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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.07.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1935-07-23
- Erscheinungsdatum
- 23.07.1935
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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188, 23. Juli ISSS. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Ttschn Buchhandel. zu geschäftlichen Erfolgen und Auswirkungen führen wird, darf man getrost als sicher bezeichnen. Aber man hüte sich davor, diesen Gedanken aufzugreifen, wenn man nicht ganz sicher ist, Kräfte zu haben — aus leicht verständlichen Gründen möglichst aus unseren eigenen Reihen —, die in die unabsehbar reiche Welt des in Büchern gesammelten Geistes mit wirklicher Könnerschast und in künstlerischer, Herz und Ohr befriedigender Gestaltung mit Schwung und Begeisterung ein zuführen vermögen! Ein weiterer Schritt aus diesem Wege ist die Veranstaltung von Vorlese- und Buchbesprechungs abenden in unserem Geschäftslokal — oder, wo dies möglich ist, in irgendeinem Raume, wenn als Veranstalter der Orts buchhandel zusammenzubekommen ist! Diese Art der gründ lichen und doch zwanglosen Unterrichtung geweckter Käuferschich ten wirkt ebenso verlockend wie doch auf die Dauer bindend und verpflichtend. Dann die Di ch ter ab e n d e, die vielerorts noch gänzlich vernachlässigt werden. Warum? Sicher nicht aus mangelndem Vertrauen zu der Anziehungskraft solcher Veranstaltungen oder aus fehlender Einsicht, sondern in den meisten Fällen aus Angst vor dem Risiko! Hier liegt eine der wichtig st en Auf gaben unserer jungbu chhänd lerisch en Fach schaf ten ! Wir haben in Weimar in diesem Frühjahr zunächst in zwei Dichterstunden, veranstaltet von der Ortsfachschaft, den Nach weis erbracht, welche ungeahnten Möglichkeiten bei gründlicher Vorarbeit sich hier erschließen lassen. Das waren nicht mehr rein literarische Abende, wie sie von literarischen Gesellschaften irgend wo aufgezogen werden, sondern das waren Unternehmungen, bei denen hinter dem Dichter klar und deutlich die Welt der Bücher — und nicht nur seiner eigenen! — sich abhob. Persön lich und geschickt abgefaßte Einladungen an viele Hunderte litera risch verständnisvoller Menschen fviesen zunächst darauf hin, daß diese Abende von allen Jungbuchhändlern des Ortes getragen seien. Jeder Einladung lagen ausführliche Prospekte über die Bücher des Dichters bei, sodaß jeder Empfänger sich als erstes ein genaues Bild von der Persönlichkeit und Leistung des für den Abend Gewonnenen machen konnte. Auf diese Weise wurden sogar diejenigen, die zu dem Vortrag gar nicht kamen, doch für eine Weile mit dem Schaffen des Vortragenden unauffällig und zwanglos beschäftigt. Zum zweiten Abend kamen viele mit der Begründung: »Ihr Kreis hat uns so nett eingeladen, daß wir Sie nicht gern enttäuschen wollen!» Der Buchverkauf an beiden Abenden bewies, daß unsere Berechnungen richtig waren! Jetzt sind wir soweit, daß im kommenden Winter weitere Abende folgen werden, daß die Volksbücherei sich werbend und unter stützend uns zur Seite stellt, daß der Reichsverband Deutscher Schriftsteller ebenfalls mit von der Partie ist und daß die NS-Kultur- gemeiude gleichfalls sich anschließt! Das ist ein unzweifelhafter Erfolg selbstloser Gemeinschaftsarbeit, der immer weitere Kreise ziehen wird. Wir hoffen — und dahin müßte allerorten der Kurs gehen —, daß künftig alle Dichter- und Schrift stellerabende nur unter Führung des orts ansässigen Buchhandels möglich sein dürfen! Denn nur wir haben es in der Hand, dem schnell vorüber rauschenden einmaligen Vorleseabend alter Prägung taktvoll und doch bestimmt die Auswirkung ins Bleibende und Haftende zu geben dadurch, daß wir das Schaffen der zu uns Sprechenden nicht hinter dem Persönlichkcitserlebnis unsichtbar zurücktreten lassen. Was der einzelne hier nicht vermag, unsere Jungbuch händlerkameradschaft zusammen mit dem Ortsverein und unter stützt von den Verlagen wird es schaffen! Dann ein weiterer Punkt, dem wir unsere Beachtung schen ken müssen: ich habe immer wieder den Eindruck, daß das viel fältige Welt- und Seelenerlebnis des Buches alle buchverbunde- ncn Menschen je länger desto mehr zu abseitigen, stillen Lebens betrachtern macht, die es abgrundtief begriffen haben, daß man mit lautem Gehabe vor der Unendlichkeit des Seins und Wer dens gar nichts auszurichten vermag. Es scheint mir immer so, als ob die weite Ganzheit und Unendlichkeit unserer Schau uns abhielte, irdischen Notwendigkeiten ebenso tatkräftig und ent schlossen zuleibe gehen, wie das andere vermögen, die nur kleine- 602 ren Teilgebieten des künstlerischen Umwelterlebens verschrieben sind: ich denke hierbei insbesondere an unsere Freunde von der Musik, an unsere Kameraden vom Film und an die Volksgenossen vom Rundfunk einerseits wie an die staatlichen Kulturetats andererseits! Ich weiß, daß die vorhandenen Mittel hier ganz all gemein knapp und spärlich sind. Aber ebenso will mir scheinen, als ob das am weitesten ins Bleibende und am innigsten in alle Schich ten hineinwirkende Betreuungsgebiet hier just am wenigsten be dacht würde! Theater, Konzerte, Film- und Rundfunkdar bietungen in allen Ehren. Ihnen soll wahrhaftig von unserer Seite nichts genommen werden. Aber dem alle Welt- und Lebens zusammenhänge am tiefsten und gründlichsten ausdeutenden Dar stellungsmittel, dem Buche, sollte man im Reigen der Sonder künste nicht gerade das bescheidenste Röcklein zumessen! Hierfür in ständiger Bereitschaft sich einzusetzen kann auch wiederum nicht aussichtsvoll für den einzelnen von uns sein, sondern be kommt erst Gesicht und Gewicht, wenn der Buchhandel ganz all gemein dieses Ziel aufs Korn nimmt und ihm gemeinsam mit den Schichten der Schaffenden, mit den Büchereien und allen kulturbestimmten Orga nisationen kräftig zumarschiert! Dem Rundfunk wollen wir im übrigen dankbar sein, daß er mit seinen Buchbesprechungen uns manche neue Möglich keit an die Hand gibt. Aber noch dankbarer wären wir ihm, wenn er sich entschließen könnte, wenigstens die wichtigsten Bespre chungen — meinetwegen alle vierzehn Tage — neben heiteren Stunden und Sportberichten in die Abendstunden zu verlegen, in denen viele buchliebende und kauffähige Volksgenossen auch einmal vor ihrem Lautsprecher sitzen können. Dann noch ein Wort über die Zusammenarbeit zwischen Buchhandel und Lehrerschaft. Bei der geistigen und erzieherischen Bedeutung gerade des Lehrerstandcs ist hier jede Sonderbearbeitung und ständige Aufklärung von seiten des Buchhandels gerechtfertigt und notwendig. Aller ein bis zwei Monate sollte jede gute Buchhandlung der Lehrerschaft ihres Bereiches gründliche und verläßliche Berichte über alle wichtigen Vorgänge auf dem Büchermarkt geben. Hierbei wird eine eigene Ausarbeitung auch dessen, was wir über die einzelnen Werke zu sagen haben, bessere Dienste leisten als die Verwendung noch so schöner Prospekte oder Waschzettel, die nun einmal weit hin mit Mißtrauen betrachtet werden. Gerade der Lehrer aber sollte das Empfinden haben, daß wir selber uns ehrliche Mühe mit ihm geben und daß wir ihn mit eigenen Darlegungen be denken, denen er trauen kann. Diese Ausgabe ist deshalb besonders wichtig, weil ziemlich allgemein angenommen wird, daß Lehrer so wieso in Buchdingen immer gründlich Bescheid wüßten, eine An nahme, deren frommes Geltenlassen man einem Erzieher natür lich nicht verdenken kann. Aber tatsächlich liegen die Dinge nicht so, wie wir tagtäglich aus Unterhaltungen feststellen können, so daß taktvolle Ausklärungsfeldzüge hier wirklich am Platze sind und nicht zuletzt von der Lehrerschaft selber dankbar ausgenommen würden. Immer wieder müssen wir gemeinsam oder einzeln den großen Kerngedanken des Buches an sich Herausstellen: daß es keine irgendwie gearteten Welt- und Lebens zusammenhänge gibt, die nicht in Büchern ihre Gestaltung, ihre Deutung, ihren Niederschlag gefunden haben! Diesen Leitgedanken ruhig mit einer ge wissen Verbohrtheit und Sturheit bei allen sich bietenden Ge legenheiten immer wieder hervorzuholen, dürften uns keine Be denken und achselzuckenden Erwägungen abhalten. Es ist der schlichteste und zugkräftigste Werbegedanke für das Buch überhaupt! Denn so sehr wir der besonderen Welt der Bücher angemessene und würdige Ehrerbietung schuldig sind, die auch unserer Werbung Zügel des guten Geschmacks und vornehmer Zurückhaltung aufcrlegt, so dürfen wir doch ohne Sorge heute ein wenig vitaler, elastischer und lebendiger aus unserer bisherigen Zurückhaltung heraustreten, um so mehr, als wir in Büchern tausendfältige Hilfsmittel — vielfach die ein zigen Hilfsmittel — gegen das Abschwimmen weiter Schichten in die technisch-rationalisierte Oberflächlichkeit und Diesseitigkeit eines reinen Zweckdenkens besitzen.
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