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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.07.1922
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- 1922-07-15
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- 15.07.1922
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ovrl-LLlatr f. h. Dtschu. vuch-LLdcl. Redaktioneller Teil. X- 163, IS. Juli 1S22. hat den Vorzug, daß es die Lesefertigkeit ungemein fördert, da laut und sinngemäß gelesen werden muß und es den faulen Lesern äußerst peinlich ist, wenn sie sich im Angesicht der Klasse blamie ren. Daß bei der Beschaffung bon Lesestoff viel darauf ankommt, -wie'z gemacht wird-, davon gibt eine unserer Dorfgemeinden ein gutes Beispiel. Hier hat der Schulvorstand die 2000 Mk., die von der Lehrerschaft (5 Kollegen!) als notwendig eingesetzt waren, freiwillig auf 3000 Mk. erhöht. Freilich bedeutet der Erwerb des Lesestoffes nicht mehr als die notwendige Voraussetzung. Auch hier heißt es: Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig! Nur ein tiefes Verständnis für das Kunstwerk als Dichtung kann einen ersprießlichen Unterricht gewährleisten. Ans diesem Grunde veranlaßte der Jugendschriftcn-Ausschuß den Bezirkslehrerbcr- ei», die Jugendschriftcnfrage einmal in den Mittelpunkt der Ver sammlung zu stellen. Den Vortrag hielt Herr Borsch-Scbnitz, ein Mitglied des Jugcndschrislen-Ausschusses. Thema: »Die Lese- stosfrage und die Bedeutung der literarischen Erziehung für die neue Schule». Indem er das Problem i» seiner ganzen Tiefe aufrollte, zwang er die stark besuchte Versammlung, seinen Ge danken zu folgen. Von den oben angedeuteten Gedanken aus gehend, forderte er: Die Volksschule hat die Aufgabe, durch eine planmäßige Einführung in die Welt des Schrifttums de» Schüler für die Werke deutscher Dichtung aufnahmefähig zu machen. Not wendig dazu ist, daß der Lehrer zunächst selbst in ein inniges Verhältnis zur Literatur tritt. Besonders muß er sich der großen Werte der Volksdichtung bewußt werden. Märchen, Sage, Schwank, Fabel, Legende, Kinderspiel und Kinderlied, Volkslied und Ballade müssen ihm ganz anders vertraut werden, als es bis jetzt, da uns die Berufsborbildung viel zu wenig darauf ein stellte, der Fall war. Das Ziel kann nur erreicht werden durch eine planmäßig geleitete literarische Erziehung. Von den Elc- mentarklassen an muß das junge Geschlecht in die Welt der Dich tung geführt werden. Nachdem das Märchen durch Sage, Schwank, Fabel abgelöst worden ist, beginnt ans der Mittelstufe durch Volksbücher, Kunstmärchen, märchenhafte Heldensagen, das Tierepos, einfache Tier- und Kindergcschichten, Märchen novellen aus Volksbüchern, romantische Heldensagen und Legenden die Überleitung zur neueren Prosadichtung. Aber noch auf der Oberstufe weisen Epen aus der Heldcnzeit, alte Helden lieder in Prosa und Geschichten aus der germanischen Mytho logie aus den Ausgangspunkt zurück und lasse» erkennen, daß nicht in einigen reizvollen Geschichten, sondern im gewaltigen Schatz der Volksdichtung der Wert unseres Schrifttums zu sucheu ist. Die Darstellung des Stoffes geschah an der Hand einer Lese- tafel, die vom Vortragenden nach den Vorschlägen von Severin Rüttgers für die Sebnitzer Schule ausgearbeitet worden ist und die den Teilnehmern der Versammlung im Abzug vorlag. Anschließend wies der Vortragende an Beispielen aus seiner Unterrichtstätigkeit die Möglichkeit einer literarischen Erziehung nach. Hier erreichte der Vortrag seinen Höhepunkt, hier wurde er zum Erlebnis. Als nach der Schilderung einer Märchcnstunde <7. Schuljahr Mädchen!) die »Stcrntaler- borgclesen wurden, lauschten alte und junge Kollegen den längst vertrauten Sätzen, und manchem wurde vielleicht erst in dieser Stunde klar, welche Größe dichterischen Gestaltens hinter Volksdichtung dieser Art steht. Zum Schluß ging der Vortragende näher auf die Bedeu tung einer planmäßigen Erziehung zur Literatur für die neue Schule ein. Wer nur irgendwie sich mit ihrem Wesen ausein- andergcsetzt hat, weiß, welche Rolle dieser Unterrichtszweig spie len muß. Er ist mehr als alles andere berufen, die Grundlage für das gemeinsame geistig« Erlebnis zu schassen. In ihm wird sich das von selbst auswirken, was besondere Stunden, die Ge sinnung bilden sollen, nicht vermögen, weil jedes Nacherleben eines Kunstwerkes ein künstlerisches Schaffen auch dann bedeutet, wenn es nur ein Nachschafscn ist. Und darin beruht letzten Endes der Wert und Unwert aller Unterrichts- und Erziehungstätigkeit überhaupt. Mehr noch als der reiche Beifall bewiesen die Nach wirkungen, daß die Begeisterung übergesprungen war. Dis Schu len unseres Bezirks, die bisher noch abseits standen, gebcn ihre abwartende Haltung auf, bestellen Klassenlektürc und beginnen mit der literarischen Erziehung. Der I u g e n d s ch r i f t e n < A u S s ch u s; des B.-L.-V. S e b n i tz - N e u st a d t. Literarische Organisation und Aberorganisation. Von Hanns Martin Elster. Der Beobachter des literarischen Geg-emvartslebcns stellt fest, daß auch auf dem Gebiete der literarischen Organisation, des literarischen »Betriebs« Klärung und Führung wie überall vonnöten sind. In den Vorkriegsjahren konnte auch für die Bildung, den Ausbau, von lite rarischen Vereinen, Gesellschaften, Stiftungen usw. das Gesetz der freien Betätigung und des auslesenden Wettbewerbs gelten. Damals war es kein Schaden, wenn in einer mittleren Stadt zwei literarische Ver eine neben-, ja vielleicht sogar gegeneinander arbeiteten: dieses Ver hältnis, diese Duplizität ergab Bewegung, Leben, Teilnahme. Ebenso konnte man es nur begrüßen, wenn Stiftungen neben Stiftungen ent standen: jede leistete mit geringen Mitteln bereits Fühlbares, »veil die Verwaltungskosten nur unerheblichste Beträge beanspruchten. Heute ist auch hier ein Wandel eingetreten. Weiteste Kreise des deutschen Volkes sind verarmt, darunter vor allem der gebildete Mittel stand, der das Hauptkontingent für die Mitgliedschaft literarischer Or ganisationen stellte. Die Stiftungen haben ebensowenig nne die Ver eine ihr Kapital der Geldentwertung entsprechend vermehren können: sie sind ebenfalls verarmt. Um die Mitglieder der. Zahl nach zu halten, ist die Taktik aller Vereinsleitungen gewesen, mit der Er höhung der Mitgliedsbeiträge nur sehr zaghaft vorzugehen: wenn das materielle Leben sechzigfach teurer geworden ist, so das ideelle Leben beim Buch mrr zivanzig- bis drcißigfach, in der literarischen Organi sation aber nur zwei-, drei-, höchstens fünffach! Beifpiele brauchen dafür nicht gegeben zu werden. Jedes Mitglied einer literarischen Organisation weiß dies aus eigener Erfahrung. Dazu kommt, daß alle Unkosten der Organisationen schon allein durch die PostverteM- rung (2l>—30fach!), Papierverteuerung (bü-H0fach!) usw. ungeheuer gewachsen sind. Die Folge davon ist, daß die Organisationen weder kulturell noch sozial ihren Aufgaben gerecht zu werden vermögen. Denn zu aller Verarmung hat sich in dieser politisch zerklüfteten Zeit auch innerhalb der literarischen Organisationen eine aus parteilichen An schauungen hervorgetriebcne Zerklüftung, Zersplitterung, Vielgründerei aufgetan; jede Richtung will ihre besondere literarische Gesellschaft haben. Städte wie Elberfeld, wie bis vor kurzem Rostock besitzen zwei literarische Gesellschaften, die einander befehden. Es wird gar keine Rücksicht darauf genommen, daß schon eine literarische Gesellschaft kaum genügend Anhänger findet, >un existenzfähig zu sein. Vereins meierei setzt sich durch, schadet der Sache. Alle literarischen Organi sationen haben doch nur einen Sinn, wenn sie niemals ihre sachliche Aufgabe: Förderung der Literatur — aus dem Auge verlieren. Jft es da notwendig, jeder Richtung einen Verein zu gründen, oder gar aus schließlich zum Dienst für einen Dichter? Eine »Cäsar Flaischlcn«- Gcsellschaft, eben jetzt gegründet, ja eine Wilhelm Naabe-Gefellschafr sind, wenn sie sich ausschließlich auf die Beschäftigung mit dem Leben und den Werken Flaischlcns, Naabes beschränken, heute ein Luxus, d-en das deutsche Volk sich nicht mehr leisten kann. Es gilt, heute die literarische Überorganisation, bie zur Verarmung und damit zur Tatenlosigkeit der Einzclvereine führt, durch bewußte Führung zu beseitigen. Notwendig ist in jeder dentschcn Stadt eine literarische Gesellschaft: zwei am selben Orte sind überflüssig, jbei» Streit darf natürlich darüber sein, daß in dieser einen literarischen Gesellschaft alle geistigen, künstlerischen Richtungen gleichberechtigt sein müssen, ja die junge Literatur ein gewisses Vorrecht, bas der besonders pflegsamen Förderung, zu beanspruchen hat. Wenn der Vorstand eines literarischen Vereins nicht fähig ist, paritätisch zu arbeiten, so erfüllt er eben seine Aufgabe nicht. Die Mitglieder müssen daraus die Folge rung ziehen und eiueu neuen Vorstand wählen. Dieser einen lite rarischen Gesellschaft werden dann auch viel mehr Mitglieder Zuströmen, als wenn zwei, drei sich nebeneinander befehden. Ferner dürfen aber die literarischen Gesellschaften nicht, ohne voneinanber zu wissen, arbeiten. Hier ist in allen Fragen Verbindung untereinander, Zusammenarbeit miteinander notwendig! Der Ver band der literarischen Gesellschaften Deutsch lands, der kürzlich in Gotha gegründet wurde, ist ein besonders zu begrüßender Zusammenschluß zur Gesamtvertretung genossenschaftlicher Arbeit, zu Austausch, Vermittlung, Information usw., nachdem bereits landschaftlich, provinziell Einzclvereine sich zu Gruppen zusammenge- suuden hatten. Hoffentlich entwickelt er sich durch großzügige Kamerad schaftlichkeit aller literarischen Einzelvereine: die Kultur Deutsch lands wird davon bedeutende Vorteile spüren. Die Dichter, Gelehrten, Vortragenden, die bisher in unseliger Mühe alle Vortragsreisen sich selbst zufammeubauen mußten, werden ebenfalls den Verband als not wendig anerkennen. Leider macht sich auf dem Gebiete der Stiftungen noch keinerlei derartige Zusammenschlußbowegung zur Überwindung der Überorgani- , sationen bemerkbar. Wir erleben es immer wieder, daß neue Stif- S80
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