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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.02.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-02-12
- Erscheinungsdatum
- 12.02.1907
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- Deutsch
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seinen Privatgewinn hoch über den billig von ihm anzueignenden volkswirtschaftlichen Nutzen seines Dienstes hinausstrebe«, böte »die Entwicklung einer lebhaften Konkurrenz unter vielen gleich wohlhabenden und gebildeten Kaufleuten ein wichtiges Schutzmittel.- An diese Worte darf man wohl auch in Ansehung des Buchhandels erinnern, in einer Zeit, wo dem vornehmsten Handel, dem mit Geist, dessen Niederschlag die Bücher bilden, viel Unfreundliches laut gesagt worden ist und leiser noch gesagt wird. Daß der Handel mit Büchern zu den schwierigsten gehört, die es gibt, dessen wird man auch bei der Lektüre des Buches über Emil Strauß inne. Die ungeheure Viel gestaltigkeit dieser Ware nötigt den Händler, sich, wenn er sie beherrschen will, viel intensiver damit zu beschäftigen als andre; denn die Kompliziertheit des Stoffes stempelt das Bücher meer zu einer wahren, zur einzigen Cwvsrsitss littsrsruw. Strauß fühlte bald, nachdem er sich in diesen Papierozean gestürzt hatte, wie notwendig es sei, immer neue Proben seiner Ware eingehend zu prüfen. Er war zeitlebens ein so eifriger Leser, daß sein Biograph von ihm sagt: »Wohl keiner seiner Kollegen hat so viel gute ernste Bücher im Zu sammenhangs gelesen wie er«. Die emsige Leklüre wird auch durch verschiedene Briefstellen bestätigt. Für Bücher, die er gern gelesen hatte, verwendete er sich als Sortimenter eifrig und förderte durch Massenansichtssendung ihren Ver kauf. Z. B. ließ Strauß einmal hundert Exemplare des zweibändigen Werks von Herman Grimm über Michelangelo kommen und schaffte dem glänzend geschriebenen Buche neues Terrain. Er führte mit großem Eifer Conrad Ferdinand Meyers Schriften ein und gab seinen Mitarbeitern gern Winke ähnlicher Art, wenn er nicht selbst eingriff. Strauß hat die typische Entwicklung vom Sortimenter zum Verleger durchgemacht und war in beiden Betätigungen erfolgreich. Was seine Laufbahn aber besonders bemerkens wert macht, ist, daß er vom ersten Tage seiner Selbständig keit an gegen den Lindwurm des Buchhandels, den Rabatt, kämpfen mußte. Wegen der Lebensdaten und ersten Ent wicklung des Bonner Kollegen verweisen wir auf das Buch selbst; denn es kann nicht unsre Absicht sein, mit dieser An zeige den Glauben zu erwecken, als sei dadurch die Lesung des 276 Seiten starken Buches entbehrlich gemacht worden. Die Auseinandersetzung mit der Rabatifrage, die Versuche mit dem Restbuchhandel und die Verlegererfahrungen dieser Persönlichkeit sind redende Zeugnisse für die Schwierigkeit, die Probleme des Buchhandels zu verstehen. Die erste Etappe der Wanderjahre Straußens war der Eintritt in die Marcussche Buchhandlung. Sein Prinzipal, der »alte Marcus«, war ein grimmig dreinschauender, un weltläufiger, höchst arbeitsamer Mann, der von andern ebenso viel forderte wie von sich. Er barg aber unter der knorrigen Hülle einen weichen Kern, ein warmes Herz. In Marcus und Strauß verkörperten sich die alte und neue Zeit des Buchhandels. Gustav Marcus wies die neue Mode des Rabattgebens kategorisch ab. Es gab 1879 in Bonn noch manchen unter den kleinen Bücherkäufern, der erklärte, keinen Fuß mehr in »die Marcussche« setzen zu wollen, weil man ihm das Verlangen von Rabatt einst rundweg abge schlagen hatte. Strauß übernahm 1870 kurz vor Ausbruch des Krieges die Sortimentsbuchhandlung. Er war noch nicht 25 Jahre und hatte kaum die schwere und geschäftlich magere Kriegs zeit überstanden, als sich, drohenden Raubvögeln oder Sturmboten gleich, die Rabattkataloge aus Leipzig und Berlin einstellten. Wenige Jahre darauf nistete sich in Bonn.ein Kollege ein, der nach dem Prinzip »großer Umsatz, kleiner Nutzen« den ortseingesessenen Sortimentern das Wasser abzugraben suchte. Der junge Strauß beschloß sogleich, das Übel nach dem Spruch »Simiii» similibus« zu bekämpfen, aber nicht durch kleine Dosen, sondern durch kräftig in die Breite wirkende Mittel. Er übertrumpfte den Gegner und suchte durch umfassende Manipulationen dessen Wirkungs sphäre stark einzuschränken. Die Bonner Buchhändler mußten sich widerwillig und unwillig entschließen, mitzumachen; die Provinzbuchhändler gerieten in Aufregung. Ein Rabatt katalog trieb den andern hervor; jeder wollte der billigste Mann sein. Die Professoren, Privatdozenten, Studenten, Lehrer und Rentiers, Beamte und Kaufleute rollten vor der Bezahlung die Frage des Rabatts auf; ja selbst Schul kinder verglichen die Preise, um zehn Pfennig für süße Genüsse herausschlagen zu können. Dem Schreiber dieser Zeilen, der Ostern 1879 in diesen Wirrwarr geriet, ist in Erinnerung geblieben, wie Emil Strauß einmal einen Kunden bediente, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, den billigsten Preis für ein größeres Lieferungswerk zu ermitteln. Er pendelte mehrfach zwischen der Marcusschen Buchhandlung und einem Konkurrenz geschäft hin und her, jedesmal, wenn er ein paar Mark ab gezwackt hatte, erklärend, er wolle sich die Sache erst noch einmal überlegen. Als er das drittemal mit der Kunde erschien: Herr X ist jetzt auf so und so viel Mark zurück gegangen, könnten Sie mir nicht noch etwas entgegen kommend da war es mit der Geduld des jungen Chefs vorbei. Er lehnte den Verkauf mit höflichem Sarkasmus ab. Mitunter gab es in dem Laden lebhafte Erörterungen über die Höhe des Rabatts; hier und da hatte sich ein Student sogar die Kenntnis der buchhändlerischen Bezugs bedingungen verschafft und verlangte, mit dieser Kenntnis operierend, lebhaft weitere Ermäßigung. Solche Vorkomm nisse waren besonders peinlich, wenn noch andre Käufer im Laden waren. Diese wurden aufmerksam und zeigten ein begreifliches Interesse an den Verhandlungen. Daß eine Besserung dieser unerquicklichen Verhältnisse von »oben«, d. h. von der Organisation des Buchhandels erzwungen werden könnte, hielt Strauß lange Zeit für eine Utopie. Mit einer Art lutherischen Freimuts publizierte er seine »Thesen«, die in den Worten gipfelten: »Der Zwang des Ladenpreises ist ein Unding«. Die verschiedenen spora dischen Ansätze, dem Übel zu steuern, die ersten Verleger- Erklärungen und die Maßregeln, die Abhilfe schaffen sollten, belächelte er ungläubig und stand stets wie ein Fechter auf der Mensur. Nur wer sich so mitten im Getümmel be funden hat, weiß, daß, wo es ums wirtschaftliche Dasein geht, der Kämpfer nicht alle Augenblicke sagen kann: Ver zeihen Sie gütigst, erlauben Sie, daß ich mich wehre. Die Rücksichtslosigkeit Straußens ist in dem Buch öfter erwähnt, für mein Gefühl eher zu viel als zu wenig. Der Tapfere, Unerschrockene, der Streiter für die gute Sache wird heute rücksichtslos genannt. Tapferkeit und Tugend waren bei den Römern Zwillinge. Im Verkehr mit der Kundschaft und mit seinem Personal war Strauß, soweit ich mich er innern kann, niemals rücksichtslos. Nur wo es sich um die große allgemeine Sache drehte, da verfuhr er nach dem Satz: Wer allzuviel bedenkt, wird wenig leisten. Wie er äußerlich stets vornehm, elegant, wenn es nottat, schneidig, auftrat, so war er es auch innerlich: durchaus Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle. Be kanntlich sind die Gentlemen außerhalb des Salons sehr gute Geschäftsleute, die kräftig zugreifen, wo es gilt. Seine große Offenheit aber war es, die ihm Feinde machte; er ver zuckerte keine Pille, die er reichen mußte, wenn es nicht anders ging. Daher schwieg er auch nicht, wo ein ener gisches Wort nottat; aber man konnte sich auf ihn verlassen: Wort und Gedanke waren bei ihm eins. Wie dann aus dem Saulus ein Paulus wurde, wie
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