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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.08.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1933-08-29
- Erscheinungsdatum
- 29.08.1933
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- Deutsch
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200, 29. August 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s- b.Dtschn.Buchhandel. zurecken vermochte und die Schädlinge jeder Art von sich ge schüttelt hat. Armseliger Tor, der noch sich dem Irrtum hingibt, es habe sich dieses und jenes »geändert-, es sei ein System ge stürzt worden und ein anderes mit ausgewechseltem Vorzeichen an dessen Stelle getreten! Zum Erbarmen alle, die sich einbilden, man brauche nur dem neuen System sich anzupassen, sich »gleich zuschalten-, und werde dann in schönster beruhigter Ordnung weiterleben! Wer sich von dieser Einstellung noch nicht befreit hat, der muß allmählich sich darüber klar werden, daß er alles, aber auch alles noch vor sich hat. Es gibt kein Flicken an Einzelheiten. Es gibt kein Deuteln und Wenden. Es gibt nur — und sie ist keinem erspart — die totale Wandlung von der jämmerlichen Verfahrenheit des Zuvor hinüber zum stolzen und aufrechten Wiederbeginn deutschen Bolksdascins, zu dem Adolf Hitler das Tor mit kühnem Elan aufgestoßen hat, das aber als Aufgabe, an die unser ganzes Leben zu setzen aller unabdingbare Pflicht bleibt, durchaus noch vor jedem Einzelnen steht. Und wie alle anderen Fragen der Viel gestalt dieses Volkskörpers nur gelöst werden können von der Mitte des Gesamtproblems her, so kann auch die Erneue rung des Buchhandels nur erörtert werden als bescheidenes, aber wichtiges Teilgebiet der to talen Volkserneuerung. Fragen der Wirtschaft, der Organisation, des Rabattes, Gegensatz zwischen Sortiment und Verlag und Notwendigkeit des einen Teils für den anderen, Werbung und was auch sonst: allen diesen Teilsragcn geht eine andere, geht die entscheidende voraus. Die Entscheidungsfrage ist die: Welche Dienste innerhalb des gesamten volklichen Daseins im neuen Deutschland hat der Buchhandel zu er füllen? Und auf welche Weise erfüllt er diese Dienste, um so zugleich sein Dasein überhaupt zu rechtfertigen und zu behaupten? — Damit diese Frage nach den Aufgaben des Buchhandels be antwortet werden kann, ist zuvor noch llarzulegen, was Sinn und Gehalt des neuen Deutschland ausmacht. Es sei kurz gefaßt: Unterordnung aller Mächte, vornehmlich der Wirtschaft unter das Gesamtwohl des Volkes. Gültigkeit des Lebensgesetzes: Ge meinnutz geht vor Eigennutz! Hingabe und Dienst eines jeden an seiner Stelle und nach dem Maße seiner Fähigkeiten und seines Vermögens zum Wähle und zum Nutzen des deutschen Volkes, wobei gewichtige Bedeutung auch die Weitung des Volksbegriffes im Sinne Hitlers über die wilhelminische Machtstaats- und die tveimarische Staatsbürgerdoktrin hinaus erhält: Dienst am Wohle des deutschen Volkes, das schließt alles^ ein, was deutschen Stammes und deutschen Blutes ist, greift über die poli tischen Reichsgrenzen weit hinaus und endet dort, wo in Sieben bürgen oder an der Wolga, bei Eupen oder nördlich von Tondern der letzte deutsche Bauer hinterm Pfluge schreitet, wo das jüngste deutsche Kind aus dem Munde der Mutter die ersten Laute deut scher Sprache lernt. Diesem deutschen Volke zugehören, ist Schick sal und Aufgabe. Und in diesem deutschen Volke nach Herkunft, Willen und Beruf Buchhändler zu sein, das verpflichtet zu Dienst und Verantwortung. Und wie innerhalb dieser neuwerdenden Gemeinschaft des erwachten deutschen Volkes nirgends mehr der eine gegen den andern, Eigennutz gegen Eigennutz stehen kann, so muß auch die buchhänd lerische Erneuerung als eine Gemeinschaftsausgabe des Gesamtbuchhandels begonnen werden. Es ist deshalb falsch, wenn z. B. in der Frage der R a b a t t i e r u n g der schön geistigen Produktion Spcmann von der verlegerischen Produktion ausgeht und danach erklärt: dieser und dieser Prozentsatz ist kalku latorisch tragbar, also muß das Sortiment damit auskommen. Dieses merkantile Produzentendiktat ist innerhalb der erlebten Schicksalsgemeinschaft des deutschen Volkes unter Hitlers Füh rung nicht mehr erlaubt. Und das geschlissene Bekenntnis am Schlüsse der Spemannschen Denkschrift nützt gar nichts, seine Worte von der Unterordnung des Individuums klingen hohl, und der Fahne des kulturellen Neuaufbaus zum großen von Hitler gewiesenem Ziel fehlt der Wind, der froh daherstiebt und sie knattern läßt, solange er in dieser ersten und grundlegenden Frage der wirtschaftlichen Gesundung vom heiligen Egoismus des Ver legers her denkt und nicht vom Lebensgesctz der Gemeinschaft. Die Rabattfrage kann naturgemäß nur angepackt werden von den Lebensnotwendigkeiten des Sortimente s, weil dieses das letzte Glied in der Kette des Absatzwegcs und der abhängige Teil ist. Was braucht nach genauester Prüfung seiner Unkosten und Bedürfnisse die Sortimentsbuch handlung, um existieren und wirken und ar beiten zu können? Die Antwort auf diese Frage muß die Basis geben für die Rabattierung der Verlags lieferung und darauf aufbauend für die verlegerische Kalku lation überhaupt. Das Sortiment ist heute weithin ein not- leidender Beruf. Untersuchungen, wieweit dies aus eigenes Schuld konto und wieweit es auf Konto verlegerischer Fehldisposition zu setzen ist, dürfen als müßig jetzt entfallen. Man kann sagen, das Sortiment sei ein überflüssiger und sterbender Beruf, und damit ablehnen, es noch zu beachten. Dann erwächst aber für den Verlag gemäß seiner Dienstpflicht innerhalb der Volksgemein schaft und um seiner selbst willen die Aufgabe, an Stelle des ver schwindenden Sortiments neue Vertriebs- und Verbreitungs- stcllen zu schaffen. Man mag da hin- und herexperimentieren, so viel man mag: zuletzt wird nichts anderes übrig bleiben, als das abgestorbene Sortiment wieder zum Leben zu erwecken. Also wird es besser sein, von vornherein die schwache Lunge des Sortiments auszuheilen. Es könnte sonst geschehen, daß überm Zusehen und Experimentieren dem Verlag selber die Puste ausgeht, womit weder ihm, noch dem Volke gedient sein kann. Sehr richtig nennt deshalb Spemann auch gleich im ersten Absatz seines Abschnittes »Abhilfe- die Gesundung des Sortiments erstes Erfordernis. Wie dringend notwendig rascher Beginn dieser Gesundung ist, mögen die nachstehenden Ünkostenzisfern einer großen schönwissenschast- lichen Buchhandlung, eines der bestfundierten Sortimentsgeschäste überhaupt, deutlich machen. Es stieg der Anteil der Unkosten am Umsatz von 1929/30: 35,2°/-, 1930/31: 38,4»/°, 1931/32: 43,2»/» bis 1932/33: 43»/°, während der Durchschnittsrabatt 1932/33 nur 41,6»/« ergeben hat. Trotz allerschärfster Unkostendrosselung, Per- sonalcinschränkung und mustergültiger Einkaufsdisposition be tragen die Gesamtunkostcn also hier in einem großen Sortiment, das von Haus aus kapitalkräftig ist und alle nur denkbaren Vor teile günstigen Einkaufs an der Hand hat, im soeben abgeschlos senen Geschäftsjahr 1,4»/« mehr als der Durchschnittsrabatt, den es erreichen konnte.") Ist nun der schöngeistige Verlag auf die Dauer nur lebensfähig bei einem Durchschnittsrabatt von 40°/» (diese Ziffer nennt Spemann und sie wird von jedem Einsichtigen als richtig bestätigt werden), so bleibt bei der oben illustrierten Lage des Sortiments (es handelt sich bei den genannten Zahlen um ein allererstes und liquides Haus; bei 98°/° der übrigen Sorti menter steht es im Grunde doch schlechter!) nichts anderes übrig, als nachdrücklich und bestimmt die Möglichkeit einer loyalen Rabatterhöhung im wissenschaftlichen Verlag zu prüfen und zur Kräftigung des Sortiments nach Wegen durchgreifender Umsatz st eigerung zu suchen. Das enorme Anschwellcn der Unkostenquotc ist ja hauptsächlich eine Folge der Umsatzschrumpfung. Diese Nmsatzsteigerung kann aber — hier liegt einer der ent scheidenden Jrrtümer der Spemannschen Arbeit — keinesfalls durch so mechanistische und von Haus aus l i b e r a l i st i s ch e Mittel erreicht werden, wie Spemann sie in der »billigen Reichs buchwoche« zu erkennen wähnt und in dem »Heimisch- und Wohn- lichmachcn» der Sortimentsräume. Zettel und Schildchen mit der Einladung zum Eintreten »ohne Kaufzwang«, der Auffor derung, »ungestört zu lesen und zu blättern-, lassen einen ver blüfft fragen, ob solche »Vorschläge« wirklich ernst gemeint sind. Hat Herr vr. Spemann jemals persönlich als Verkäufer sich im Sortiment betätigt? Weiß er, was je und stets in Buchhand lungen auch bei »aufmerksamster« Bedienung und ständiger Be obachtung unbezahlt mitgenommen und gestohlen wird? — Die ") Die bestfundierte Firma kann natürlich diesen Zustand nicht lange aushalten. Ilm so verhängnisvollere Folgen muß ein Vorstoß des Verlages mit dem Ziel der Rabattkürzung gerade im Augenblick einer nach dreijähriger Krise noch anhaltenden Absatzschrumpfung haben. 653
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