Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.08.1919
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1919-08-19
- Erscheinungsdatum
- 19.08.1919
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19190819
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191908191
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19190819
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1919
- Monat1919-08
- Tag1919-08-19
- Monat1919-08
- Jahr1919
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Der literarische Plebejer // H I berhaupt will ich die Sympathien und Antipathien der niederen Klaffe einmal zur Sprache bringen. Die Gelehrsamkeit, Vornehmheit und Bildung hat lange genug allein das Wort geführt; die Reihe muß auch einmal wieder an den schlichten, gesunden Menschenverstand in seiner natürlichen Derbheit kommen. Überall herrscht Verstimmung, Mißmut, Unbehagen; olles ist zeit krank und klagt über Weltschmerzen, hat politische Grippen und Gesinnungsfieber. Nie ganze Literatur hat Trauer angelegt, und seit geraumer Zeit sieht man nur brave und wohlmeinende Hrraklite über die Zeit weinen. Endlich dars schon einmal wieder rin stdeler Heraklit erscheinen, um über alles zu lachen. Wahrlich! was ich dabei wage, ist so sehr viel nicht. Meine anständigen und vornehmen Herren Kollegen können höchstens die Nase über mich rümpfen und sprechen: „psui über diesen Plebejer!" Wohlan: ich will der literarische Plebejer sein. Durch dieses einzige Wort gewinne ich ein großes Recht. Seit Jahren geschieht alles für das Volk und zuliebe, zum Besten, zunutze des Volkes. Endlich muß einmal ein Plebejer sagen, was er davon abbekommen, wie es ihm geschmeckt hat und ob er mehr verlangt. In der Tat aber gibt es nichts Lustigeres als eine trauernde Literatur. Zwar will ich nicht in Abrede st'llen, daß der einzelne Literat,wenn ernichts als Literat tst,nichtRecht haben sollte, zu trauern. Aber die Trauer einer ganzen Literatur in corpore ist lächerlich. Das Volk kann keinen Luxus machen. Aber der Dichter gehört dem Volke; der Schriftsteller bleibe der Ration treu, welche ihm die Presse ersand. Und der deutsche Schriftsteller ist seinem Volke unentbehrlich wie das liebe Brot; das Volk verlangt psnem et ctrcenses, die Schriftsteller sind seine cireenses. Rur eine Kunst ist wertvoll und wohlfeil zugleich, für den Armen ebenso zugänglich wie für den Reichen. Rur eine Kunst ist sür den Kenner und den Laien, für den Fürsten und den Bauern. Wie die Ratur ist sie schön und heiter sür alle; wie die Sonne scheint sie für alle, und sie ist die Sonne, sie ist phöbus Apollo. Es ist die Kunst des Dichters. Das Buch kostet ebensoviel tm palaste des Reichen wie in der Hütte des Bettlers; das Buch ist sür alle. Das Buch gehört nicht nur dem Besitzer; er hat es auch sür Frau und Kinder, sür seine Rschbarn, sein Hausgesinde, seine Freunde und Gäste. Ein jeder kann Genuß und Belehrung daraus schöpsen, und der Besitzer wird nicht ärmer. Aber ein Buch sür das Volk soll auch keinen vorübergehenden Genuß gewähren. Es soll nicht wie der Blitz, sondern wie der Magnet wirken. Der genußsüchtige, übersättigte Reiche liest, um zu vergessen, und das gelesene Buch ist ihm eine ausgerauchte Zigarre, ei» ausgetrunkenes Glas Wein, der Arme will Rachhaltiges, Dauerndes. Er kann seine Genüsse nicht ost wiederholen, noch weniger wechseln. Er will Bedeutende« und Dauerndes. — — Also keine Volksbücher von Halbwissern, die ihr Talent geltend mschen wollen, weil wir gar nichts wissen; keine Volksbücher von Predigern, die ihren Einfluß auf der Kanzel verloren haben und ihn durch die Presse wiedergewinnen wollen. Keine Volksbücher von Vereinen, die uns die geistige Rührung wie das Brot vor schneiden. Rein! Volksdichter, die uns unterhalten und belustigen. Wollt ihr das nicht? Wshlan! meine Religion ist nicht die eurige. Betet ihr den Zeitgeist an. Ich sage: der einzige, wahre, ewige Gott ist der Gott meiner Väter, der deutsche Volksgetst. — Seid ihr Blitz, Ich werde Magnet sein! — Schreibt ihr Zeitungen, Ich werde Bücher schreiben. Bleibt ihr anständig, vornehm und gebildet, Ich bleibe der literarische Plebejer. Von Geburt «in Plebejer, ist meine Gesinnung mir angeboren, und niemand kann sie verdächtig machen. Rur durch Genie und Talent kann ich mich als Schriftsteller behaupten, und tm Ramen de« Volkes und sür das Volk will z ich die Willkür des Genies, den Übermut des Talentes rechtfertigen gegen meine Mitliteraten. Al« wir Knaben waren, die Literaten und ich, waren sie feiner Leute Kinder und ich ein Straßenjunge. Ihre Eltern sagten ihnen!: Gebt euch nicht mit den Straßenjungen ab, »der ihr verderbt euch eure guten Kleider. Jetzt sind wir herangewachsen; sie sind Literaten und wir Volk, und die Literaten geben sich jetzt mit uns ab und wollen uns bilden, belehren und «ufklären. Wir haben nicht viel, aber wir haben doch den eigenen Hof und Herd, wo wir unabhängig und selbständig sind, und es gibt immer noch Menschen, aus die wir mit Verachtung blicken, nämlich auf die Bedienten und Lakaien. » » * Sie werden es seltsam finden, daß ein junger Autor sein Erst lingswerk mit solch einem offenen Brief an seinen Verleger begleitet. Aber ich will keine Geheimnisse haben; ich will mich geben, wie ich bin; ich will der literarische Plebejer sein. Meine Devise ist: Es lebe der deutsche Geist! Wo steht öas! 2 Im Nachwort zum lIS4S erschienenen, jetzt neu gedruckten) Noman „Schief Levinche mit feiner Ralle" oüer polnijche Wirtschaft Ein komischer Noman von Hermann Schiff. 2. Auflage. Mit einer empfehlen-en Erklärung von Heinrich Heine Preis: Geh. M. S.—, geb. M. 7.— orS. Hoffmann L Eampe ^ Verlag ^ Hamburg ^ Gerlin Gerlkn SW II, Schöneberger Ufer 25 — Telephon: Lützow 6919
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder