Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.09.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1933-09-19
- Erscheinungsdatum
- 19.09.1933
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19330919
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193309192
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19330919
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1933
- Monat1933-09
- Tag1933-09-19
- Monat1933-09
- Jahr1933
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
X? 218, 19. September 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Gutenbergs die Möglichkeit einer mechanischen Vervielfältigung gegeben war, da bedeutete dies eine solch ungeheure Umstürzung des gesamten geistigen Lebens, wie wir sie uns heute gar nicht mehr vorftellen können. Je mehr nun aber die Buchproduktion anschwoll, desto größer war der Kreis derer, die am Leben des Buches von seiner Herstellung in der Druckerwerkstatt bis zu seiner Beisetzung in den Bibliotheken teilnahmen, druckend, verkaufend, sammelnd, mitteilend, je nach Eignung oder Neigung. Der Ver- leger-Drucker-Buchhändler der ersten Zeit, wie er in den Persön lichkeiten der Gutenbcrg-Schüler Fust und Schösser so gut aus geprägt war, zerteilte sich den wachsenden Ausgaben entsprechend in den Verleger, der das Druckwerk finanzierte, den Drucker, der in seinem Auftrag das Buch herstellte, und den »Buchführer-, der die Bücher in Fässern verpackt im Auftrag des Verlegers bzw. Druckers durch die L..nde »führte« und verkaufte und aus dem schließlich der seßhafte Sortimenter wurde. Einen festen Ladenpreis gab es anfangs noch nicht, der Buch- sührcr verkaufte so teuer als er konnte, und als die Messen einmal feste Einrichtungen geworden waren, zunächst zu Frankfurt a M., dann in Leipzig, da vcrstach man die Bücher, das heißt man tauschte sie nach ihrer Bogenzahl aus. Öffentliche Büchereien im heutigen Sinn gab es noch nicht. Wohl gab es schon vom Mittelalter her städtische Büchereien, Domkapitel- und Kloster-Bibliotheken, wohl besaßen die mittelalterlichen Universitäten schon zur Handschristen zeit ihre Stationarii und Librarii, die Handschriften abschrieben und an die Studenten ausborgten, wohl gab es von alter Zeit her aus hellenisch-römischer Tradition Privatbibliotheken von Gelehr ten und Bibliophilen, wohl schufen der Ehrgeiz und die Prunksucht der Renaissancefürsten die durch ihre Kostbarkeiten heute berühm ten »Hofbibliothekcn«, — öffentliche Büchereien aber gab es erst viel später, die erste in Frankreich in Paris, wo der Kardinal Mazarin seine mit ungeheuren privaten Mitteln aufgcbaute Bi bliothek dem allgemeinen Gebrauch öffnete. Aber erst im 18. Jahr hundert drang der Gedanke der öffentlichen Büchereien allgemein durch und der Alte Fritz gehört mit zu denen, die in der Zeit der Aufklärung den Gelehrten die königlichen Büchersammlungen zur Benützung frcigabcn. Von dem Augenblick an aber, wo Bibliotheken eine allgemeine Einrichtung wurden, wo sie aus dem Bannkreis des Privaten heraustraten in die geistige und wirtschaftliche Wirk lichkeit, da entstanden wirtschaftlich und geistig bedeutsame Bezie hungen und Spannungen zwischen ihnen und dem Buchhandel. Wer die Geschichte des deutschen Buchhandels wenigstens in den Grundzügen kennt, der weiß, wie diese Beziehungen mit dem An wachsen der Büchereien, mit dem Aufkommen der Volksbüchereien und Leihbüchereien immer gegensatzreicher und problematischer wurden, der weiß auch — und damit stehen wir schon bei der neuesten Zeit und haben die Konsolidierung des Buchhandels im Börsenverein, die vor über hundert Jahren zur Tat wurde, und alle die internationalen Abmachungen und staatlichen Verordnun gen, die im Laufe des 19. Jahrhunderts die Buchhandelsprobleme regelten, übersprungen — der weiß auch von dem scharfen Kampf zwischen Bibliotheken und Hochschule einerseits und dem Buch handel andererseits, der um und nach der Wende dieses Jahr hunderts ausgefochten wurde und sich vor allem um den Kunden rabatt, speziell den Bibliothekenrabatt, drehte. Dieser Streit, der bis heute noch nicht endgültig ausgetragen ist, wenn er auch zur Ruhe kam, bezeichnet die Sphäre des rein Wirtschaft lichen, in der die Gegensätzlichkeit Bücherei — Buchhandel sich abspielte, er ist zugleich symptomatisch für die Verfilzung alles Lebens und Geschehens in wirtschaftlichen Gedankengängen, die das verflos sene Jahrhundert des bürgerlich-liberalistischen-marxistischen Den kens kennzeichnen. Und damit stehen wir an der Schwelle der unmittelbaren Ge genwart, die uns unter den Bannern der nationalsozialistischen Revolution und der deutschen Erhebung einen völligen Umsturz unseres weltanschaulichen Denkens gebracht hat, die uns gelehrt hat, unser Leben nicht mehr von der materiellen Seite her aufzufassen und danach zu führen, sondern es nachdenbi alo gischen, d. h. lebensmäßigen Tatsachen und Ge gebenheiten zu begreifen und neu zu ordnen. So ersteht uns jetzt die Pflicht einer gewissenhaften Umschau um uns, 704 die Pflicht, das bei solcher Umschau Erkannte ln seinen Lebens werten funktionsgemäß uns als Aufgabe zu setzen. Wenn wir bei dieser Umschau uns auf den Rahmen unseres Ausblicks auf Büchereien und Buchhandel beschränken, so finden wir auf der einen Seite die ausgeprägten drei Typen von Büche reien: diewissenschaftlicheBibliothek, dieVolks- bücherei und die Leihbücherei, auf der anderen Seite die beiden ebenso ausgeprägten Funktionsformen des Buchhandels: den Verlag und das Sortiment. Lassen Sie mich bei der folgenden Einzelbetrachtung in der Reihenfolge Vorgehen, die mir durch meine bibliothekarische Vergangenheit vorgezeichnet zu sein scheint, und mit der Betrachtung des Wesens der wissenschaftlichen Bibliothek und ihrer Aufgaben im Buchleben des Volkes beginnen. Die wissenschaftliche Bibliothek sammelt im Rahmen ihrer Mittel, die zumeist aus dem Staatssäckel fließen, die gesamte Buchproduktion, oder soviel sie nur eben davon erreichen kann, und stellt sie der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung. Sie arbeitet nicht für den Tag, sondern dient den Jahrhunderten. Sie sammelt (bzw. sammelte) ohne künstlerische oder sittliche Wer tung alles ihr erreichbare (Hand- und) Druckschriftenmaterial und stellt es der Forschung zur Benützung für heute, morgen und über morgen zur Verfügung. Sie entwuchs, historisch gesehen, dem Schaustellungsbedürfnis absoluter Fürsten und war Jahrhunderte hindurch privilegierter Bezirk bibliophiler Neigungen und stuben hockender, selbstzwecklicher Forschung. Sie ist heute noch das In strument selbstlosen Gelehrtenfleißes und emsiger Studicrstuben- tätigkeit, ist Schulungsstätte eines auserwählten Kreises, einer kleinen Elite. Ihre Wirkung auf das Volk ist so nur indirekt und geschieht durch die ewig wiederholte Erschließung der in ihr aufgestapelten Schätze der Vergangenheit, der in ihr gesammelten Zeugnisse des menschlichen Geistes. Die Beschränkung ihrer direkten Wirkung auf und in einer geistigen Elite machte sie vielfach zu einer Einrichtung einer bevorzugten, abseits vom Volkelebenden Kaste; ihre Aufgabe der Überlieferung des gesamten Gutes menschlichen Geistes forderte ihre internatio nale Zielsetzung. Und so mußte und konnte sie auch leicht die in ihr tätigen Menschen zu einer volksfrem den und internationalen Haltung verlocken. Die Volksbücherei dagegen verfolgt andere Ziele. Sie will in die Breite wirken, sie hat pädagogische Absichten. Sie will belehren und unterhalten und durch beides erziehen, will durch Vermittlung der im Buche liegenden Wissensstoffe und Lobens werte diese Werte in menschliche Hirne und Seelen Pflanzen. Sie pflegt daher das belehrende und unterhaltende Buch; sie sammelt nicht wahllos alles erscheinende Schrifttum, wie die wissenschaft liche Bibliothek in Erfüllung ihrer Forschungszweckc es tun muß: sondern sie wählt aus, sic trennt die Spreu des Nichtigen von dem Weizen des Gehaltvollen, sie scheidet aus und wertet. Sie dient, wie ihr Name sagt, dem Volke, sie ist im wesentlichen daher ein Erziehungs-Institut. Sie entstand, geistesgeschichtlich ge sehen, aus dem Bildungsbegehrcn des im Laufe des 19. Jahrhun derts durch die Industrialisierung seinem Volkstum und dessen geistiger Tradition entfremdeten Arbeiterstandes, der nicht die Mit tel besaß, eigene Bücher zu kaufen, der eine Stätte brauchte, wo er an das durch den Einbruch der Technik zerrissene Band der Bil dungstradition wieder anknüpfen konnte. War sie, dieser Herkunft entsprechend, zunächstofteinJnstrumentdesKlassen- kampfes — die vielen marxistischen Schriften, die jetzt bei der Säuberung der Volksbibliotheken entfernt werden mußten, sind Zeugnis dafür —, so entfaltete sie sich doch allmählich zu einem allgemeinen Volksbildungsinstitut, das unter geschickter Leitung und Führung hohe volksbildncrische Auf gaben zu erfüllen vermochte. Sie arbeitet meist mit kommunalen Mitteln und wird so zum Mittelpunkt städtischen bzw. auch dörf lichen Bildungswillens und Bildungsarbeit. Die Leihbücherei dagegen entsprang privatwirtschaft licher Initiative. Sie ergänzte die Volksbüchereien — denen meist die Mittel fehlten, um die Literatur des Tages lausend anzuschafsen —, indem sie das gerade erschienene Schrifttum dem lesehungri gen und nach der Sensation der literarischen Tagesneuigkeiten be gierigen städtischen Lesepublikum zu erschwinglichen Mietpreisen vermittelte, und wurde zum Werkzeug einer wesentlich dem Augen-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder