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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.12.1925
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- 1925-12-01
- Erscheinungsdatum
- 01.12.1925
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- Deutsch
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ringere als im wissenschaftlichen. Jeder Gebildete hat zu dem Buche, das von ersterem geführt wird, an und für sich ein viel näheres Verhältnis, schon auf Grund seiner Schuljahre. Und nun gar, ivenn er z. B. aus der Literatur, der Philologie, der Philosophie oder -Geschichtswissenschaft kommt; da war doch schon bisher das Buch sein Lebensinhalt. War aber — im Gegensatz dazu — jemand Chemiker oder Zoologe, so >oar ihm das Buch viel weniger, es war ihm doch nur eine Brücke zwischen dem Gegenstand seines eigentlichen Interesses und seinem Ich. Auch die Tatsache spielt mit, der man sich nicht verschließen kann, daß es weit schwieriger und wohl auch kostspieliger ist, heute ein bedeutendes Lager wissen schaftlicher Literatur, das ja nach dem oben Gesagten sich der Vollständigkeit nähern müßte, zusammenzubringen als ein aus gewähltes Lager bibliophil geschätzter Bücher. — Endlich ist auch die relative Verborgenheit, in der das wissenschaftliche Antiquariat im Gegensatz zum bibliophilen lebt, und von der noch zu sprechen sein wird, von Einfluß und den Zuzug hindernd. Und so wird auch das pekuniäre Erträgnis, weil dieses dem bibliophilen Geschäft viel augensichtlicher zuzufließen scheint, eine neue Lockung, sich ihm zuzuwenden. So sehen wir denn wiederum als Ergebnis dieser Verschieden heiten eine neue: die Übervölkerung des bibliophilen Antiqua riats — oder, wenn man die vorhergehende Tätigkeit dieser jungen Antiquare in Betracht zieht — eine Überfremdung dieses Standes. Nur eine Stimme gibt es darüber, daß gerade in den Jahren nach dem Kriege eine ganz -beängstigende Fülle neuer Geschäfte, hauptsächlich in den Zentralen des Buchhandels, in Berlin, Leipzig und München, entstanden ist. Junge Leute, die das Glück hatten, eine Bibliothek zu erwerben, die ja in diesen Zeiten der Not häufiger als früher auf den Markt kommen (vor dem Kriege war die Veräußerung von Büchersammlungen zu Lebzeiten des Besitzers eine Ausnahme), machten sich selbständig in der Hoff nung, daß dieses Glück ihnen iveiter blühen und daß die günstige Konjunktur auch andauern werde. Die Aussichten für diese Zwerg betriebe sind, da keine der beiden Voraussetzungen zutrifft, trübe; und das große Sterben hat bereits begonnen. Und demgegenüber ist nun -das Ausfallende, was allerdings nach dem oben Gesagten doch wieder nicht allzusehr überraschen kann: Keiner von den Hunderten dieser Herren hat sich dem wissenschaftlichen Anti quariat zugewandt. Alle haben vor den geschilderten Schwierig keiten und vor der Unbekanntheit gescheut, sodaß jeder wissenschaft liche Antiquar bestätigen muß, daß der Wettbewerb jetzt kein schärferer geworden ist, als er vor dem Kriege war, und jeder, der die Verhältnisse kennt, Zugaben muß, daß die Aussichten in diesem Beruf, in -dem so gut wie kein Nachwuchs — ob selbständig oder nicht — vorhanden ist, nicht schlecht sind und jedenfalls weit günstiger als diejenigen, die das bibliophile Antiquariat bietet, sowie eine große Zahl anderer Berufe. Allerdings muß der Kan didat Bedingungen erfüllen, die da heißen: Intelligenz, Fleiß, Exaktheit, Liebe zum Buch. Es ist einer der wenigen Berufe, in dem Vermögenslosigkeit keine Hemmung für das Emporsteigen ist. Beispiele sind vorhanden. Aber noch weitere Unterschiede sind zu vermelden. Das bibliophile Antiquariat hat sich in steigendem Maße dem Auktions wesen gewidmet, das ihm in seinen Uranfängen ebenso ferne stand wie dem wissenschaftlichen; in letzterem ist cs Ausnahme. Ja, man kann sagen, daß ein wissenschaftliches Antiquariat, das seine Bestände oder Bibliotheken, die es erwirbt, von Zeit zu Zeit zur Versteigerung brächte, seinem Rufe schaden würde. Ob es, vom kaufmännischen Standpunkt aus gesehen, vorteilhafter wäre, eben falls dieser Praxis zu folgen, läßt sich -schwer entscheiden. Tat sache ist ja, daß wir sehen, daß in günstigen Zeiten der Preis be sonders von Seltenheiten in Versteigerungen häufig genug ein weit höherer ist als derjenige, der durch Anzeige in Katalogen er zielt werden kann; und auch das Moment der strikten Barzahlung spielt ja — -besonders heute — eine überragende Rolle. Aber Auktionen von wissenschaftlichen Lagern würden deren Vollständig keit herabsetzen, die, wie wir ja gesehen haben, gerade eine sehr zu erstrebende Eigenschaft des wissenschaftlichen Antiquariats blei ben muß, während sie bei bibliophilen Lagern keine solche Rolle spielt. Es ist auch -bemerkenswert, daß das Ausland — mit Aus nahme von Italien mid Holland — solche Auktionen durch die Buchhändler kaum kennt. Diese werden in anderen Ländern nur von Auktionatoren, die keine Buchhändler sind, vorgenommen, und besonders das -berühmte Pariser Haus und die zwei großen, sehr alten Londoner Bücher-Auktionatoren sind bekannt. (Ob und wie hälftig sich hinter diesen Auktionen Antiquariate mit ihren Lagern verstecken, die ihre Bestände veräußern wollen, kann aller dings ein Fernstehender nicht beurteilen.) Ich glaube nicht, daß ein großer französischer öder englischer bibliophiler Antiquar - im Gegensatz zum deutschen — den Weg der Auktion öffentlich je beschritten hat. Man muß jedenfalls aus der außerordent lich gestiegenen Zahl von deutschen Auktionen und -bibliophilen Antiquariaten, die sie veranstalten, schließen, daß letztere damit besser ihre Rechnung finden; und diese Versteigerungen wirken auch indirekt, indem sie dem betreffenden Geschäft Publizität ver schaffen. — Es ist nun eine Folgeerscheinung der letzteren, die hauptsächlich aus dem Wege der Zeitungsanzeige und Besprechung wandelt (spaltenlange Artikel pflegen zu berichten), daß das bi bliophile Antiquariat in großen Kreisen weit -bekannter und — soweit dies bei dem immer noch vorhandenen Mißtrauen der Käuferwelt gegen das Antiquariat möglich ist — angesehener ist als das wissenschaftliche. So steht auch der bibliophile Antiquar viel mehr in der Öffentlichkeit als jener und hat viel mehr Zusammen hang mit Behörden, mit der Fach- und Tagespresse, den gesetz gebenden Körperschaften usw. Und er ist es auch, der, trotzdem dem Antiquariat im Gegensatz zum Verlag und zum Sortiment eine wirksame -Gesamtorganisation mangelt, unter Ausnutzung dieser Zusammenhänge so manches für -die Hebung des Standes getan hat. Auch in den kleinen Vereinen, die das Antiquariat gebildet hat, spielt das bibliophile, schon weil es numerisch das große Übergewicht hat, -die Hauptrolle. Allerdings — und das ist die Kehrseite der Medaille — ist der bibliophile Antiquar (Ur sache oder Wirkung mögen schon die Auktionen sein) viel weniger widerstandsfähig gegen eine allzu kaufmännische Auffassung des Berufes. Es gibt große bibliophile Geschäfte, die weit mehr als dies bei irgendeinem wissenschaftlichen der Fall ist und sein kann, reine Bücherkäufer und -Verkäufer geworden sind, und bei denen das Agens, das uns -den Beruf schätzenswert macht: die Liebe zu-m Buche, doch recht in den Hintergrund gedrängt ist. Ein weiterer Unterschied ist auf der Taffache basiert, daß das wissenschaftliche Antiquariat urdeutsch ist, allerdings nicht etwa im völkischen Sinne. Turmhoch stehen unsere großen Firmen, schon in ihren vorbildlichen Katalogen, über denen des Auslandes, soweit diese nicht ebenfalls deutsche Gründungen sind. Ich habe einmal übertreibend gesagt: »Nachdem wir keine Leutnants mehr haben, bleibt uns immer noch unser wissenschaftlicher Antiquar, den uns -die Welt nicht nachmachen kann«. Es ist kein leerer Wahn um die deutsche Gründlichkeit und den liebevollen Hang zur Kleinarbeit, die sogar den sonst noch mächtigeren eines leichteren Gelderwerbes überwinden kann. Nun stehen wohl auch die deutschen biblio philen Antiquare in der Welt in erster Linie, aber die franzö sischen und englischen alten Firmen machen ihnen den Rang streitig; und wer heute eine seltene Inkunabel erwerben will, wird sich nicht bloß nach Berlin, Leipzig, München wenden, wie es der englische Forscher tun wird, der eine seltene englische wissen schaftliche Broschüre braucht. Die größten wissenschaftlichen Anti quariate -sind in Deutschland, aber nicht die größten bibliophilen. Was Rosen-bach in Philadelphia in wenigen Jahren, aller dings auf rein kaufmännischer Basis, in seinem Handel mit bibliophiler Literatur erreicht hat, dagegen verschwindet an Um fang alles, was in Deutschland in derselben Frist geschaffen wor den ist. Ich glaube nicht, daß Wesentliches gegen meine Ausführungen eingewendct werden kann, die also die seltsame und weit mehr als den kleinen Kreis der Beteiligten interessierende Tatsache beweisen sollen, daß eine scharfe Zweiteilung innerhalb dieses so engen Be rufes herrscht. Ich erwarte aber, daß entgegnet werden wird, daß ich hier oder dort übertrieben hätte, daß also die Gemeinsam keit der beiden Zweige eine weit stärkere wäre, als von mir be hauptet wird. Dagegen rufe ich eine klassische Zeugin auf: die Geschichte des letzten Jahrzehntes. Diese Zeugin -spricht unbe einflußt und klar. Als der Krieg ausbrach, lähmte in Deutsch land ein Stupor jedes Geschäft — nicht in letzter Linie -den Buch-
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