Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.10.1932
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244, 18. Oktober 1932. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. b.Dtschn. Buchhandel. des Börsenvereins bestimmte. Damals -erstreute Siegismund ben Einwand, er habe einen zu jugendlichen Kandidaten erwählt mit dein nachdrücklichen Hinweis auf die Notwendigkeit, bas; gerade jetzt die Jugend eingesetzt werden müsse, wenn nicht ein unheilvoller Bruch innerhalb der Standesvertretung zwischen dem Geschlecht derer aus der Zeit vor dem Kriege und jener entstehen solle, die im wesent lichen ihren Beruf nach dem Zusammenbruch erlebt haben. Und darum sei in dieser Stunde das Gelöbnis, dankbar das Andenken des Buchhändlers Karl Siegismund zu wahren, nicht nur rine feierliche Formel, sondern es stehe unter der symbolhaften Bedeutung, das; es gilt, eine besondere Ausgabe zu erfüllen. Könnte Karl Siegismund diese Aufgabe uns heute noch nennen, er würde sagen: Strenge Arbeit an sich selbst, aufopfernde Arbeit für unseren Stand und dies alles unter der Losung: Fürs Vaterland! Direktor vr. Heinrich Uhlendahl: Aus dem an Mühen, aber auch an Erfolgen reichen Leben Karl Siegismunds, wie es meine Vorredner gezeichnet haben, ragt eine Tat hervor, die uns allen wohl als die schönste und in ihrer Nach wirkung größte erscheint: die Gründung der Deutschen Bücherei. An der Gestaltung und Geltendmachung des dieser Bi- blivtheksschöpfung zugrunde liegenden Gedankens hat er Anteil, die praktische Verwirklichung dieses Gedankens ist im wesentlichen sein Werk. Es ist eine Eigentümlichkeit vieler unserer großen kulturellen Schöpfungen, daß sie mehr, als nach außen hin in Erscheinung tritt, nicht einer einzelnen Persönlichkeit, sondern dem Zusammenwirken vieler zu verdanken sind. An dem Zustandekommen dessen, was nach verhältnismäßig kurzen, sich stark zusammendrängenden Verhand lungen und Vorarbeiten als »Deutsche Büchere i« ins Leben trat, ist eine Reihe von Persönlichkeiten beteiligt: Exzellenz Alt hoff und Geheimrat Siegismund, der Dresdner Verleger Hof rat Ehlermann, der Sächsische Finanzminister Exzellenz Schroeder und der Oberbürgermeister von Leipzig, Geheimrat D i t t r i ch, nicht zuletzt die Leipziger Verleger Albert Brock haus und Hofrat Meiner. In diesem Siebengestirn erstrahlt der Name Siegismund besonders hell. Denn das darf man sagen: ohne ihn gäbe es heute keine Deutsche Bücherei. Um Sinn und Bedeutung dieser neuen Bibliothek zu ermessen, muß man sich vor Augen halten, daß infolge der eigenartigen gesetz lichen Regelung der Pflichtexemplare selbst durch das Zusammen wirken sämtlicher deutschen Staats-, Landes- und Universitätsbiblio theken nur 67A der reichsdeutschen Buchhandelserzeugnisse erfaßt werden. 33 A, also ein volles Drittel, bleibt somit außerhalb der systematischen Sammlung. Bezieht man aber noch die außerhalb des Buchhandels erscheinenden Schriften mit ein, deren riesige Fülle der Allgemeinheit erst Lurch die seit 1931 bestehende Reihe B der »Deutschen Nationalbibliographie« bekannt geworden ist, ferner das in seiner kulturpolitischen Bedeutung erst in jüngster Zeit gebührend gewürdigte grenz- und auslanddeutsche Schrifttum, so wächst dieser Prozentsatz nahezu auf 50. Diese große Lücke in der systematischen Erfassung unseres natio nalen Schrifttums durch die Bibliotheken war einem so klarblicken den, fiir diese Dinge sich in erster Linie verantwortlich fühlenden Kulturpolitiker wie Althoff nicht verborgen und bildete einen Gegen stand seiner ernsthaften Sorge; die Lücke möglichst rasch zu beseiti gen, war sein besonderer Wunsch. Aus dieser Einstellung heraus ent wickelte er im Mai 1906 in Kissingen dem Abgesandten des Börsenvereins Siegismund gelegentlich einer Besprechung seinen Plan, mit Hilfe des Börsenvereins durch freiwillige Lieferungen der Ver leger eine Zentrale aller deutschen Buchhandels erscheinungen zu schaffen. Er dachte hierbei in erster Linie an Berlin, erklärte sich aber auch mit der Wahl eines anderen Ortes einverstanden, sofern dieser sich als geeignet erweise. Althoffs um fassender und weitblickender, auf den Kultursinn der Buchhändler aufgebauter Plan wurde von Siegismund, der damals im Börsen verein das Amt eines Ersten Schriftführers ausübte und mit seinen 45 Jahren im besten Mannesalter stand, mit lebhafter Anteilnahme ausgenommen. In Berlin oder vielmehr in Steglitz, ihrem ge meinsamen Wohnort, führten sie die Erörterungen weiter; man sah sie, in ernste Gespräche vertieft, oft stundenlang auf der Straße auf- und abgehen. Siegismund, der sich beim Vorstand des Börsenvereins für den Althofsschen Plan eingesetzt hatte, mußte sich indes bald davon über zeugen, daß der Gedanke einer freiwilligen Ablieferung nach Berlin auf Schwierigkeiten stieß, die sich am Ende als unüberwindlich er wiesen. Damit aber ließ man den Althofsschen Plan auch als solchen vorerst auf sich beruhen. Die Begegnung mit dem genialen Wissen schaftsorganisator, der damals hoher Sechziger war und bald darauf starb, blieb für Siegismund ein Erlebnis, von dem er oft und gern sprach. Und der Funke, den Althosf in seinem und seiner Kollegen Innern entzündet hatte, glühte im stillen fort. Wenn Siegismund später in der Reihe der Marmorbüsten, die die Gänge und Reprä sentationsräume der Deutschen Bücherei schmücken, die Büste Alt hoffs stiftete, so bedeutete diese Schenkung gleichzeitig einen Akt der Verehrung, ja noch mehr: ein Bekenntnis. Da trat im Jahre 1910 Hofrat E h I e r m a n n, einer von Sie gismunds Kollegen im Vorstand des Börscnvcreins, überraschend mit einer Denkschrift »Eine N e i ch s b i b l i o t h c k in Leipzig« hervor. Er verfolgte darin ebenfalls das Althoffsche Ziel »einer v o l l st ä n d i g e n Sammlung d e r N a t i o n a l l i t e r a t u r«, entwickelte aber im übrigen einen neuen, durchaus selbständigen Plan und brachte vor allem Leipzig, die Zentrale des Buchhandels, als Sitz der neuen Bibliothek in Vorschlag. Auch hatte er für seine Gedanken bereits die grundsätzliche Zustimmung der Sächsischen Regierung und des Rates der Stadt Leipzig gewonnen. Wenn der Ehlermannsche Plan in der Folge auch noch mancherlei Änderungen und Wandlungen erfuhr, so hat e r doch den entscheiden den Anstoß zur Verwirklichung des Althofsschen Gedankens gegeben und in seinen wesentlichen Punkten die Grundlage für die heutige Deutsche Bücherei gebildet. Siegismund, der inzwischen Erster Vorsteher des Börsenvereins geworden war, nahm den Ehlermannschen Plan mit der alten Be geisterung auf und machte ihn sich völlig zu eigen. Entschlossen stellte er sich selbst an die Spitze des Unternehmens und nahm die praktische Durchführung in die Hand. Mit Umsicht und Klugheit, mit Energie und einer geradezu unerhörten Arbeitskraft wußte er die tausend großen und kleinen Schwierigkeiten hinwegzuräumen, die sich der Verwirklichung des Planes von außen und von innen entgegen stellten. Und als die Verhandlungen an den Punkt kamen, wo eine bindende Erklärung des Börsenvereins über die freiwillige Abgabe der Buchhandelserzeugnisse erfolgen mußte, da trug er kein Bedenken, diesen Schritt zu tun, nicht achtend die »feindliche Vorhut der Zweif ler und Skeptiker«, wie er es selber einmal ausdrückte. Das war, wenn ich so sagen darf, einer jener kühnen H u s a r e n r i t t e, deren er verschiedene in seinem Leben ausgeführt hat, im Vertrauen auf die Hilfe gleichgesinnter Freunde, die ex scherzhaft seine »Mitschul digen« nannte, im Vertrauen auch auf die eigene Kraft und auf den endlichen Sieg jeder guten Sache. Damit aber war die Grün dung der Deutschen Bücherei vollzogen, am 3. Oktober 1912, vor nunmehr gerade 20 Jahren. Unverzüglich ging Siegismund nun ans Werk, die Voraus setzungen für die Erfüllung seiner Zusage zu schaffen. Mit seinem Freund Arthur Meiner fuhr er überall im Lande umher, wie ein Wanderprediger bei den Verlegern werbend. Und er gewann sie alle für seine Sache: in Stuttgart und Tübin gen, in Zürich, B e r n, S t. Gallen und Basel, in Frei- bürg, Straßburg, Mainz und Wiesbaden, in Mün chen, in Wien und dann in den mittel- und norddeutschen Städten bis hinauf nach Königsberg; Berlin und Leipzig wurden zuletzt bearbeitet. Das war die Zeit, wo er nach den Worten Dittrichs die Nächte dazu benutzte, um von Stadt zu Stadt zu fahren, und die Tage, um für seine Schöpfung zu werben. Am 23. Januar 1913, seinem 52. Geburtstage, zählte die Liste der Stifter bereits 242 Namen führender Verleger, und damit war die Grundlage für die freiwillige Ablieferung geschaffen; die Werbearbeit konnte er den lokalen Verbänden überlassen. Heute ist die Liste auf mehr als 10 000 Namen angewachsen und umfaßt den gesamten deutsch sprachigen Buchhandel. Zu der gleichen Zeit schuf Siegismund die Satzung der Deut schen Bücherei und baute, bei den verwandten Instituten des Deut schen Museums und des Germanischen Museums sich Rat holend, die Verwaltungskörper der Anstalt auf: den Geschäftsführen den Ausschuß und den Verwaltungsrat. Mit einem un gewöhnlichen Einfühlungsvermögen vertiefte er sich in rein bi bliothekarische Fragen, organisierte, traf Entscheidungen und übte die Leitung aus, manchmal mehr, als es den eine eigene Verantwortung anstrebenden Bibliothekaren lieb war, und vielleicht auch gelegentlich den Bogen allzu straff spannend. Wie an sich selbst, so stellte er an seine Mitarbeiter nicht geringe Anforderungen. Regelmäßig Sonnabends und häufig noch an anderen Wochentagen pflegte er in der Bücherei zu arbeiten. Dann ging es nicht selten ohne Unterbrechung von früh 6 Uhr bis in die Nacht. Noch heute heißt es in der Anstalt, wenn gelegentlich dringende Arbeiten be sonders starke Überschreitungen der Dienstzeit erfordern: Das ist ja wie bei Siegismund. Mit dem Ablauf seiner Amtstätigkeit als Erster Vorsteher des Börsenvereins und damit als Vorsitzender des Geschäftsführenden 761
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