Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.08.1933
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- 1933-08-29
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- 29.08.1933
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1933
- Monat1933-08
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X- 200, 29. August 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt >. dDischn-BEnniet. Volksfremdheit, die Bildungsverkalkung auf der einen Seite und die Unbildung weiter Teile der Gehilfenschaft auf der anderen Seite können mit solchen Mittelchen nicht überwunden werden. Unddie billigeReichsbuchwoche? Der Vorschlag Spemanns ist in der Presse vielfach mißverstanden worden und hat zu sehr schädlichen Diskussionen geführt. Wie er ihn ver standen haben will, erscheint er aber völlig nebulös. Spemann will weiter nichts, als den »modernen Antiquariatsverkauf«, den zur Auftauung alter Lagerware jedes Sortiment in beliebigen Abständen mehr oder weniger geschickt vornimmt und propagiert, für den Gesamtbuchhandel verbindlich auf eine bestimmte Woche im Herbst konzentrieren und dann mit Einsatz aller Mittel der Gemeinschastswerbung ausziehen. — Was soll dabei herauskom men? Daß, was innerhalb dieser Woche an festgesahrenem Lager nicht losgeschlagen wird, dann fürs ganze weitereJahr Raum,Staub und Zinsen frißt? Daß durch die aufgeblähte Werbung für die günstige, billige Gelegenheit einmal im Jahre — und noch dazu ausgerechnet bei Beginn der eigentlichen Buchverkaufszeit im Herbst — der Kunde sich (z. B. für seine Weihnachtsschenkungen usw.) billigst eindeckt und dem regulären Verkauf zu normalem Preis nachher noch mehr Abbruch geschieht? Diese billige Ramschwoche kann ideell und wirtschaftlich nur schädliche Auswirkungen haben. Ideell mindert sie im einzelnen die Achtung vor dem Buch an sich, und wirtschaftlich wird sie statt höheren Umsatz nur noch mehr Schrumpfung verursachen. Es ist ein Irrtum Spemanns, wenn er meint, auf diese Weise mehr Käu fer in den Laden zu bringen. Spemanns Satz: »Die Menschen sind nun einmal alle so, daß sie in Fragen von Unterhosen oder Hüten widerspruchslos der höheren Weisheit des Verkäufers sich unter ordnen; in Fragen der Bildung sind sie empfindlich«, beweist, wie merkwürdig unsicher er den eigentlichen Ausgaben des Buch handels im neuen Deutschland gegenübersteht. Ob jemand Unter hosen aus Wolle oder Seide trägt, ob er sich ein bayerisches Hütel mit Gamsbart oder einen Zylinder aufsetzt, darf durchaus seinem individuellen Geschmack überlassen bleiben und ist vom Gesamtwohl des Volkes her ohne jeden Belang. Was einer aber für Bücher kauft und liest, wie einer seine Hausbücherei einrichtet, ob er die lebendigen Stücke vom Lebenswerk Goethes in sich aufnimmt oder ob er mit Kriminalromanen seine Zeit verblödet, das allerdings hat entscheidenden Einfluß auf die Gesamtrichtung deutscher Geistesbildung und wird mitbestimmend für eine gesunde Le benssteigerung des ganzen Volkes, gehört letztlich ins Gebiet aktiver deutscher Politik. Also kann Unterhosen und Hüte verkaufen wer will, Bücher nur, wer eine entsprechende gründliche Vorbildung besitzt, wer dem neuen Aufbau innerlich verbunden ist und wer seine Bücherkenntnisse im Verkehr von Mensch zu Mensch so anzubringen weiß, daß seine Beratung von niemandem als schulmeisternd, sondern stets als wirklich ratend, helfend, fördernd dankbar angenommen wird. Bilden wir schließlich in dem Gehilfennachwuchs einen Stamm von Verkäufern heran, der diese notwendige Aufgabe lebendig zu erfüllen imstande ist, so brauchen wir um die Ein richtung von Bücherstuben in Arbeitervierteln uns gar nicht zu bekümmern. Die Lebendigkeit dieser neuen Berkäu- ferschaft nämlich wird im Laufe der Zeit es zustandebringen, den Arbeiter in die bestehenden Buchhandlun- genhineinzubringen. Und das ist notwendig, denn, Herr vr. Spemann, Klassengegensätze im neuen Deutschland sind aus gehoben! Und auch nur der Versuch einer Einrichtung besonderer Arbeiter-Buchhandlungen muß als ein Rückfall in wilhelminische Klassensonderung aufs schärfste abgelehnt werden. Diese neue Gehilfenschaft hat sich durchaus ihrer hohen volks bildnerischen Aufgaben bewußt zu sein. Sie hat ihre Kenntnisse jedem Fragenden dienend und niemals überheblich verfügbar zu halten. Sie dahin zu bringen, erfordert als Voraussetzung die Einrichtung einer buchhändlerischen Hochschule, die aber nicht nach alter liberaler Weise den Abgehenden mit einem lächerlichen Diplom ausstattet, sondern unter Leitung dafür geeig neter Persönlichkeiten die große Aufgabe hat, ihr anvertraute Menschen so zu bilden und zu formen, daß diese wiederum men schenbildend und -formend später als Buchhändler im Dienste der neuen deutschen Volksgemeinschaft tätig werden können. Diese Hochschule hat, ganz klar und deutlich herausgesprochen 854 sich bitte mich geistig zu verstehen), buchhändlerische S A- undSS-TrupPszuerziehen. — Und wenn noch jemand glaubt, daß der Arbeiter auch dann nicht in die Buchhandlungen kommen wird, so wird der künftige Gehilfe eben von sich aus zum Arbeiter gehen, ihn in seinen Versammlungen, in den Be triebspausen oder nach Feierabend zu Hause besuchen und in echter Pflege eines menschlichen Kontaktes ihm die Geisteswclt des deutschen Buches erschließen. In den Ar b e i t s l ag e r n ist heute schon eine ganz einzig artige Gelegenheit gegeben, junge Menschen, die früher der Partei presse und dem Sensationsjournalismus ausgcliesert waren, or ganisch zum Lesen guter und wertvoller Bücher zu bringen. Es ist richtig, wenn Spemann für jedes Arbeitslager eine eigene Bücherei fordert. Es ist falsch, wenn er von überallher die Be stände modernen Antiquariats in diese Arbeitslager-Büchereien leiten will. Die Arbeitslager können niemals dazu da sein, irgend welche Reste auszunehmen, die im regulären Buchhandel nicht verkauft werden können. Gerade hier, wo es sich darum handelt, lebendige, aufnahmebereite junge Menschen, die bisher zum Buch keine Beziehung hatten, an Bücher heranzuführen und für geistige Beschäftigung zu wecken, ist allerverantwortungs vollste Auswahl der Bücher, die ihnen nahegebracht werden sollen, notwendig. Damit das Sortiment gesunden kann, müssen zwei wichtige Punkte noch beachtet werden: Eine große Berliner Buchhandlung verzeichnet im Dezember 1932 5,8"/« vom Barverkauf im Laden auf IImtausch, und im Januar 1933 mußte die gleiche Firma volle 12"/° vom Ladenbarverkaus Umtauschen. Daß gerade in den Wochen nach Weihnachten die Ilmtauschforderungcn des Publi kums vielfach ins Groteske anwachsen, weiß jeder Sortimenter; und so schwierig es gerade für den schöngeistigen Verlag sein mag, er muß seine Kalkulation von vornherein beweglich genug halten, um dem Sortimenter das abnehmen zu können, was von diesem die Käufcrschast verlangt. Über den Krebsschaden der 2.85 Mk.-Ausgaben hat Spe mann sich ausführlich geäußert. Dringend notwendig ist nur noch festzustellen, wie rücksichtslos teilweise die führenden Mk. 2.85- Verleger ihre Umsätze und Gewinne aus Kosten des Sortiments eingesteckt haben, dem sie Rabattverkürzung aufgezwungen haben. Der Dank des Sortiments gebührt denjenigen großen schöngeistigen Verlegern, die billige Ausgaben bewährter alter Romane in der PreisspannezwischenMk. 3.20 — Mk. 3.60 heraus brachten und diese mit auskömmlichem Rabatt lieferten. Diese Verlage leisteten so zugleich vorbildliche Ar beit im Sinne des Leitsatzes: »Gemeinnutz geht vor Eigennutz«."/) Woher nimmt Herr vr. Spemann den Mut, in Bausch und Bogen den Warenhausbuchhandel zu verteidigen? Es ist flach und falsch, den Warenhausbuchhandel bloß absatzmäßig zu betrachten. Alle sonstigen schönen Floskeln nützen gar nichts, an diesem Punkte beweist Spemann, wie sehr er den Buchhandel überhaupt sehr viel mehr nur vom Merkantilen her sieht als von der Frage nach Berufung und Verantwortung. Spemann schreibt, man müsse den Warenhausbuchhandel erhalten, weil da beim Waren hausbesuch nach dem Einkauf von Haushaltungsgegenständen oder irgendwelchen anderen Dingen bequem und ohne besonderen Entschluß zuweilen auch ein Buch »so eben noch mitgenommen« würde. Damit degradiert Spemann das Buch zur Warenhaus ware schlechthin. Wir lehnen es aber entschieden ab, Bücher des halb zu verkaufen, weil sie Ware sind und Geld einbringen, son dern wir betrachten sie als die wirklichen Instrumente deutscher Volksbildung. Wir bekämpfen aufs schärfste die Auf fassung, Buch sei Ware. Uns ist das Buch stets und vornehmlich Mittel zum Zweck, Mittel zum Zweck der Bildung, Schulung, geistiger Bewußt- *) Strengster gesetzlicher Schutzdes Ladenpreises während voller zweier Jahre nach Erscheinen sllr alle Bücher, Rettung des gesamten modernen Antiquariats aus den Händen des Auchbuchhandels und straffe Einordnung des Leihbüchereiwesens in die bnchhändlerische Standesorgani sation sind wichtige und von einander nicht ablösbare Etappen zur Rettung des Sortiments und damit der Gesundung des Buchhandels überhaupt.
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