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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.09.1934
- Strukturtyp
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- 1934-09-01
- Erscheinungsdatum
- 01.09.1934
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- Deutsch
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X; 204, 1. September 1034. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Auf diese Weise können durch innerdienstliche Regelung die Nachteile der gesetzlichen Zersplitterung des Aufgaben bereichs der einzelnen Dienststellen nahezu ausgeglichen werden. Das kommt im Ergebnis nicht nur der Behördeuarbeit selbst, sondern auch dem Schrifttum und seinen Verbreitern zugute. Denn die Zusammen fassung der Schrifttumsbekämpfung in der Lokalinstanz in einer Hand beseitigt neben überflüssigem und zeitraubendem Verwaltungs- leerlauf die Gefahr, daß dieselbe Schrift von den verschiedenen mit ihr befaßten Dienststellen verschieden gewertet wird. Sie schafft zu gleich eine Stelle, die entscheidet, unter welchen Gesichtspunkten eine etwa erforderliche Verfolgung bestimmter Schriften durchgeführt werden soll. Selbständig neben dem Dezernenten der Verwaltungspolizei steht allerdings, auch wo die Vereinheitlichung in dem vorstehend darge stellten Sinne durchgeführt worden ist, der S o n d e r d e z e r n e n t der Staatsanwaltschaft, der jederzeit nach eigenem Er messen oder ans Anzeige Dritter ein Verfahren ivegen des Verdachts strafbarer Handlungen einleiten kann. In diesem Fall findet zwar auch eine Beteiligung der Kriminalpolizei als Hilfsorgan der Staats anwaltschaft statt, nicht aber des Verwaltungsdezernenten der Orts polizeibehörde, wofern nicht die Staatsanwaltschaft ihn ausdrücklich um eine gutachtliche Äußerung bittet. Es wird zu erwägen sein, ob nicht im Nahmen der Neugestaltung des Schrifttumsrechts eine ge setzliche Vereinheitlichung der Behördenarbeit auf diesem Gebiet er zielt werden kann. Die geschilderte Verwaltnngspraxis bietet zwar noch keine ideale Lösung, aber immerhin Anhaltspunkte dafür, welchen Weg die Entwicklung nehmen könnte. Das Strafverfahren selbst spielt sich in den üblichen Formen ab. Besondere Bedeutung kommt dabei dem sogenannten objek tiven Verfahren zu, das nicht die Verurteilung einer Person, sondern allein die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einer Schrift zum Ziele hat*). Denn, wenn auch der strafbare Charakter derselben zweifellos feststeht, so wird doch vielfach dem Verbreiter die subjek tive Seite des Tatbestandes nicht nachgewiesen werden können. Die gerichtliche Verfolgung ist alsdann auf die Unschädlichmachung der Schrift, also auf das »objektive« Verfahren, beschränkt. Die im Rahmen der normalen Verfolgung strafbarer Handlun gen liegenden Mittel reichen zur Bekämpfung der Verbreitung un züchtiger Schriften nicht aus. Produktion und Vertrieb gerade dieser Literatur sind so weit verbreitet, so wenig an orts- und landes polizeiliche, ja selbst an staatliche Grenzen gebunden, daß ihnen lediglich mit örtlichen Zugriffen wirksam weder beigekommen noch auch nur erheblicher Abbruch getan werden kann. Früh schon machte sich daher das Bedürfnis nach straffer Zentralisation innerhalb des Reichsgebietes und selbst nach internationaler Organi sation des Kampfes bemerkbar"). Diesem Zweck dient das Ab kommen zur Bekämpfung der Verbreitung unzüchtiger Veröffent lichungen vom 4. Mai 1910 (RGBl. 1911 S. 209), dessen Bestimmun gen durch die Internationale Übereinkunft zur Bekämpfung der Ver breitung und des Vertriebs unzüchtiger Veröffentlichungen vom 12. September 1923 (RGBl. 1925, II S. 287) ergänzt und wirksamer ansgestaltct worden sind. Durch das Abkomme» von 1910 verpflichten sich die beteiligten Staaten, zu denen fast alle europäischen und viele außereuropäische Kulturvölker gehören, zur Errichtung je einer Z e n t r a l s a m m e l - stelle. Die verschiedenen Sammelstellen tauschen alles wissens werte Material, insbesondere die einschlägigen Strafnachrichten und die in den einzelnen Ländern bestehenden gesetzlichen Bestimmungen aus und haben im allgemeinen das Recht zu unmittelbarem Verkehr miteinander. Die Übereinkunft von 1923 enthält dariiber hinaus die gegenseitige Verpflichtung zur Ermittlung, Verfolgung und Bestrafung der Hersteller, Verbreiter, Händler und gewerbsmäßigen Vermieter") sowie der Ankündiger und Vermittler von unzüchtigen Schriften. Zuständig zur Verfolgung sind grundsätzlich neben den Behörden des Tatorts auch diejenigen des Heimatlandes des Täters — eine Regelung, die in gleicher Weise für die Bekämpfung des ebenfalls nur international zu erfassenden Mädchenhandels getroffen worden ist?). Die beteiligten Gerichtsbehörden dürfen unter be- *) Vgl. Neichsgerichtsräte-Kommentar zu 8 42 RStrGB.: Löwe- Rosenberg, Kommentar zu 88 439—432 RStrGB.: ferner Allg. Vfg. des Pr. IM. v. 7. März 1933 a. a. O. ") Vgl. hierzu Glasenapp in DJZ. 1925 S. 1311 ff. ") über das für die gewerbsmäßigen Vermieter von Büchern geltende Sonderrecht vgl. Klüber im Börsenblatt 1934 Nr. 29. ?) Vgl. Abkommen v. 18. Mai 1904 (RGBl. 1905 S. 695): Übereinkommen v. 4. Mai 1910 (RGBl. 1913 S. 31): Übereinkunft v. 30. September 1921 (RGBl. 1924, II S. 180). — Man beachte die zeitlichen Zusammenhänge zwischen diesen Verträgen und den jenigen zur Bekämpfung unzüchtiger Veröffentlichungen! 770 stimmten Voraussetzungen unmittelbar miteinander verkehren. Sie sollen in den Fällen eng zusammenarbeiten, in denen die gesetz lichen Tatbestandsmerkmale räumlich in verschiedenen Ländern er füllt worden sind. Beide Konventionen beschränken sich auf derartige, rein organi satorische Maßnahmen. M a t e r i e l l r e ch t l i ch e V o r s ch r i f t e n enthalten sie nicht. Eine Angleichung der einzelstaatlichen Gesetz gebung wird insoweit durch sie nicht erreicht. Die Begriffsbestim mung der »unzüchtigen Schrift« bleibt vielmehr nach wie vor dem innerstaatlichen Recht der Vertragsteile überlassen und entsprechen den Schwankungen unterworfen. Daraus ergeben sich bei der prak tischen Zusammenarbeit recht erhebliche Schwierigkeiten. In Ausführung des Abkommens vom 4. Mai 1910 ist in Deutsch land durch Bekanntmachung vom 12. September 1911 (Zentral blatt f. d. Deutsche Reich S. 507) das Polizeipräsidium Berlin als Deutsche Zentralpolizeistelle zur Bekämpfung unzüch tiger Bilder und Schriften (»Polunbi«) bestimmt worden. Die Auf gaben dieser Stelle sind im einzelnen durch die Ausführungs-Ver ordnung des Preußischen Justizministers vom 7. März 1933 (MBliV. S. 357) geregelt. Bei ihr werden sämtliche Unterlagen über Ein leitung und Ausgang von Verfahren auf Grund des 8 184 RStrGB. gesammelt und zusammengestellt. Die Staatsanwaltschaften sind ver pflichtet, entsprechende Nachrichten dorthin zu geben und drei Exem plare jeder beanstandeten Schrift beiznfügen. Auf Grund ihres umfassenden Materials berät die Zentralpolizeistelle auf Anfrage die örtlichen Behörden, ob die Einleitung und Durchführung von Straf verfahren erfolgversprechend erscheint, und stellt ihnen in dem Po- l n n b i - K a t a l o g ein Verzeichnis aller einschlägigen Gerichts entscheidungen zur Verfügung. Die Vorteile der Zentralisierung treten hier in der erschöpfenden Unterweisung aller Dienststellen über den jeweiligen Stand der Praxis und in der einheitlichen, von der persönlichen Auffassung des zufälligerweise mit einer Sache be faßten örtlichen Beamten unabhängigen Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen klar zutage. Im übrigen wird durch diese Regelung die selbständige Entscheidungsbefugnis der örtlichen Stellen in keiner Weise beeinträchtigt. Denn, da in unserem Strafrecht der Begriff der »relativen Unzüchtigkeit« gilt"), sind die zu treffenden Maß nahmen letzten Endes stets von der nur im Einzelfall möglichen Würdigung der subjektiven Seite des Tatbestandes abhängig. Tie Tatsache, daß in dem amtlichen Katalog Urteile angeführt sind, die den Verbreiter einer bestimmten Schrift nach 8 184 RStrGB. schuldig gesprochen haben, berechtigt daher keinesfalls zu der Erwartung, daß auch in jedem weiteren Verbreitungsfall eine Verurteilung erfolgen wird. Ebensowenig läßt sich aus einem freisprechenden Urteil ohne weiteres folgern, daß auch in anderen Vcrbreitungsfällen die Un züchtigkeit der Schrift verneint werden wird. Der Katalog liefert insoweit nur Anhaltspunkte. Ausschlaggebend wird sein Inhalt je doch dort, wo er die Kenntnis von Urteilen auf Einziehung oder Un brauchbarmachung einer Schrift vermittelt. Denn, mag auch der Ausgang jedes neuen Strafverfahrens wegen der stets verschiedenen subjektiven Seite des Tatbestandes zweifelhaft sein, so muß die ein mal ausgesprochene Beschlagnahme der Schrift selbst doch in Durch führung des vorliegenden rechtskräftigen Urteils unter allen Um ständen erfolgen. Die überörtliche Verbreitung der Druckschrift führt leicht zu einem unabhängig voneinander erfolgenden Einschreiten verschiedener Strafverfolgungsbehörden. Eine solche Parallelität ist uner wünscht, nicht nur wegen der überflüssigen Doppelarbeit, die sie hervorruft, sondern auch wegen der Gefahr entgegengesetzter Ent scheidungen. Grundsätzlich ist daher der Strafverfolgungsbehörde des Erscheinungsorts der Vorrang gelassen"). Bei einer Konkurrenz der Behörden verschiedener Verbreitungsorte übt die Zentralpolizeistelle eine vermittelnde Tätigkeit aus, indem sie auf Anfragen Auskunft erteilt, ob und wo zur Zeit wegen derselben Schrift ein Verfahren anhängig ist. Durch die Eiurichtung der Zentralpolizeistelle ist in vielfacher Beziehung der Staatsgewalt eine wirksame Waffe in die Hand ge geben, mit der sie unerwünschten Erscheinungen auf dem Gebiet der erotischen Literatur und den Auswüchsen eines auf die niedrigsten Instinkte spekulierenden »Auchverlegertums« wirksam begegnen kann. Zugleich aber bedeutet die Einrichtung der Zentralpolizeistelle in gewisser Weise einen Schutz des künstlerisch schaffenden Schrift stellers dort, wo sein Sujet die Darstellung erotischer Vorgänge mit sich bringt. Tenn die durch manche Enttäuschungen gewitzigte, lite rarisch bewanderte Zentralpolizeistelle soll und wird mit warnendem Ratschlag örtliche Behörden zurückhalten, wo sie in blindem Eifer ") Vgl. Binding in Zeitschr. f. d. ges. Strafrechtswissenschaft Bd. 2 S. 468: Klüber in Arch. d. öff. Rechts Bd. 25 S. 48. «) Vgl. Allg. Vfg. des Pr. Just.Min. v. 7. März 1933 a. a. O.
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