Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.08.1933

fährdet und der Verleger geschädigt. Ich weiß wohl, daß von seiten mancher Verleger auf diesem Gebiet schwer gesündigt ist. Da muß und kann jetzt anders durchgegriffcn werden. Ich beschränke mich, aus meinen Erfahrungen heraus und als einer, dem es ein halbes Jahrhundert am Herzen gelegen hat, Verlag und Sortiment als auf Gedeih und Verderb zusammengehörig zu betrachten, Bausteine zur Neuordnung herbeizutragen. Den para- graphenmäßigen Ausgleich zu finden muß ich dem heutigen Geschlecht überlassen. Göttingen. vr. W. Ruprecht. 180 3ahre Wilhelm Draumüller, Wien. Die Geschichte der Firma Wilhelm Braumüller Universitäts- Verlagsbuchhandlung in Wien reicht bis zum Ende des 18. Jahr hunderts zurlick. Ihr Ursprung liegt in der 1783 in Wien gegründeten Verlags- und Sortimentsbuchhandlung R. v. Moesles Wwe., in die am 1. Januar 1836 Wilhelm Braumüller und Ludwig Wilhelm Seidel als Gesellschafter eintraten. Wilhelm Braumüller wurde am 19. März 1807 als Pfarrerssohn zu Zillbach in Thüringen geboren. Der frühe Tod des Vaters im Jahre 1820 brachte die Familie in drückende Not und veranlaßte den damals erst 11jährigen nach Eisenach zu wandern, wo er in der Baereckeschen Buchhandlung als Lehrling Aufnahme fand. Da er kein Lehrgeld zahlen konnte, mußte er sich auf fünf Jahre verpflichten. Gelegentlich der Leipziger Messe wurde er dem Wiener Buchhändler Carl Gerold vorgestellt, der Gefallen an dem begabten jungen Manne fand und ihm eine Gehilfenstellung in seinem Unternehmen anbot. Vom Frühjahr 1826 bis 31. Dezember 1835 war Wilhelm Brau- müllcr bei ihm tätig, machte sich am 1. Januar 1836 selbständig und trat gemeinsam mit seinem Freund L. W. Seidel in den rechts- und staatswissenschaftlichen Verlag N. v. Moesles Wwe. ein, der nunmehr N. v. Moesles Wwe. L Braumüller firmierte. Schon vier Jahre später übernahmen beide das Geschäft ganz und erweiter ten unter der neuen Firma Brau Müller L Seidel die Ver lagstätigkeit auch auf andere wissenschaftliche Gebiete. Am 2. Sep tember 1848 wurde die Gesellschaftsfirma aufgelöst, der damals aus etwa 150 Werken bestehende Verlag geteilt und die beiden Einzel- vcrlage Wilhelm Braumüller und L. W. Seidel gegründet. Von da ab datiert der gewaltige Aufschwung, den der Verlag Wilhelm Braumüller nahm und der ihn dank der hervorragenden Eigenschaften seines Gründers zu einer der angesehensten Unternehmungen in Österreich und Deutschland machte. Braumüller verstand es, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts zu großer Blüte gelangende medizinische Schule der Wiener Universität in enge Verbindung zu seinem Verlag zu bringen und Gelehrte von Weltruf, so Heitzmann, Hyrtl, v. Langer u. a. verlegten ihre Werke bei ihm. In den folgenden Jahrzehnten traten die bedeutendsten Inhaber medizinischer Lehr kanzeln, wie Dittrich, Hochenegg, Toldt u. a. hinzu und erweiterten den Umfang des Verlages durch Handbücher, Sammelwerke und Zeit schriften. Neben der Medizin wurden aber auch Philosophie, Philo logie, Theologie, Geschichte und Volkswirtschaft gepflegt. Im Jahre 1877 zählte der Verlag bereits weit über 1000 Werke. Auch dem Ausbau der Sortimcntsbuchhandlung wurde besondere Aufmerksam keit geschenkt. Wilhelm Braumüller wurde zum k. k. Hof- und Uni versitäts-Buchhändler und zum Ehrendoktor der Universität Würz burg ernannt und 1871 anläßlich seines goldenen Berufsjubiläums in den erblichen Adelsstand erhoben. Als er am 25. Juli 1884 nach einem rastlosen und erfolgreichen Leben verschied, war der Name Braumüller und sein Wahlspruch »?er nvetem ack Iiroem« zu einer Qualitätsmarke geworden. Wilhelm v. Braumüller, sein gleich namiger Sohn, der nunmehr die Leitung des Geschäftes übernahm, folgte ihm schon fünf Jahre später, am 30. Dezember 1889 in den Tod. Besitzerin war bis 1893 Wilhelmine Edle v. Braumüller und deren Kinder. Am 1. Januar 1894 traten die Enkel des Gründers Adolf und Rudolf v. Braumüller als öffentliche Gesellschafter ein. Die Verlagstätigkeit umfaßte nach wie vor die wichtigsten Gebiete der Wissenschaft. Besonderen Erfolg hatten die Sprachlehrbücher von Mnssafia, von Weinhold und von Zupitza-Schipper. Im Jahre 1915 wurde die Sortimentsbuchhandlung abgetrennt und der Verlag von einer G. m. b. H. übernommen, an deren Spitze seither Herr Kom merzialrat Friedrich Jasper, Inhaber der bekannten Wiener Großbuchdrnckerei, steht Die Leitung des Verlages hat Herr Ha rald Leithe-Jasper als geschäftsführender Direktor inne. Diese Veränderungen waren mit einer tiefgehenden Umstellung in der Verlagstätigkeit verbunden. Die früher besonders stark gepflegte Medizin trat immer mehr zurück, dafür wurde den Geisteswissen schaften und aktuellen politischen und wirtschaftlichen Problemen be sondere Aufmerksamkeit geschenkt. Im Jahre 1918 kam Oswald Spenglers Untergang des Abendlandes erstmalig heraus und auf dem Gebiete der Philosophie und Psychologie wurden grund legende Werke von Reiniger, Siegel und Stöhr veröffentlicht. Im Jahre 1929 begann die große dreibändige Geschichte Deutschöster reichs von N. F. Kaindl und H. Pirchegger zu erscheinen. Zu den Vcrlagsautoren der letzten Zeit zählen ferner die Germanisten Arnold, Brecht, Cysarz und Kindermann, die Soziologen Toennies und Vierkandt und der bekannte französische Völkerpsychologe Prof. Levy-Bruhl. Im Jahre 1927 wurde die Monatsschrift »Nation und Staat« als Zentralorgan der deutschen Minderheiten Europas gegründet. Im Anschluß daran hat der Verlag eine große Anzahl von Werken veröffentlicht, die sich mit aktuellen politischen Fragen der Nachkriegszeit, vor allem mit dem Minoritätenproblem und der großdeutschen Frage beschäftigen. Der wie oben erwähnt im Jahre 1915 unter der Firma Wil helm B r a u m ü l l e r L Sohn abgetrennte Sortiments betrieb wurde am 1. Juli 1919 von Herrn Hans Sachsel übernommen, der ihn bis 1. Juli 1932 als Alleininhabcr geführt hat. In diese Zeit fällt die Gründung eines bibliophilen Antiquariats, das eine ganze Reihe wertvoller Kataloge veröffentlichte. Auch eine Reise- und Versandbuchhandlung wurde errichtet, sowie eine Filiale in Agram. Am 1. Juli 1932 wurde die Firma in eine G. m. b. H. umgewandelt, der als Gesellschafter die Herren Guido Zernatto, dem Buchhandel als Autor der preisgekrönten Gedichtsammlungen »Gelobt sei alle Kreatur« und »Die Sonnenuhr« bekannt, und Hans Sachsel angehören. Kleine Mitteilungen Verbreitung von Rasselitcratur. — Zur Verbreitung im Kunden kreis bestellt eine Firma bei uns 400 Sonderdrucke des im Börsen blatt Nr. 198 erschienenen Literaturberichts über rassekundliche Bücher. Bei einer weit höher angenommenen Auflage können diese Sonderdrucke zum Preise von 8 N p f. das Stück geliefert werden. Die in der Überschrift und der Einleitung enthaltenen besonderen Hin weise auf den Buchhandel fallen in den Sonderdrucken weg. Bestellun gen bitten wir schnellstens an die Expedition des Börsenblattes zu richten. Buchhäudlerwoche der Reichsfachgruppc Buchhandel des DHV. vom 24.-30. September 1933 in Oberammergau lOber- bayern). — Der nationalsozialistische Staat und das Buch. Leitung: vr. Hellmuth Langenbuch er und Karl Thulke. Arbeitsplan. Sonntag: Anreise. Montag: Nationalsozialismus, Buch, Buchhandel. Dienstag: Welche Bücher sind im nationalsozialistischen Staat die wichtigsten? Mittwoch: Der Dichter als Erzieher des Volkes. Donnerstag: Der Buchhändler als Kämpfer für das dichterische Buch. Freitag: Welche Neuerscheinungen werden für den nationalsozialisti schen Staat die wichtigsten sein? Sonnabend: Erziehung des Volkes zum Buch. Sonntag: Abreise. Gemeinsame Fahrt nach München, Hohenschwan gau usw. Wir erwarten den Besuch einiger Dichter, die aus ihren Werken lesen werden. Tageseinteilung: Vormittags: Arbeitsgemeinschaften; nachmittags: Wanderungen und Sport; abends: buchhändlcrisch-fachliche Übungen. Kosten: Für sieben volle Tage (vom Sonntagabend bis Sonntagmittag) NM 29.75. Einige Zuschüsse und Freistellen können vergeben werden, Tagungs- ranm im Kurhaus Osterbichl. Anreise ab München 14.30 Uhr, an Murnau 15.59 Uhr, ab Murnau 16.15 Uhr, in Oberammergau 17.10 Uhr. Anmeldungen an Hans Boehm, Bezirksfachgruppe Buch handel im DHV. München, Briennerstraße 50 a. Wir fordern vor allem die süddeutschen Sortimentsgehilfcn zur Teilnahme an dieser Buchhändlerwoche auf. Reichsfachgruppc Buchhandel des DHV. Jubiläen. — Am 1. September besteht die Firma I. Greven in Krefeld 75 Jahre. Josef Greven, der Großvater der jetzigen Inhaber, gründete 1858 bas heute weit über den Niederrhein hinaus bekannte Geschäft im eigenen Hause Hochstraße 52, in dessen Räumen es sich noch heute befindet. Ausgezeichnet durch ein vielseitiges Wissen, verbunden mit seltenem Fleiß und großer Sparsamkeit, ge-