- nicderliegende Kinematographengewcrbe zu befruchten. Er wollte Kinodramen schreiben. Vorher aber empfand er das Bedürfnis, sich über die Rechtslage ein bißchen zu unterrichten. Er erkundigte sich nach einem Anwalt, der in literarischen Dingen für beschlagen galt. Eine solche Adresse war bald ge funden, und erwartungsvoll saß der angehende Kinoklassiker vor seinem Berater. Der zog die Augenbrauen gewaltig hoch, als er von dem Begehren des Jünglings hörte, rückte an seinem Kneifer und meinte: Ein interessanter Fall! Dann versank er in Nachdenken, erhob sich und ergriff einen der Bände, die in langer Reihe im Bücherbrett aufgestellt waren, mit dem beschriebenen Weißen Rückenschild: Reichsgesetzblatt. Den Band schlug er mit kundiger Hand auf und las seinem staunenden Zuhörer einige Paragraphen vor, die dieser gut kannte, weil er die Reclamsche Ausgabe des Urhebergesetzes schon in der Tasche mit sich herumtrug. Mit dem Zeige finger an der Nase meinte dann der Rechtsberater: Es wird nun darauf ankommen, inwieweit diese Bestimmungen An wendung auf Kinodramen finden. Der Auskunstheischende konnte nicht umhin, dieser Erwägung zuzustimmen. »Kom men Sic übermorgen wieder«, meinte der Anwalt rasch ent schlossen, »ich werde mich inzwischen genau informieren!« Na, schön. Unser Freund erschien, um die gründlichsten Informationen zu ermöglichen, erst nach acht Tagen wieder auf der Anwaltskanzlei. Der Anwalt empfing ihn freudig erregt und sagte: »Es ist furchtbar schwierig, etwas Sicheres zu sagen, die Materie ist ganz neu, und nirgends sind noch in Deutschland Entscheidungen ergangen. Es wird darum von dem Ermessen des Richters abhängen, inwieweit er in einem Kinodrama eine selbständige geistige Leistung sehen will.« Das brachte er mit dem siegesgewissen Tone des er fahrenen Praktikers heraus, so daß mein Freund sich im Augen blick für befriedigt hielt. Er zog das Portemonnaie: Was ist meine Schuldigkeit? Für beide Male sechs Mark. Bitte sehr! Danke sehr! Der junge Schriftsteller war draußen und wurde sich erst aus der Treppe allmählich klar darüber, daß er im Grunde nichts erfahren hatte, was er nicht schon wußte. Er hat mir dann später die Geschichte erzählt, und ich konnte ihm an der Hand des gerade im Börsenblatt er schienenen Artikels von vr. A. Elster einige Literatur Nach weisen, die ihm für billigeres Geld die erschöpfende Auskunft gab, die er bei dem literarischen Anwalt vergeblich gesucht hatte. III. Einer meiner besten Freunde hat sich in dem eine elek trische Bahnstunde entfernten Vorort ein kleines Landhaus gebaut. Wir waren früher ost und regelmäßig zusammen, auch nach seiner Verheiratring. Das festeste Bindemittel waren immer die gemeinsamen literarischen Interessen. Seitdem er nun da draußen wohnt, haben die regelmäßigen abendlichen Zusammenkünfte naturgemäß aufgehört. Ich habe schließlich ohne Schmerz darauf verzichtet, denn es war doch auf die Dauer zu ungemütlich, von elf Uhr an, also zu der Zeit, wo sich die Gemütlichkeit erst einzustellen beginnt, neben jemand zu sitzen, der immer mit der Uhr in der Hand an nichts, als an die letzte Elektrische denkt. Ich komme nun jeden zweiten Sonntag zu ihm hinaus und gestehe gern, daß ich mich da sehr behaglich fühle. Und doch, mit der Zeit wurde es etwas anders. Der alte Gesprächsstoff, der bisher hauptsächlich den Bedarf der Unterhaltung gedeckt hatte, erwies sich je länger je mehr als untraitabel. Ich sprach Wohl noch von einem neuen Roman und er von dem jüngsten Modedrama, aber seine Meinungen hatten, wie mir schien, in der letzten Zeit auf fallend an Eigenart verloren, schließlich erkannte ich bald die Wendungen des Kritikers aus dem Morgenblatt wieder. Und er, der sonst stundenlang über ein neues Buch reden konnte und eine wahre Lust empfand, dem geistigen Leben der Zeit bis an die Quellen nachzuspüren, fing an, sich für Skat und Whist zu interessieren. Nun ist schon seit Wochen der Spieltisch be reit, wenn ich mich zu meinen seltener gewordenen Besuchen einfinde. Der Spieltisch steht in seinem Zimmer, das zugleich die Bibliothek darstellt. Ich pflegte jedesmal ein bißchen aus dem Schreibtisch und in den Regalen herumzustöbern. Es gab da immer etwas Neues zu sehen. Aber seit Wochen lagen nur Zeitungen und Witzblätter herum. Eines Abends fragte ich ihn, während er die Karten mischte: »Du liest wohl gar nichts mehr?« Er sah mich verblüfft an. Dann dachte er nach. »Es ist wirklich wahr, mir ist es eigentlich auch schon dunkel ausgefallen, als fehlte mir etwas.... wenn ich's recht überlege, so hat es eigentlich ausgehört, seitdem wir hier draußen wohnen.« »Das wäre eine wenig erfreuliche Nebenwirkung.« »Ist es auch. Aber urteile selbst. Die Elektrische hat ihre Haltestelle gerade vor meiner Bank, ich brauche nur auf den Wagen zu springen. Und wenn man einmal hier draußen wohnt, so will man doch auch etwas davon haben. Ich komme jetzt eigentlich gar nicht mehr in die Stadt. Hier draußen be kommt man ja alles. Fleischer, Bäcker, Friseur, alles ist da, sogar gute Zigarren kann man haben, nur eine Buchhandlung fehlt.« »Sie würde kaum bestehen können.« »Na, ich weiß nicht, es wohnen doch lauter gutsituierte Leute hier, sogar Künstler und Literalen fehlen nicht.« »Eben darum. Was eine kleine Buchhandlung zu bieten vermag, und es könnte nur eine kleine sein, das kann dieses anspruchsvolle Publikum nicht befriedigen.« »Hm. Das mag Wohl sein, unterdessen gewöhnt man es sich ab, überhaupt in eine Buchhandlung zu gehen. Wir sind jetzt in einem Lesezirkel abonniert und halten zwei Zeitungen, mehr als genug zum Lesen.« »Daß Selbständigkeit und Freiheit im Urteil mit der Zeit verschwinden, ist Wohl nicht schwer zu tragen?« Ich mochte mit einiger Schärfe gesprochen haben, denn mein Freund sah mich verwundert an. Dann gab er mir die Hand. »Du hast recht. Man schwätzt nur noch den Zeitungen nach. Aber was will man machen. Ich bin nicht der einzige, dem es so geht, überall werden jetzt Bibliotheken in die Diele oder ins Herrenzimmer eingebaut, und wenn die Herrlichkeit fertig ist, dann fehlen die Bücher. Mindestens werden so gut wie keine neuen angeschafft. Vor vierzehn Tagen war ich auf dem Bergwerk, an dem unsere Bank beteiligt ist, da ist binnen einem halben Jahr eine ganze kleine Stadt aus dem Boden gewachsen, Arbeiter- und Beamtenhäuser und Direktorvilla. Der Direktor hat auch eine Bibliothek. Aber eigentlich liegen nur seine Fachzeitschriften herum. Die Leute kommen Wohl jeden Tag mit dem Auto mal in die Stadt, aber dann ist die Zeit bis auf die letzte Minute besetzt, zum Vergnügen fährt man nur abends herein, na, und davon haben die Buchhand lungen nichts, denn die find dann geschlossen.« IV. Schauplatz: Ein Hotelgarten in irgendeiner beliebten Sommerfrische. Ich sitze am Tische einer bekannten Dame,
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