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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.05.1926
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- 1926-05-20
- Erscheinungsdatum
- 20.05.1926
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Xr 115, 20. Mai 1926. Redaktioneller Teil. Pom Wiener Buchhandel. Die Gemeinde Wien hat, so wie in den früheren Jahren, auch für dieses Jahr für hervorragende Werke der Dichtkunst, der Musik und der bildenden Kunst drei Kunstpreise von je 3000 8. gestiftet. Das Preisrichterkollegium hat beschlossen, die Höhe des Einzelpreises mit je 1000 8. sestzusetzen. Bei der am 1. Mai stattgefundenen Preisverteilung erhielten Preise die Schrift steller vr. Fritz B r ii g e l, Robert Michel und Ernst S ch e i b e l r c i t h e r (vgl. auch Bbl. Nr. 111). Die beiden Erstge nannten sind im Buchhandel bekannt; vr. Fritz Briigel, Bibliothekar der Arbeiterkammer und Vorstandsmitglied der sozialistischen Hoch schülervereinigung, ist mit Übersetzungen aus der altgriechischen Lite ratur, so einer vielbemerkten, schönen Nachdichtung der »Orestie« des Aeschylos, und mit bedeutenden Essays hervorgetreten; Robert Michel hat sich durch zahlreiche Romane und Novellen einen großen Leserkreis erworben, auch hat er einige Dramen geschrieben. Von Ernst Scheibel- reither sind bisher nur ganz wenige Sachen gedruckt worden; mitunter veröffentlichten die sozialdemokratischen Zeitungen Gedichte aus seiner Feder. Die Wiener Verleger erhielten dieser Tage eine Zuschrift des Herrn Rudolf Naschke als Inhabers der Buchhandlung Meyer L Naschke in Loschen (6ie82zm, früher Österreichisch-, jetzt Polnisch- Schlesien), in der die vollständige Auflösung des Geschäfts angezeigt und in bezug auf die Guthaben der Verleger ein Ausgleichsvorschlag gemacht wird. Der Umsturz der Monarchie und der Friedcnsschluß haben die Lebensmöglichkeiten dieser Firma, die Nachfolgerin der im ganzen deutschen Buchhandel bekannten, man kann beinahe sagen, be rühmten Prochaska'schen Hofbuchhandlung Sortiment war, bedroht und endlich vernichtet. Herr Naschke schildert in dem Briefe, der wahrlich als Dokument zur Geschichte des Buchhandels bezeichnet werden kann, daß durch die vollständige Polonisierung der Stadt der deutsche Buchhändler existenzlos werden mußte. Es kam nur hie und da vor, daß irgend jemand der älteren Generation ein deutsches Buch kaufte oder bestellte. Die meisten Deutschen wunderten aus, es blieben nur Pensionäre und ehemalige deutsche Privatbeamte, die keine Mittel besitzen, um deutsche Bücher zu kaufen. Dazu kam noch der Verfall des Buchhandels durch die ununterbrochene Entwertung zuerst der Polenmark und jetzt des Zloty, wobei die gesamten Ver pflichtungen des Buchhändlers in ausländischer Währung waren. Ein trauriges Bild vom Niedergang des deutschen Buchhandels in einer Stadt, die ehemals mit Fug und Recht eine deutsche Stadt genannt wurde. Wien, den 10. Mai 1926. Friedrich Schiller. Finnische Literaturprcisc. Wie der »Vossischen Zeitung« aus Stockholm gemeldet wird, sind die Literaturpreise des finnischen Staates für das Jahr 1925 jetzt zur Verteilung gelangt. Den ersten Preis in Höhe von 7000 Mark erhielt Arvid Iärnefelt, den zwei ten Preis von 4000 Mark Arvid Mörne, ferner erhielten Preise Bertil Gripenberg, Joel Lehtonen, E. Sillanpää und Hilja Haahtt. Der italienische Buchhandel. (Nach >loniteur oll. clu 6omm. et cke 1'IruI. vom 5./V. 1926.) — Die Besucher der ersten italienischen Buch messe in Florenz waren erstaunt iiber die Menge italienischer Buch erzeugnisse, die dort in gediegener Ausstattung zu sehen war. Im Anschluß an die Messe bildete sich in Italien eine Zweigniederlassung der Firma Saison 6u lüvre kran^ais in Paris, die einen dauernd regen Bücheraustausch zwischen beiden Ländern gezeitigt hat. Während früher die Schaufenster der italienischen Buchläden sogenannte Export- literatnr und viele pornographische Werke zeigten, sorgte die franzö sische Zweigstelle dafür, daß der guten französischen Literatur Platz cingeräumt wurde. Sie wurde allmählich nicht nur in den Großstädten Italiens, sondern auch in der Provinz verbreitet. Die in Florenz be stehende französische Zweigstelle versendet französische Bücher porto frei und ohne Verpackung zu berechnen; überdies sind in ihrem Aus stellungssaal ständig ca. 600 Neuerscheinungen zu finden. Jeder ita lienische Buchhändler besucht Florenz und versorgt sich dort mit Ware. Auch Nichtbuchhändler dürfen die Ausstellung besichtigen, Bestellungen auf Bücher jedoch nur bei einem Buchhändler machen. Tie Buchaus lieferung in Florenz, die in den ersten Monaten der Ausstellung je 450 IrZ umfaßte, erreichte im Dezember 1925 die Summe von 2500 KZ. ?un Jahre 1924 exportierte Frankreich nach Italien 6800 Zentner- Bücher und Zeitschriften - Deutschland 1323 Zentner. Fn den ersten neun Monaten 1925 exportierte Frankreich nach Italien 6157 Zentner 644 — Deutschland 1230 Zentner. Vom Gesamtabsatz des italienischen Buchhandels entfallen etwa 20?ä auf französische Erzeugnisse. Er erstreckt sich besonders auf Kunstlitcratur, auf Werke historischen, tech nischen und medizinischen Inhalts; weniger gekauft werden Romane, Reiseliteratur, Abenteuergeschichten. In medizinischen Büchern hat Frankreich die deutsche Einfuhr überholt, nicht aber in technischen. Ten Verkauf von Spezialausgaben und Originalbänden an Biblio phile hat die Florenzer Buchmesse merklich gefördert. Die Herstellung italienischer Ausgaben französischer Werke beschränkt sich auf einige Klassiker und Schriften über Frankreichs Kultur und Landeskunde. In Anbetracht der hohen Preise werden solche Ausgaben fast nur von Fachlehrern und deren Schülern gekauft. Als Konkurrenz des franzö sischen Buches sind trotz allem die deutschen und österreichischen Publi kationen beachtenswert, wenn auch die erstcren durch den hohen Stand der Mark etwas zurückgedrängt wurden. Österreich bringt moderne französische Romane und Klassikerausgaben auf den Markt, in gefälli gem Einband und zu mäßigen Preisen. In den italienischen Schulen sind diese österreichischen Ausgaben vielfach eingesührt. Die italieni schen Buchhandlungen pflegen einen ungebührlich hohen Preisaufschlag auf französische Bücher zu nehmen; doch hat die Einwirkung der klai- 80n äu Iuvi-6 k>an§ai8 jetzt erreicht, daß der Ausschlag nur in Aus nahmesüllen 10?L übersteigt. Der italienische Buchhandel ist im all gemeinen nach dem Muster des deutschen organisiert. Abgerechnet über feste und Kommissions-Lieferungen wird vierteljährlich; manche Kom missionäre rechnen monatlich ab. Im industrtereichen und kauf kräftigen Norditalien wickeln sich die buchhändlerischcn Geschäfte rei bungslos ab; in dem weniger regen und kulturell weniger entwickelten Süditalien sind Abweichungen von der Norm nicht zu vermeiden. — Bücher in Pappband oder in Ganzleinen mit anfgcdrucktem Titel ans dem Deckel sind in Italien zollfrei, ebenso Bücher mit bunten Bildern im Text, soweit sie zur Bildung oder Unterhaltung der Jugend dienen. Bücher der letztgenannten Art zahlen 25 Goldlire Einfuhrzoll für den Zentner, wenn die Abbildungen in Steindruck hergestellt sind. Sonstige gebundene Bücher kosten 20 Goldlire der Zentner Einfuhrgebühr. Ge zahlt wird in Papterlire nach dem Kurs, den der Fiuanzminister in Nom allwöchentlich bestimmt. E r n st Sch m i d t. Die Wirtschaftslage in Gr.-Rumänien. — Eine große Leipziger Firma erhielt von einem ihrer langjährigen Geschäftsfreunde in Siebenbürgen nachfolgende Schilderung der Wirtschaftslage in Gr.- Numänien: »Bisher zögerte ich mit diesem Briefe, immer in der Hoffnung eines Umschwungs. Nun ist dieser zwar zu erwarten, der aller bestimmtesten Hoffnung aller hiesigen maßgebenden Bankkreise nach, nicht nach meinem Optimismus, aber es dauert nun doch zu lange. Unser Leu stürz nimmt zu ungeheuerliche Formen an, als daß ich weiter schweigen könnte. Ich bitte Sie, zur Vermeidung von unnötigen Störungen des deutschen Verlags, deutscher Kommissionäre mit sächs.- deutschen Buchhandlungen Gr.-Rumänicns folgende Darstellung über unsere Lage zur Kenntnis zu nehmen und geeigneten Ortes bekannt zugeben. Seit -den letzten Märztagen, d. h. dem Regierungsantritt Avcrescus, sinkt nahezu ununterbrochen unser Löu. Es erscheint als ganz sicher, daß es sich hierum ein politisch-wirtschaftliches Manöver der alten abgetretenen (liberalen) Bratianu-Negierung handelt, die die Unfähigkeit der neuen, nachdem diese sich von den bisherigen liberalen Parteigrundsätzen abwenden wollte, damit deutlich, leider nur allzu deutlich, zum Erschrecken klar, aufzeigen wollte. Man hört ferner, daß die Liberalen sich nicht gescheut haben, den König mit in ihre Aktion gegen die heutige Regierung hineiuzuzieheu. Damit aber haben sie die Macht und Schlagfertigkeit der Negierung unterbunden, insbesondere auch in der sogenannten Staatsbank: Uauea uationala. Diese unnatürliche Lage der neuen Negierung, die die Verpflichtung vor allem übernommen hat, die neuen Wahlen für Parlament und Senat durchzuführen, dauert bis zum 25.—26. d. M., d. h. bis zu den Wahltagen. Diese werden unter Umständen allerdings auch über raschende Ergebnisse zeitigen, jedenfalls aber dem Lande einen Steuer mann geben, der Autorität jedem Nänkespicl gegenüber besitzt. Auch unsere Firma (welche wohl nicht?) hat Warcnschulden, insbesondere au das Deutsche Reich. Diese Schulden, selbst wenn fällig oder über fällig, könnten heute nur mit außerordentlich erheblichen Verlusten gedeckt werden. In einer so kapitalarmen Zeit wie heute würde dies möglicherweise für eine oder die andere Firma einer Katastrophe oder doch einer starken Erschütterung gleichkommen. Es ist dagegen gewiß im Interesse sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner, die zu künftige gemeinsame Arbeit möglichst zu erhalten. Dies erfordert jetzt
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