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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.06.1883
- Strukturtyp
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- Band
- 1883-06-04
- Erscheinungsdatum
- 04.06.1883
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Theil. Die GeseheSvorlage betreffend die Abänderung der Gewerbe ordnung in Beziehung auf den Buchhandel vor dem Reichstag.*) In der Sitzung des Reichstags vom 30. Mai kam von dem Gesetzentwurf, die Abänderung der Gewerbeordnung betreffend, 8- 56. Nr. 10 zur dritten Berathung**); derselbe lautet: „Ausgeschlossen vom Feilbieten im Umherziehen sind ferner: Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke, welche mittelst Zusicherung von Gewinnen oder Prämien vertrieben werden, sofern diese Gewinne oder Prämien nicht in Schriften oder Bildwerken bestehen." Vom Abg. Ackermann war dazu folgender Antrag gestellt: Der Reichstag wolle beschließen: I. Im 8- 66. Abs. 3. statt Ziffer 10 zu setzen: „Ausgeschlossen vom Feilbieten im Umherziehen sind ferner: Druckschriften, andere Schriften und Bildwerke, insofern sie in sittlicher oder religiöser Beziehung Aergerniß zu geben geeignet sind, oder welche mittelst Zusicherung von Prämien oder Gewinnen vertrieben werden." II. als Absatz 4. hinzuzufügen: „Wer Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke im Umherziehen feilbieten will, hat ein Verzeichniß derselben der zu ständigen Verwaltungsbehörde seines Wohnortes zur Genehmigung vorzulegen. Die Genehmigung ist nur zu versagen, soweit das Berzeichniß Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke der vorbezeichneten Art enthält. Der Gewerbetreibende darf nur die in dem genehmigten Verzeichnisse enthaltenen Druckschriften, anderen Schriften oder Bildwerke bei sich führen und ist ver pflichtet, das Verzeichniß während der Ausübung des Gewerbe betriebes bei sich zu führen, aus Erfordern den zuständigen Be hörden oder Beamten vorzuzeigcn und, sofern er hierzu nicht im Stande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Herbeischaffung des Verzeichnisses einzustellen." Der Abg. Stöcker befürwortete den Antrag Ackermann. Jede Partei habe an dem Colportagebuchhandel etwas auszu setzen. So tadele die Linke, daß durch denselben die Leute be schwindelt würden. Der Rechten genüge dieser eine Gesichts punkt nicht, sondern seine Partei vertrete dem Colportagebuch handel gegenüber vielmehr den Standpunkt des sittlich-religiösen Lebens. Es gelte, Millionen Seelen vor dem Gift jener verderblichen Lectüre zu schützen. Seine Partei wisse wohl, die Polizei allein reiche dagegen nicht aus. Weckung des sittlich-religiösen Geistes, Wiederkehr des Gefühls für Anstand und Sitte, für Natürlichkeit und richtiges Empfinden bleibe die Hauptsache. Wenn aber solche schlechte Literatur mit obrigkeitlicher Erlaubniß verbreitet werde, so erwecke man im Volke den Glauben, sie müsse doch nicht so schlecht sein, sonst würde die Obrigkeit sie verbieten. Schon die Titel und Prospecte dieser Romane ließen erkennen, was von denselben zu erwarten sei. Solche schlechte und ungesunde Lectüre mache den Menschen auch unfähig zur Arbeit und gewerblicher Thätigkeit, und müsse auch auf die hunderttausend Colporteure unsittlich wirken. Auf keinem Gebiet sei das bmwss?. kuirs und Imisosä allsr schlimmer als auf dem Gebiet der Colportage in der jetzigen Zeit bei dem großen Bildungsbedürfniß des Volks und der rückhaltslosen Hoch achtung vor dem gedruckten Wort. Es herrsche noch die Meinung, daß, was gedruckt, wahr sei. Die Rechte gebe der Linken die poli tische Colportage frei, bestehe aber um so fester darauf, daß die unsittliche und irreligiöse Literatur von dem Volke fern gehalten werde. Er bitte, den Antrag Ackermann anzunehmen. Der Abg. vr. Baumbach bemerkte, der Abg. Stöcker habe die Sache so dargestellt, als ob es sich bei der Colportage bloß um unsittliche Schriften, um Schand- und Schauerromane *) Nach dem „Deutschen Rcichsanzciger rc." *') Zweite Beralhung s. Nr. 84. handele. Der Abg. Kapp habe aber schon bei der zweiten Lesung gezeigt, daß der Colportagehandel ein wichtiger Cultur- factor sei, daß demselben der gesammte deutsche Buchhandel seine großartige Bedeutung verdanke. Auch der Abg. vr. von Hertling habe seinen Antrag auf Aufhebung der Colportage nicht wieder ausgenommen. Der Titel dieser Romane sei in der Regel das Aufregendste an denselben. Ihre bodenlose Langweiligkeit und Plattheit sei das Schlimmste. Die Herausgeber wüßten, daß unsittliche Schriften schon jetzt auf Grund des Strafgesetz buchs verboten seien. Die Beschränkung der Prämien auf colpor- tirte Bücher scheine ihm viel wirksamer, als dieser Antrag. Er habe hier ein Bücherverzeichniß solcher colportirter Schriften, darunter finde sich die Gewerbe-Ordnung für das Deutsche Reich, Meyer's Conversations-Lexikon, die illustrirte Welt, der hinkende Bote, die Wunder des Himmels, „Der Wüstling oder die geopferte Un schuld" — allerdings ein etwas bedenklicher Roman, die Lehre des Hufbeschlags, die Gewerbe-Ordnung, das deutsche Rechtsbuch, die „Gartenlaube", Bock's Buch vom gesunden und kranken Menschen u. a. m. Der Antrag sei aber auch sonst sehr bedenklich, denn derselbe stelle in das Ermessen der Polizeibehörden, subjectiv zu beurtheilen, was sittlich und was unsittlich sei, und was Aergerniß geben könne. Für den Theil des Antrags, welcher das sittliche Aergerniß bekämpfen wolle, könne er so lange nicht ein- treten, als nicht die Schmach des Antisemitismus von Deutschland weggenommen sei. Hierauf nahm der Bundescommissar Geh. Regierungs-Rath Bödiker das Wort: Meine Herren! Bei der zweiten Lesung habe ich die Ehre ge habt, zu der Sache eingehend mich zu äußern. Ich will das ganze Gebiet nicht wieder mit Ihnen durchmessen; aber die Gelegenheit möchte ich doch ergreifen, die der Herr Vorredner geboten hat, die Berechtigung der Vorlage Ihnen darzulegeu an den eigenen Worten des Herrn Vorredners. Der Herr Vorredner hat uns ein Verzeichniß von Druckschriften, die er in Thüringen bei einem Hausirer gefunden, vorgelesen. Mehrere von diesen Druckschriften waren, wie er selbst sagt, bedenklich. Meine Herren! Gerade gegen diese bedenklichen Schriften richtet sich der Antrag Ackermann, das Uebrige soll Alles un behelligt bleiben. Der Herr Vorredner kann also nicht mehr von ein seitiger Beurtheilung der Verhältnisse sprechen gegenüber dem Anträge des Herrn Ackermann; es soll nur das, was er selbst auf dem Mann heimer Congreß für bedenklich erklärt hat, was der Leipziger Buch- häudlerverein als zur Colportage ungeeignet bezeichnet hat, indem er sagte, die in sittlicher, politischer und religiöser Beziehung Anstoß erregenden Schriften möchten ausgeschlossen werden, — nur das soll ausgeschlossen werden. Das kann „Einseitigkeit" nur insofern genannt werden, als eben das Böse einseitig abgeschnitten werden soll. Daß die Sache prak tisch und durchführbar ist, beweist die Ihnen Allen vorliegende Schrift des Herrn Mohl, der da sagt, mit bestem Erfolge sei in Württemberg das Hausiren mit Büchern dahin geregelt, daß das Oberamt berechtigt und verpflichtet sei, abergläubische, sittenverderbende und sonst anstößige, auch die von der gesetzlich zuständigen Behörde mit Beschlag belegten Schriften von der Aufnahme in das Hausirverzeichniß auszuschließen. Hr. Mohl fügt hinzu, aus der Erfahrung fei es ihm sehr wohl bekannt, daß diese Bestimmung zur Unterdrückung des Absatzes un sittlicher Schriften unentbehrlich sei. Daß in der That die Verhält nisse so liegen, wie sie der Hr. Abg. Stöcker geschildert, das können Sie in Literaturblättern, von denen Sie nicht annehmen werden, daß sie auf besonders prüdem Standpunkte stehen, täglich bestätigt finden, Sie finden es auch bestätigt in den Eingaben der Colporteure selbst. Wie die Romanliteratur — leider — heutzutage gestaltet ist, zeigt Ihnen z. B. ein Aufsatz ans der „Gegenwart" von Thevphil Zolling, Jahrgang 1883. Ich will mir erlauben, einen Satz daraus zu verlesen: »Eine „übergroße" Rolle spielen „natürlich" leider die geschlechtlichen Beziehungen — heißt es da in der Kritik der betreffenden Romane —, es geht in diesem Punkte „selten" ganz reinlich und zweifelsohne zu. Er schildert u. s. w Der Herr 34ll*
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