Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.04.1926

91. 20. April 1926. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. auf sozialpolitischem Gebiete mehr als bisher ehrenamtlich betätigen, sei es nun in der Sozialver sicherung oder als Beisitzer von Gewerbe- und Kausmannsgerichten bzw. Schlichtungsausschüssen, und uns über ihre Er fahrungen berichten. Selbstverständlich lassen sich dabei im Anfang nicht sofort große Erfolge erzielen, aber wir konnten beispielsweise mit Unterstützung der Krcisvercine des Börscnvcr- eins erreichen, daß bei den Wahlen zur Vertreterversammlung der Berufsgcnosscnschaft sür den Einzelhandel ein weiterer Bcrtretcr des Buchhandels gewählt wurde. An diesem Beispiele ist be merkenswert, daß die Kreisvereine des Börsenvereins sür eine Angelegenheit aus dem Tätigkeitsbereich des Arbeitgeber-Verban des interessiert werden konnten. Es wäre dringend zu wünschen, daß derartige Dingein buchhändlc- rischen Versammlungen, etwa in Kreis- oder Ortsvereinssitzungen oder Verlegerversamm lungen, öfter erörtert würden, um so mehr, als die Unterhaltung eigener Ortsgruppen des Arbeitgeber-Verbandes in kleinen Kreisvereinsbezirkcn oder solchen, in denen der Buchhandel den meisten anderen Gewcrbezweigen numerisch nachsteht, schon aus sinanzicllcn Gründen nicht mehr durchführbar ist. So er klärt sich das Eingehen der Ortsgruppen Kiel, Köln und Wilhelmshaven-Rüst ringen. Darunter darf der Ar- beitgebergcdankc als solcher unter keinen Umständen leiden, und nichts wäre verkehrter, als wenn die mühsam wachgerufene An teilnahme des Buchhandels an sozialpolitischen Dingen wieder ein- schlascn würde. Dies zu verhindern, bedarf es des gemeinschaft lichen Bemühens aller derer, die von der Überzeugung durch drungen sind, daß dem Ansturm der Gewerkschaften eine gemein same Abwchrsront der Arbeitgeber entgegengesetzt werden muß. Je größer die Not der wirtschaftlichen Verhält nisse, desto enger müssen sich die Reihen schlie ßen! Darum mehr Beschäftigung mit sozialpolitische» Fragen, auch wenn der Arbeitgeber-Verband infolge der Ungunst der Lage zu einer Konzentration der Kräfte gezwungen ist, um diese an den eigentlichen Buchhandclszentrcn cinzusetzcn. Mindestens alle Vorstandsmitglieder der Kreis- und Ortsvcreine des Börsenver eins sollten dort, wo keine Ortsgruppen des Verbandes bestehen, unmittelbare Mitglieder des Rcichsverbandcs sein. An alle unsere Mitglieder aber richten wir den drin genden Appell, bei jeder sich bietenden Ge legenheit die Bedeutung der Behandlung sozialpolitischer Fragen in den buchhändle- rischen Versammlungen im Sinne unserer Aus führungen nachdrücklich st zu betonen. Außer mit der Vereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände hielt der Verband engste Fühlung mit dem Börsenverein, da sich wirtschaftliche und soziale Probleme häufig übcrschneidcn und einer einheitlichen Behandlung und Lösung bedürfen. Ent sprechend der Bedeutung Leipzigs als Vorort des Buchhandels und Sitz des Verbandes wurden die Fäden zu den übrigen Arbeit geberverbänden am Platze, die im Zentralausschuß Leip ziger Arbeitgeberverbände vereinigt sind, weiterge- sponncn. Ein direkter Verkehr mit den Zentralbehörden erübrigte sich im allgemeinen, da wir für unsere Wünsche bei der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände regelmäßig Ver ständnis und Förderung fanden. Unsere Rechtsauskunftsstelle wurde laufend in An spruch genommen, in Einzelsällen machte sich auch eine gutacht liche Tätigkeit über Arbeitszeitfragcn für gerichtliche Zwecke nötig. Das Tarifarchiv wurde weiter vervollständigt und fortgc- führt, wobei im allgemeinen auch die Einsendung neuer Tarife durch die Ortsgruppen funktionierte. Wir brauchen nicht zu be tonen, daß die möglichst umgehende Mitteilung jedes neuen Abschlusses der Ortsgruppen unbe dingte Voraussetzung ist, wenn das Tarifarchiv den gestellten An forderungen gerecht werden soll. Zur Ergänzung unseres Mate rials stehen wir mit einer Reihe von Verbänden im Tarif- und Nachrichtenaustausch, sodaß wir auch über berufs ähnliche Tarife Auskunst geben können. Auch mit einer Reihe wissenschaftlicher Institute halten wir Fühlung, so namentlich mit Sem Institut für Arbeitsrecht an der Universität Leipzig, in dem oer Vecoandsgeschäslsführer vr. Runge im letzten Winter einen Vortrag über »Die Schiedsgerichtsbarkeit im Wirtschafts- und Sozialrecht- hielt. Selbstverständlich wurden auch die st a t i st i - scheu Arbeiten fortgeführt, namentlich die wichtige Statistik über die Entwicklung der Nominal- und Realgehälter an den vier Hauptbuchhandelsplätzcn Berlin, Leipzig, München und Stuttgart. Neuerdings wurde derArbeitszcitstatistik besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Der Mitgliederbestand des Verbandes blieb, abge sehen von den durch die Auflösung der Ortsgruppen Kiel, Köln und Wilhclmshaven-Rüstringen bedingten Verlusten, die durch Zutritt von Einzelmitgliedern einigermaßen ausgeglichen wurden, im wesentlichen unverändert. Dem Rcichsverbande sind 9 Orts- bzw. Landesgruppen angeschlosscn, und zwar: Landesgruppe Bayern,Vorsitzender I. G. Auer, i. Fa. I. Schweitzer Verlag, München, Ottostr. I a. Ortsgruppe Berlin, Geschäftsstelle Berlin W 3S, Pots damer Str. 36, Vorsitzender GeorgElsner, i. Fa. Otto Elsner, Berlin S 42, Oranienstr. 14V—142. Ortsgruppe Bonn, Vorsitzender Kurt Schroeder, i. Fa. Ludwig Röhrscheid, Bonn, am Hof 28. Ortsgruppe Halle, Vorsitzender Paul Gloeck- ncr, i. Fa. Gloeckner L Niemann, Halle a. S., Alte Prome nade 7. Ortsgruppe Leipzig a) Abtlg. Verlag, Vor sitzender Leo Ritter, i. Fa. Fr. Kistner L C. F. W. Siegel, Leipzig, Dörrienstr. 13. b) A b t l g. S o r t i m e n t, B o r s i tz c n d e r A l c x. L i e - bisch, i. Fa. Beruh. Liebisch, Leipzig, Kurprinzstr. 6. o) Abtlg. Zwischenbuchhandel, Vorsitzender Walter Thomas, i. Fa. Thcod. Thomas Komm.- Gesch., Leipzig, Talstr. 13. Ortsgruppe Magdeburg, Vorsitzender Fritz Wahle, i. Fa. Buchhandlung Fritz Wahle, Magdeburg, Breite Weg 180. Ortsgruppe Mannheim-Ludwigshafen, Vor sitzender R. Hermann, i. Fa. Hermanns Buchhand lung, Mannheim 8. 1. 2., Breite Str. Ortsgruppe Münster i. W., Vorsitzender vr. Hein rich S ch ö n i n g h, i. Fa. Heinr. Schöningh, Münster i. W., Salzstr. 1. Ortsgruppe Stuttgart, Vors. z. Zt. unbesetzt. Leider hatte der Verband im Berichtsjahre drei schmerzliche Verluste zu beklagen. Der langjährige Vorsitzende der Ortsgruppe Stuttgart, Herr Curt A. Hosemann, i. Fa. Koch, Nesf L Oetinger, G. m. b. H. L Co., verschied am 2. November v. I. In seltener Treue und Hingebung hat der Verstorbene sein verant wortungsreiches und oftmals Ivenig dankbares Amt versehen, wo für ihm der Stuttgarter Buchhandel zu außerordentlichem Danke verpflichtet ist. Nicht minder pflichtbewußt erfüllte er die Auf gabe eines Vorstandsmitgliedes des Gesamtverbandes, aus dem ihn der unerbittliche Tod gerissen hat. Nur wenige Monate später, am 2. Januar 1926, folgte ihm das ehemalige Vorstands mitglied Herr Richard Quelle, i. Fa. Quelle L Meyer in Leipzig, in die Ewigkeit nach. Herr Quelle wurde in der Grün dungsversammlung des Verbandes im Jahre 1919 als Vertreter der Ortsgruppe Leipzig in den Vorstand gewählt und hat in aufopfernder Tätigkeit bis zum Jahre 1923 die Interessen der Arbeitgeber, insbesondere diejenigen der Leipziger Ortsgruppe, vertreten. Am 15. März d. I. wurde Herr P a u l S t u c r m e r, i. Fa. Paul Neubner, der Mitgrüuder und Vorsitzende der Ortsgruppe Köln, aus einem arbeitsreichen Leben abgerufen. Auch ihm schulden der Kölner Buchhandel und der Reichsvcrband, dessen Vorstand er ebenfalls angchörte, Dank für sein unermüdliches Wirken. Wir werden das Andenken der drei aufrechten und treuen Männer stets in höchsten Ehren halten! Leipzig, den IS. April 1926. Der Vorstand des Arbeitgeber-Verbandes der Deutschen Buchhändler, Sitz Leipzig. Max Röder, Vorsteher. 4SS