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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.12.1912
- Strukturtyp
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- 1912-12-16
- Erscheinungsdatum
- 16.12.1912
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- Deutsch
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282, 16. Dezember IS12 ^nichtamtlicher Teil. I60SS gaben offene Geldbeutel? Nicht anders kommt Wohl auch der Abschnitt über Philosophie und Pädagogik in diese Listen; die Fachleute in diesen Wissenschaften werden ihr Handwerks zeug gewiß außer den Festeszeiten erwerben; es handelt sich also um die Beschaffung bon Monumentalwerken, von mäch tigen, elefantengrotzen Werken und Sammlungen, die Philo sophen und Pädagogen mehr als Liebhaber denn als Wissen schaftler ihr eigen nennen wollen oder sollen, und um geistreiche Naschkost für Laien aus diesen Gebieten. Es gibt Leute, die diese Literaturgattung nicht für ganz unbedenklich halten, da sich deren Konsumenten nicht nur leicht selbst daran den Magen, sondern dazu auch noch die ihrer Umgebung und Unterstellten verderben. Und damit auch noch allerhand bon dem, was wünschenswert gesund ist. Unter »Religionswissenschaftliches und Erbauliches« brin gen die Weihnachtskataloge die Bücher, die meines Erachtens im wirklichen Sinne Weihnachtsbücher genannt werden kön nen, so lange an diesem Sonnwendfeste in Deutschland die Ge burt Christi gefeiert wird, des Königs der Juden, des Sohnes Gottes und der Jungfrau Maria. Was geschrieben ist von Männern, die auf den Buchstaben schwören, bis ganz links hin über zu den neuen und vornehmen Freien wie Jatho und Traub, das gehört unter diese Abteilung, und das werden, je nach dem Standpunkt von Geber und Nehmer, die eigentlichen Weihuachtsbücher sein können. Viele sind heute, die stehen und fragen: was ist Wahrheit? Aber mehr als früher lassen es diese nicht bei der Frage, sondern schreiten zur Tat; sie suchen und suchen und suchen weiter nach Befriedigung des religiösen Bedürfnisses, das alt ist wie die Welt, heute aber lebendiger, wie lauge Zeit vorher. Auf die Wintersonnen wende wird ein »Auswärts« (wie wir in Bayern sagen) kom men, ein Frühjahr — sei es für den Einzelnen, sei es in einem geläuterten Dogma für Viele. Dazu mögen helfen al len, denen cs not tut, diese Weih-Nacht-Bücher. »Musik«. Einem Gefühlsmäßigen im Menschen, wie dem religiösen Drang, dient sie. Wem Musik etwas anderes ist, als ein exaktes Exerzieren mit Instrumenten und Noten, wem beim Klange der Tonsätze unserer Großen, Beethoven, Haydn, Mozart, Schubert, Brahms, hinter den geschlossenen Li dern beim Lauschen rhythmisch-bewegte Bilder entstehen, wem cs im Herzen dabei wohl oder wehe, wem Stärke davon kommt oder wem cs weich und zärtlich dabei wird, dem werden Bücher über eben diese Großen auch Weihnachtsbücher sein. Man fühlt sich Freund zu diesem erst fremden Musikmann und will, wie vom Freunde, soviel als möglich wissen. Und so haben wir auch Weihnachtsbüchcr dieser Art, die es anderen, ohne die Klangliebe, nicht sind. Wie die heilige Cäcilie von bewußten und unbewußten Anbeter» umringt ist, so schließen sich immer dichtere Reihen um St. Lucas, den Künstler, den Maler. Die »bildende Kunst« und ein wachsendes allgemeines Verständnis für sie macht ein immer reichlicheres und stets vollkommeneres Schriftwesen über sic notwendig. Leider engen auch hier, wie im Musiksaal, die Modelcute die wahren Anbeter ein. Sieben Männern und Frauen, denen ein heiliger Schauer vor hehrem Bildwerk ankommt, stehen die dreisten Jungen, die da glauben ein Bild zu erfassen, wenn sie seine Geburt auf Jahr und Tag zu bestimmen in der Lage sind, wenn sie den Meister und seine intimsten Er lebnisse der schützenden Hülle vor profanen Augen entkleiden; neben diesem Kunstpöbel stehen die Schweigenden, Staunen den, Anbetenden, und denen sind Weihe-Bücher geschrieben, die der Bllchermann unter Malerei — Plastik usw. zusammen faßt. Vielen Menschen von heute ist Wissen an sich Selbst zweck. Sie finden davon reichlich, überreichlich in dem Kapitel »Geschichte, Kulturgeschichte, Biographie, Briefe, Politik«. Wis sen, nicht Weihe, soweit nicht Briefsammlungen und Lebens-, l beschreibungen wirklich großer oder absonderlich guter Men schen hier eingereiht sind. Ähnlich ist auch der Abschnitt Geographie, Reisen und Völkerkunde einzuschätzen, wenngleich sich in den Persönlich keiten der Verfasser dieser Bücher manche starke und darum achtens- und liebenswerte zeigt. Auch von den »Naturkund lichen« Büchern gilt dies. Das Publikum für all diese Sachen ist im allgemeinen — immer von den wirklichen wissens durstigen Tatsachen-Suchern abgesehen — dasselbe, das erzäh lende Literatur nur zu seiner Unterhaltung liest. Es will leicht angeregte Stunden bei der Lektüre verbringen, nicht Kunst im Aufbau, nicht Schönheit der Form sucht es neben tiefem Gehalt, sondern Inhalt schlechtweg. Es sind das Leute, die sich über ein neues Buch dieser Sorte nicht anders freuen, als über ein neues Schmuckstück, weil es neu, oder über einen neuen Pelz, auch weil er neu ist. Neu ist für solche gleichbedeu tend mit schön. Es sind die Armen im Geist; es sind deren viele, und es ist gut, wenn sie ihre Freude zum Christfest nicht auf schlimmere Art haben, als an einem solchen Buche. Auch das gibt es ja — man denke nur an die für Junggesellen üblichen Fretzkörbe mit Wein und Schnaps oder an die pikante Herren-Literatur. »Hygiene. Technik.« — Weihnacht? Die Genugtuung, ein derartiges Buch zu besitzen, vielleicht von einem lieben Menschen erhalten zu haben zum Feste — einen anderen Zu sammenhang kann ich nicht finden. Anders wird nun aber das Bild. Wir kommen zu den „Bilderbüchern«. Wenn die nur halbwegs etwas taugen, er wecken sie Helle Lust in den Augen von Buben und Mädeln. Vorsichtig, mit spitzen Fingern wenden die kleinen Hände Blatt um Blatt, die Finger deuten, die Mäulchen plappern, die Köpfe drehen sich und rufen, wen sie erreichen können, zum Mitgenießen. Mag gleich dann ein anderes Geschenk auch die Eifrigen vom Buche abziehen — es kommt an die Reihe und ist Freund und Begleiter für Tage und Wochen, je nach seiner Art und der seines kleine» Besitzers. Bilderbücher gibt es natürlich für jeden Geldbeutel, und fast alle sind ein wenig herausgeputzt und in buntscheckige Decken gesteckt. Ist dies auch nicht gerade das Ideal dessen, der das Buch selbst als Kunstwerk betrachten möchte, so ist dieses Herausputzen in dem besonderen Fall entschuldbar, viel leicht in der Mehrzahl der Fälle notwendig. Kinder und Wilde lieben Puy, Flitter und bunte Farben. Für die Kinder sind die Bilderbücher bestimmt, und die sie auswählen, sind in den meisten Fällen Frauen, über deren Durchschnittsge schmack hier des weiteren nicht zu reden ist. Je »festlicher« diese Bilderbücher sich bon außen schon zeigen, desto eher werden sie als eigentliche Weihuachtsbücher anzusehcn sein. Was die Jugendfchristen für Knaben und junge Mädchen anlangt, so ist hier nicht der Ort, des breiten darüber zu spre chen. Zweifellos sind die jährlich wiederkommenden »Ju gendfreunde« gute Kameraden, Bücher wie »Das Neue Uni versum«, »Das Kränzchen«, »Der Jugendgarten«, typische Weihnachtsbüchcr, und auch die Hunderte und Tausende eigens für die Jugend geschriebenen Erzählungen sind Weihnachtsbüchcr im eigentlichsten Sinne, so daß von ihnen — man kann Wohl sagen nur — zu dieser Zeit ein namhafter Absatz im Buch laden ist. Auch diese Art von Literatur zeigt äußerlich eine gewisse Buntscheckigkeit, die dem Festlichen oder dem, was für diese Zeit dienen soll, anhaftct. Eine Abteilung bon Büchern, die sich, man kann Wohl sagen, zum Glück, nicht mehr in allen Weihnachtskatalogen findet, sind die »Prachtwerke«. Trotzdem spuken diese noch, ebenso wie der Prachtband, in den Köpfen des Publikums und oft als Ladenhüter in manchem Sortiment. Diese Gattung von Literatur, die Wohl hauptsächlich in den achtziger und 2087»
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