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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.05.1926
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- 1926-05-12
- Erscheinungsdatum
- 12.05.1926
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14 ISS, lL. Mai 1926. Mitteilungen aus dem Antiquariat. BSN-rdl-I, I. d. DU«», «»«b-ndel. Eine bibliographische Seltenheit ist ferner das Wiener Grill- parzcr-Album, herausgegeben von Rizy, es ist wohl laum unter IW Schilling zu erlangen. Von Raimund ist zu seinen Lebzeiten lein einziges Drama erschienen! nur Gedichte und Lieder finden sich in Zeitschriften verösfentlicht. Die nach seinem Tode von Joh. Ncp. Vogl veranstaltete Ausgabe wird jetzt mit MO bis 300 Schilling bezahlt. Später erschien bei Konegen die Ausgabe von Glossy und Sauer, aber jetzt erst, in unseren Tagen, erhält Rai mund durch den Verlag Schroll (der Vortragende nennt ihn den österreichischen Cotta) seine Monumentalausgabe. Bei Schroll ist auch Ncstroy im Erscheinen begrissen, nachdem die Ausgabe von CHIavacci und Ganghoser berechtigten Ansprüchen nicht mehr ge nügt. Halm hat von zweien seiner Dramen eine Luxusausgabe in je lL (!) Exemplaren herstelle» lassen. Sehr berühmt ist Scalssields Buch »Lvstria as it is, or . . .« (London I8L8), ein von Obrigkeits wegen sehr verpöntes Buch, das vor einigen Jahren bei Schroll in neuer Übersetzung erschienen ist. Auch Stifter, Anzengruber, Hofmannsihal boten Anlaß zu sehr interessanten Mitteilungen des Redners, der versprechen mußte, eine Fortsetzung seines anregen den Vortrages zu veranstalten. vn Heinrich Pallmann. Vom Antiquar zum Muscumsdireltor. Im Sinne der vielen Freunde, die der Dahingejchiedenc zählte, dürste es sein, wenn ich ihm, der aus dem Antiquariat hcr- vorgegangen und als pensionierter Direktor der Münchener Gra phischen Sammlung gestorben ist, einige Worte des Andenkens widme. Heinrich Pallmann war der Sohn eines gräslichen För sters und wurde 1840 in Etierhösstetten bei Kastell geboren. Nach einem anderthalbjährigen akademischen Studium reichten die Mil te! nicht mehr aus, und Pallmann entschloß sich, das Studium aus- zugebcn, und ging in München zum Buchhandel über; seiner Nei gung entsprechend wandte er sich dem Antiquariat zu. Nachdem er sich die grundlegende Praxis ungeeignet hatte, engagierte ihn Karl Theodor Bölcker in Frankfurt a. Main, um ein neu zu errichten des Antiquariat zu leiten; es wurde das umfangreiche anti quarische Lager von I. Heerdegen in Nürnberg erworben, und Pnilmann verstand es, In einer Reihe von Jahren das Geschäst zu einem ansehnlichen Antiquariat zu erheben; eine stattliche Folge von Katalogen bezeugte seinen Fleiß und die Kenntnisse des Lei ters. In dieser Zeit seines Lebens, Mitte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, lernte ich den Entschlafenen kennen, und daraus erwuchs eine Freundschaft, die erst der Tod getrennt hat. Er war nach vielen Seiten hin anders geartet als ich. Pallmann war eine ordnungsliebende, slcißige Natur, die vorwärtskommen wollte. Wenn wir jungen Franksurter Gehilfen Ausflüge mach ten, arbeitete er meist für sich, unablässig seine Ziele verfolgend. Dabei war er, seinem bayrischen Naturell entsprechend, gar nicht abgeneigt, war er einmal dabei, bis ties in die Nacht beim Schop pen zu hocken, und der kollegialen Geselligkeit durchaus entgegen- kommend. Allerdings konnte er leicht fuchsteufelswild werden, wozu oft ein geringer Anlaß oder nur ein Mißverständnis gehörte, um die Hellen Flammen seines Zorns hervorzurufen. Seine Vor gesetzten wie seine llnterbeamten in seiner späteren Laufbahn haben ihn wohl nach der Richtung hin alle kennen gelernt, und er selbst hat sich manche schwere Stunde durch sein cholerische? Temperament bereitet. Aber im Grunde war er eine zuverlässige und treue Natur, auf die man bauen konnte, wenn nötig auf opfernd. Noch während feiner Buchhändlcrzeit schrieb er das Buch über 8. Feyerabend, den großen Frankfurter Verleger des 16. Jahrhunderts, aus Grund dessen er nach vollendetem Studium den Doktor machte. Der Frankfurter Bankier Moritz von Bethmann übertrug Pallmann die Bearbeitung des Bcthmann- schen Familienbuches, an welchem schönen Werke er eine Reihe von Jahren gearbeitet hat; wie oft habe ich den Verfasser oben in der Mansarde des Bankhauses, dieses reizvollen Geschäftshofes aus der Rolokozeit, bei dieser Arbeit besucht! Dann wurde Pallmann Verwaltungsschreiber — so hieß damals, glaube ich, der schöne Titel — des Freien Deutschen Hochstists in Frankfurt; wie manche Ausstellung hat er Im Goethehause veranstaltet; ein Buch über den Goetheschen Jugendfreund Horn ist noch ein späterer Nach klang dieser Zeit gewesen. Darnach wurde Pallmann Assistent und schließlich Mitdirektor des Kupserstichkabinetts am Stacdelschen Institut, und wieder nach einigen Jahren kam er in gleicher Stel lung an das Münchener Kupserstichlabinelt, wo er bis zu seiner Pensionierung verblieb, dann IN München im Ruhestand lebend. Das sind die äußeren Lebcnsstadien des Entschlafenen, der, wie Figura zeigt, aus engen Verhältnissen sich durch Energie und seine Kenntnisse zu der Stellung emporgearbcitet hatte, die er einge nommen hat. Wenn ich Pallmann später in München besuchte, habe ich ihn manchmal humoristisch betrachtet, wenn ich bemerkte, wie er sich gewandelt hatte. Früher mit einer Dosis sozialen Öls gesalbt, in bajuvarischer Derbheit angerichtet, glättete sich sein Wesen zusehends. Au einem schneeigen Novcmberabcnd be gleitete ich ihn aus einem Münchener Bräu durch die Kausinger Straße, die in einem Schneewasscr schmolz. Pallmann im Frack unter dem Mantel und in Lacksticseln, zur Minister-Soiröe gehend, was ihm, trotz des Sauwetters, so wohl tat. Als ich an der fest lich erleuchteten Palaistreppe mich von ihm verabschiedete, er innerte ich mich eines anderen Trcppcnausstiegs Pallmanns, der Jahrzehnte zurücklag. In der ersten Woche seines Engagements bei Bölcker in Frankfurt war Pallmann in der »Novität», dem Franksurter Buchhandlungsgehilfenverein, gewesen und unge wohnt des bodenständigen Apfelweins, hatte bei dem spätnächt lichen Heimgang ein Ariadnefaden von der Völckerschen Haustür bis zu der vier Treppen hoch gelegenen Mansarde geführt, die der Antiquar als Amtswohnung inne hatte, zum Hellen Entsetzen der so peinlich reinlichen Dame vom Hause am nächsten frühen Morgen. Und wie der Freund sich hier gewandelt hatte, so auch in anderer Richtung. Pallmann verstand es, mit großer politischer Geschicklichkeit jeder Familiencinladung aus dem Wege zu gehen, und mit gleicher Virtuosität wußte er jeder weiblichen Annäherung auszubiegen, sodaß er bereits ein reifer Knabe war, als ihm das Glück zuteil wurde, in einer liebenswürdigen Österreicherin die ihn mit zartem Pantoffel regierende Gattin zu finden, der er chevalercsl den Mantel trug, als ich auf dem Heidelberger Schlosse unvermutet dem jungen Paare begegnete. Da wir einmal bei den liebenswürdigen Menschlichkeiten sind, die den Herrn Direktor mit silhouettieren, so sei nicht verschwiegen, daß er sich im Kol legenkreise der Muscumsdireltorcn nicht immer wohlfühltc; er empfand, daß er da nicht für voll genommen wurde, wie er sich mir gegenüber einmal aussprach, und begründete das Verhalten einiger Herren ihm gegenüber damit, daß er die eigentlich zünftige Karriere nicht durchlausen, sonder» einen abweichenden Aufstieg genommen habe. Von der andern Seite Hörle man Urteile, na mentlich nach Pallmanns Pensionierung, daß ihm die Fähigkeit gemangelt habe, die sührende Stellung auszufüllcn, welche von dem Direktor eines so reichen Kabinetts wie das Münchener zu verlangen wäre. Es sei, wie es wolle, so hatte Pallmann auf jeden Fall als Direktor Ordnung in die Sammlungen gebracht, so, daß jedes Blatt zu finden war; wie überhaupt seine Begabung nach der amtlichen, organisatorischen Richtung lag. Seine Publi kationen, die einzeln hier aufzuführen nicht der Ori ist, geben Zeugnis davon; erinnern möchte ich nur an die Herausgabe des Turnicrbuchs von >529 von H. Burgkmair dem Jüngern. Leipzig, Hierjemann 1910, mit erklärendem Text von Pallmann. Eine den Milmeiischen forireißcnde Begeisterung für die Kunst, die bildende und speziell die graphische, habe ich nie bei ihm gefunden, wohl aber technisches Wissen und Erfahrung, gestützt aus lang jährige Beschäftigung mit den Dingen seines Faches. Die letzten Jahre habe ich Pallmann nur in großen Zwischen räumen gesehen, die letzten drei Jahre überhaupt nicht, und da wir auch wenig korrespondierten, hatte ich von seiner Erkrankung keine Ahnung; ich hatte ihm geschrieben, eine Bibliothcksangcicgcn- heit betreffend, den Brief aber nicht abgesandi, weil ich noch eine bezügliche Nachricht erwarten wollte. Bei einer abendlichen Zu sammenkunft mit Kollegen geiogenliich einer Bonner Inkunabel- Versteigerung im Sommer 1922 erfuhr ich, daß der Freund vor etwa 14 Tagen an Gehirnerweichung gestorben sei. Viele Jahre habe ich neben ihm gelebt, ihn wöchentlich gesehen, den kleinen gedrungenen Mann mit der jcharfgebogenen Nase, den Eulen augen und der Brille mit den großen Gläsern, mich Immer etwas an das Äußere von Gottfried Keller erinnernd, mit dem er auch Ähnlichkeit hinsichtlich des Temperaments hatte. Mir war er kill lieber Freund. Max Zieger t. 27
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