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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.05.1886
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1886-05-19
- Erscheinungsdatum
- 19.05.1886
- Sprache
- Deutsch
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2668 Nichtamtlicher Teil. Il4, 19. Mai 1866. flusse machen sich seit neuerer Zeit durch die in Deutschland zur Mode gewordenen englisch-amerikanischen Sportliebhabereien aller Art auch viele englische Wörter bei uns breit, und man müßte wahrlich verzweifeln über die barbarische Verstümmelung unserer an sich so wortreichen deutschen Sprache, wenn nicht gottlob noch rechtzeitig eine kräftige Gegenströmung eingetreten wäre. Schon vor mehr als zwanzig Jahren hatte ein wackerer Mann es sich<Mr Lebensaufgabe gestellt, unsere Muttersprache gründlich von dem Fremdwörterkram zu säubern. Es war dies der ehemalige Pfarrer Brugger in Heidelberg, der einen Verein für deutsche Reinsprache gründete und wie ein echter Apostel in Wort und Schrift unermüdlich gewesen ist. Ohne Zweifel würde er Dauern des geschaffen und größere Erfolge erzielt haben, wenn er nicht in seinem blinden Eifer zu weit gegangen wäre und in seiner maßlosen Verdeutschungswut viele Verwirrung angestellt, ja schließlich sogar sich leider selbst dem Spotte preisgegeben hätte. Mit der Gründung des neuen Deutschen Reiches erwachte endlich das so lang vermißte nationale Gefühl in unserem Volke, und nun wagten es manche deutsch gesinnte Männer, die Reinigung unserer Sprache kräftig und unentwegt in Angriff zu nehmen. An ihrer Spitze stand »unser« Stephan, der Schöpfer des Weltpost vereins. Er begann zunächst in seinem amtlichen Wirkungskreise mit der Ausmerzung aller entbehrlichen Fremdwörter und setzte später seine Verdeutschungsbestrebungen auch außerhalb seines Amts in größerem Umfange fort. Neben ihm verdient noch rühmliche Erwähnung der Baurat O. Sarrazin in Berlin, welcher nicht bloß in dem unter seiner Leitung erscheinenden »Zentralblatt der Bauverwaltnng« mit den Fremdwörtern streng zu Gericht geht, sondern auch eine große Menge von fremd lautenden technischen Fachausdrücken durch gute deutsche Wörter ersetzt. Aber auch er hat sich nicht mit seinem fachmännischen Gebiete begnügt, er dehnte seine Reinigungsversuche allmählich auf alles Fremdsprachige aus und hat es in der That fertig gebracht, nicht weniger als 10 000 Freu'-Wörter durch gangbare und mustergiltige deutsche Wörter zu verdrängen. Das kostbare Material wird als selbständiges Wörterbuch im Drucke erscheinen. Es muß diese Leistung als eine außerordentliche betrachtet werden, wenn man erfährt, daß Sarrazin nicht zu den sich überstürzenden Fremdwortvertilgern »um jeden Preis« gehört, sondern sich immer vernünftige Grenzen setzte, von der Ansicht ausgehend, daß die Sprachreinigung nur langsam und mit weisem Bedacht vorge nommen werden kann, daß sie eigentlich eine Riesenanfgabe ist, deren vollständige Lösung vielleicht erst unserer späteren Nachkom menschaft gelingen wird. Von gleich lobenswertem Eifer, ein möglichst reines Deutsch zu schreiben und zu sprechen, sind heute noch viele andere Sprach reinigungsfreunde beseelt, vorzugsweise Schriftsteller und Lehrer jeden Ranges. Angesichts dieser sehr erfreulichen Bestrebungen muß es uns befremden, ja betrüben, wenn wir aus manchen Gebieten der Wissenschaft, namentlich der Chemie und Technik, fast täglich mit ganz neuen fremdsprachigen Wortgebilden überrascht werden und zwar mit solchen Sprachungetümcn, daß wir dieselben kaum mehr zu enträtseln vermögen. Wenn deutsche Gelehrte solche Versündigung an ihrer Muttersprache sich zu Schulden kommen lassen, dann zeugt das von einem hier recht bedauerlich geringen Grade an Verständnis und Beherrschung derselben. Nicht minder ist es zu beklagen, daß die Tagespresse (beson ders die großen Blätter) mit einem gewaltigen Aufputz von Fremdwörtern prunkt, wodurch dem gewöhnlichen Manne nament lich das Verständnis der politischen Leitartikel häufig ungemein erschwert wird, während unsere deutschen Frauen beim Lesen der »spirituellen Causerien und Essays im Feuilleton« ein gewisses Unbehagen empfinden, da ihnen unmöglich alle darin aufgetischten fremdlautenden Ausdrücke bekannt sein können. Die deutsche Presse sollte doch einsehen, daß sie nicht bloß Aufklärung und Bildung verbreiten, sondern auch das Interesse für alle vater ländischen Bestrebungen wecken und unterstützen muß, wenn sie einer ihrer vornehmsten Pflichten gerecht werden will. Sie soll deshalb auch deutsch schreiben, gemeinverständlich für alle Klassen des Volkes, und unsere Muttersprache allerwärts zu Ehren bringen, anstatt dem unseligen sprachlichen Wirrwar fortzuhelfen. Unsere eigene Sprache birgt ja einen großen Schatz an Wörtern und Wortbildungsstoffen, er braucht nur gehoben zu werden. Das haben doch die Forschungen des rühmlichst bekannten Professors vr. Sanders und anderer Männer vom Fache längst genügend bewiesen; es ist nur schade, daß sie für ihre Mühen nicht den ver dienten Lohn ernteten, und daß ihr Streben nicht in den weiteren Kreisen die verdiente Beachtung fand. Ebenso wie die Presse gefallen sich unsere Volksvertreter im Reichstag und in den Landtagen bei ihren Wahl- und Kammer reden leider nur allzu häufig in dem ewigen Wiederholen vieler durchaus überflüssiger Fremdwörter, d. h. in sogenannten »parla mentarischen« Ausdrücken; das hat oft den Anschein, als ob solche fremdsprachige Blumenlese den Mangel an scharfsinnigen Gedanken und überzeugender Redekraft verbergen sollte. Die Sucht, mit möglichst vielen Fremdwörtern in Schrift und Sprache groß zu thun, rührt wohl bei vielen Leuten daher, daß sie meinen, diese Fähigkeit offenbare eine tiefere Bildung und gebe ihnen ein gewich tigeres Ansehen. Das ist eine ganz und gar falsche Auffassung; im Gegenteil giebt die vollständige Beherrschung und Kenntnis der Muttersprache weit eher Zeugnis von einer wahrhaften und gründ lichen Bildung. Hoffentlich gelingt es dem erst vor kurzer Zeit ins Leben gerufenen »Allgemeinen deutschen Sprachverein« und seinen Zweigvereinen die alten Vorurteile nach und nach auszurotten und sowohl in der Presse wie im öffentlichen Leben in sprachlicher Hin sicht allmählich eine Besserung herbeizuführen. Mit der Befreiung unserer lieben deutschen Muttersprache von der häßlichen Fremdwörterverkleidung fällt dem Buchhandel eine würdige Aufgabe zu. Aber wie soll er hier eingreifen? Er kann dies nach zwei Richtungen hin thun, einmal indem er bei öffentlichen Ankün digungen, in Prospekten, Cirkularen, Briefen u. s. w. sowie im persönlichen Verkehre mit den Kunden sich eines möglichst guten Deutsch befleißigt, und dann ferner durch Säuberung der buch händlerisch technischen Ausdrücke, die eine Unzahl von Fremd wörtern aufweisen, für die wir zu allen Zeiten gute deutsche Bezeichnungen »auf Lager« hatten und noch haben. Es gehört allerdings für den Anfang ein fester Wille und einiges Nachdenken dazu, aber die Sache ist keineswegs so schwierig wie sie zu sein scheint. Wir wollen als Beweis hier einige Verdeutschungsbeispiele folgen lassen, die jedoch nur einen Bruchteil des umfangreichen Stoffes bilden: 1) Herr dl. dl. in ^V. zeigt mit Cirkular (Rundschreiben) vom soundsovielten an, daß er die Sortimentsbuchhandlung von 2. käuflich acquiriert (erworben) habe und bittet um Conto- (Rechnungs-) Eröffnung. Ausgerüstet mit hinreichenden Fonds ^Geldmitteln) und mit vielseitiger Routine (Ge schäftsgewandtheit), die er während seiner langjährigen Carrisre (Laufbahn) im Buchhandel erlangte, sowie gestützt auf wertvolle Konnexionen (Verbindungen, Bekanntschaften) am Platze selbst, hofft er, günstige Resultate (Erfolge) zu erzielen, wenn die Herren Verleger in kulanter (entgegen kommender) Weise ihm an die Hand gehen wollten. Vorzüg liche Referenzen (Auskünfte) stehen zu Diensten. — Unver-
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