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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.09.1934
- Strukturtyp
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- 1934-09-04
- Erscheinungsdatum
- 04.09.1934
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Die Organisation der Schrifttumsüberwachung. Bon Verwaltungsrechtsrat vr. Klüber, Köln. sFortsetzung zu Nr. 204.) IV. Größere Bedeutung als den gewerbepolizellichen Vorschriften kommt Mieder der Organisation des Kampfes gegen unerwünschte Literatur mit allgemeinpolizeilichen Mitteln zu. Dieser richtet sich im Interesse des Jugendschutzes gegen Schund- und Schmutzschristen. Er findet nicht in den gewöhnlichen For men polizeilichen Einschreitens statt, sondern beschreitet neue Wege, zu denen wir eine Parallele bislang allein auf dem Gebiete des Ltchtspielgesetzes finden, obgleich die hier bestehende Vorzensur dem bei der Schrifttumsüberwachung geltenden Grundsatz nachträglichen Einschreitens gegenüber im einzelnen erhebliche Abweichungen be dingt. Das SchSchmG. geht von der Erwägung aus, baß die Ausnahme einer Schrift in die Schund- und Schmutzliste ein« llb«r die wirt schaftlichen Folgen des Einzelsalles weit hinausgehende kultu relle Bedeutung hat. Es schaltet demgemäß auf diesem Gebiete die freie Ermessenstätigkeit der allgemeinen Polizeibehörden, die — selbst, wo die Vorbildung der Sachbearbeiter es erlauben würbe — im Drange der täglichen vielseitigen Dienstgeschäfte praktisch gar nicht die Möglichkeit haben, die ethischen und ästhetischen Pro bleme, die die einzelne Schrift aufwirft, erschöpfend zu untersuchen, aus und überträgt die Prüfung besonderen Kollegien. In diesen sitzen neben beamteten Personen sachverständige Beisitzer, die den geistig oder wirtschaftlich beteiligten Berufsgruppen entnommen wer den"). Sie sind Reichsbehörden und entscheiden in erster Instanz als Prüfstellen, über denen sich in zweiter Instanz die Oberprüfstelle in Leipzig erhebt. Beide Stellen werden unter der Bezeichnung »Reichsprllfstellen« zusammengefaßt"). Die Reichsprüs st eilen sind keine Gerichte oder Verwal- tnngsgerichte"), aber auch keine gewöhnlichen Verwaltungsbehör den"); sie nehmen vielmehr «ine Mittelstellung ein. Sie sind staat liche Organs besonderer Art. Ihre Rechtsstellung entspricht im wesent lichen derjenigen der — neuerdings auf die Entscheidung weniger Sonöersälle beschränkten — Beschlußbehörden des preußischen Verwallungsrechts. Sie stellt sich dar als polizeiliche Verwaltungs tätigkeit, die in besonderen, quasi richterlichen, durch die Mitwirkung sachverständiger Beisitzer vor bürokratischer Erstarrung gesicherten Können stattfindet. Das Verfahren, in dem die vor den Rcichsprilfstellen an hängig gemachten Sachen erledigt werden, ist durch das SchSchmG. und die zu ihm erlassene Verordnung vom 23. Dezember 1020 (RGBl. S. 1087) nur lückenhaft geregelt. Zur Ergänzung können weder die Bestimmungen der ZPO. noch diejenigen der StrPO. herangezogen werden"). So erklärt es sich, daß unter dem Einfluß der ständig wechselnden Besetzung der Reichsprüfstellen selbst zu den grund legenden Verfahrensfragen eine einheitliche Praxis bislang nicht ent standen ist und selbst die Oberprüfstelle ihre Ansichten häufig ändert. Da das SchSchmG., das bisher als einzige Grundlage der Be kämpfung jugendgefährdender Schriften von erheblicher Bedeutung war, heut« durch die schärfere Waffe des K 7 SchWO. in den Hinter grund gedrängt ist und, wenn es überhaupt wieder zu tatsächlichem Leben erwachen soll, einer völligen Umgestaltung bedarf, erübrigt sich an dieser Stelle ein« ausführliche Darstellung der versahrensrecht- lichen Grundsätze, die von den Reichsprüfstellen bei der Behandlung einzelner Fälle entwickelt worben sind. Es genügt vielmehr, in großen Zügen die wenigen wesentlichen Gesichtspunkte des mehr rechtlich als praktisch zur Zeit noch bestehenden Verfahrens zu er örtern und dabei die Aufmerksamkeit insbesondere auf die Fragen zu lenken, die auch bei einer gesetzlichen Änderung des Verfahrens ihren Wert nicht völlig verlieren werden, wenn sie auch vielleicht in anderer Weise zu beantworten sein mögen. Die Aufnahme in die Schund- und Schmutzliste wird ver anlaßt durch die zuständige Prüfstelle nach mündlicher Ver handlung. Eine vorläufige Aufnahme zur Zeit Ist selbst in den Fällen nicht möglich, in denen von vornherein über die Entscheidung ») Vgl. K 3 SchSchmG. ") Vgl. K S Abs. I SchSchmG.; Hellwig, Jugendschutz gegen Schundliteratur, 1827 Anm. 67. -°) Vgl. Oberprüfstelle sOPSt.) bei Reger, Bd. SO S. 123; Hellwig a. a. O. Anm. 80. ") Das scheint auch die Ansicht Hellwigs a. a. O. Anm. 80 zu sein; anderer Ansicht OPSt. bei Reger Bd. SV S. 123; vgl. auch Matz-Seeger, Kommentar zu Z 2 SchSchmG. Anm. 1. ") Vgl. OPSt. bei Reger Bd. 48 S. 112; Hellwig a. a. O. Anm.84. der Prüfstelle ein Zweifel nicht bestehen kann"). Eine Vorentschei dung des Vorsitzende» gibt es nicht. Zuständig ist die Prüfstelle, in deren örtlichem Bezirk sich der Sitz, d. h. die gewerbliche Nieder lassung des Verlegers der beanstandeten Schrift befindet. Das Verfahren wird eing «leitet durch den Antrag eines der in K 2 Abs. II SchSchmG. genannten Antragsberechtigten, die be rufen sind, im öffentlichen Interesse den Jugendschutz gegen Schund literatur wahrzunehmen. Der Antrag bedars keiner Begründung"). In dem Verfahren wird den beteiligten Verfassern und Ver legern Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Sie erhalten dadurch jedoch keine Parteirolle. Das erstinstanzliche Verfahren endet entweder mit der Ausnahme der Schrift in die Schund- und Schmutzliste oder mit der Ablehnung des Antrags. Die Entscheidung erfolgt ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses, ohne daß aus di« per sönlichen Belange der Beteiligten Rücksicht genommen wird"). Be schließt die Prüfstelle die Aufnahme einer Schrift in die Schund- und Schmutzliste, so ist ihrem Verfasser oder Verleger sowie dem Reich (und jedem deutschen Land) das Recht gegeben, binnen vierzehn Tagen nach Zustellung der Entscheidung einen Antrag gegen die Aufnahme der betreffenden Schrift in die Schund- und Schmutzliste bei der Oberprüfstelle einznbringen. Die Oberprüsstelle wird in diesem Fall wie «ine Beschwerdeinstanz tätig. Hat die Prüf stelle den Antrag auf Aufnahme einer Schrift in die Schund- und Schmutzliste abgelehnt, so kann jeder der Antragsberechtigten — auch wenn er sich an dem bisherigen Verfahren nicht beteiligt hat — binnen zwei Wochen seit dem Tage der Verkündung der Entscheidung Beschwerde an die Oberprüfstelle einlegcn. Dasselbe Recht steht dem Vorsitzenden der Prüfstelle oder zwei Beisitzern derselben zu. Der Begriff des »Schundes« bzw. des »Schmutzes« im Sinne des SchSchmG. ist verschieden von demjenigen des »Unzüchtigen« im Sinn« des NStrGB. oder des »Ärgerniserregenden- im Sinne der RGO"). EntscheidungenderStrafgerichte und der Ge werbepolizeibehörden unter diesen Gesichtspunkten sind daher für die Reichspriifstellen nicht bindend"), wenn sie natürlich auch als Material für die Urteilsbildung eine gewisse Bedeutung haben. Wohl aber sind die Gerichte und Verwaltungsbehörden überall dort an die Entscheidungen der Reichsprüsstellen gebunden, wo sie ihren Akten die »Schund«- oder»Schmutz«eigenschaft im Sinne des SchSchmG. zugrunde legen müssen"). Ist es zweifelhaft, ob eine Schrift als nach°Z 1 SchSchmG. auf die Schund- und Schmutzliste gesetzt zu gelten hat sz. B. bei verschiedenen Ausgaben desselben Werkes), so können Gerichte und Verwaltungsbehörden diese Frage zwar irioicksnter entscheiden, aber nur solange, als ein Beschluß der zu ständigen Prüfstelle zu diesem Punkte nicht ergangen ist"). Ein solcher Beschluß erfolgt in dem sogenannten N a ch v e r s a h r e n "). Dieses kann von jeder beliebigen Stelle oder Behörde, die die Identität zweier Schriften, von denen die eine auf der Schund- und Schmutz liste steht, vermutet, angeregt werden und wird von Amts wegen durchgefiihrt"). Es endet mit der Feststellung der Identität oder der Nichtidentität der vorgelegten Schriften. Die Entscheidungen der Oberprüfstelle sowie die nicht innerhalb der gegebenen Fristen angegriffenen Entscheidungen der Prüfstellen iverden formell unanfechtbar. Sie erwachsen jedoch nicht in m a - terielle Rechtskraft"). An sich könnte daher jederzeit der Antrag aus Streichung einer Schrift in der Schund- und Schmutz liste bei der Oberprüfstelle gestellt und beliebig oft wiederholt werden. Das positive Recht gewährt jedoch, um di« Oberprüfstelle von über flüssiger Arbeit zu entlasten, eine Schonfrist von einem Jahr, die mit der Unanfechtbarkeit der zugrunde liegenden Entscheidung zu laufen beginnt. Innerhalb dieser Jahres ist die Einbringung eines Streichungsantrages nicht zulässig"). Abgelehnte Anträge aus "> Ebenso, wenn auch mit rechtspolitischem Bedauern, Hellwig a. a. O. Anm. 01. -°> Vgl. OPSt. bei Reger Bd. 4« S. 112. "> Vgl. OPSt. bei Reger Bd. 80 S. 123. ") Vgl. zu diesen Begriffen Kliiber a. a. O. S. 48 s.; S. 83 ff. "> Vgl. Hellwig a. a. O. Anm. 82. ") Das ist z. B. der Kall für die Strafgerichte bei Anwendung des § 6 SchSmG., für die Gewerbepolizeibehörden bei der Prüfung gem. 8 1 Abs. I a. a. O. ") Anderer Ansicht Hellwig a. a. O. Anm. 84 u. 71; vgl. auch Matz-Seeger a. a. O. Kommentar zu K 1 Anm. 28, OPSt. bei Reger Bd. SV S. 477. "> Vgl. Hellwig a. a. O. Anm. 71. "> Vgl. Hellwig a. a. O. Anm. 88. "> Vgl. OPSt. bei Reger Bd. 48 S. 413; Bd. SO S. 123; Hellwig a. a. O. Anm. 88. "> Vgl. 8 4 Abs. I S. 3 SchSchmG.
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