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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.04.1935
- Strukturtyp
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- 1935-04-30
- Erscheinungsdatum
- 30.04.1935
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- Deutsch
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sdk SS, so. April 1935. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Ttlchn Buchhandel. seinen Sinn crsülll, wenn er seinen Ort und seine Pflichten im Gesamtwcrden des Volkes richtig erkennt, wenn er die Wirkungen seines Handelns abzuschätzen vermag und wenn er aus innerer Überzeugung der Gemeinschaft dient. Selbst der nebensächlichste Berufszweig hat dieser Anforderung zu genügen, wie viel mehr einer von der Größe und Bedeutung des Buchhandels. Eines hat sreilich jeder Berus für sich allein: die Technik seiner Arbeit. Sie mag leicht oder schwer sein, ihre voll kommene Beherrschung ist eine unerläßliche Voraussetzung und darf in keinem Punkte vernachlässigt werden. Mit einer unvoll kommenen Arbcitstcchnik vermag ein Berus nicht die Nächstliegen den Pflichten zu erfüllen, geschweige denn die gegen die Nation. Wir müssen darum an den alten Forderungen festhalten, daß die erste Aufgabe einer Fachschule darin besteht, den jungen Buch händler in seinen technischen Leistungen weiterzubildcn, und zwar soll hier die Stelle sein, wo er über die spezielle Technik des Be triebes, in dem er lernt, hinaus mit der ganzen seines Berufes vertraut gemacht wird und mit allen seinen Einrichtungen, Be- triebssormcn und Arbeitsprozessen. Er soll über die Grenzen der Sparte hinwegsehen lernen und sogar den notwendigen Einblick in die benachbarten Berufe der Buchherstellung erhalten, mit denen er praktisch zusammenzuarbeitcn hat. Und schon in dieser ersten und selbstverständlichen Unterweisung wird wenigstens die eine Notwendigkeit erkennbar, daß die verschiedenen Berufsabteilun gen darauf angewiesen sind, miteinander zu arbeiten und daß überall, wo natürliche Spannungen und Reibungen zwischen ihnen austreten, diese nur fruchtbar zu lösen sind mit dem Ge danken an den höher stehenden gemeinsamen Zweck der Arbeit. Jedoch ist Technik immer erst ein Mittel, und auch das größte technische Virtuosentum bürgt niemals sür die richtige An wendung der Mittel. Die wahre Arbeit eines Berufes geht weit über die Technik hinaus und läßt sich erst durch seinen Ort und sein Werkziel bestimmen. Der Standort des Buch händlers ist aber ein doppelter: ein wirtschaftlicher und ein kul tureller. Als Kaufmann steht er zwischen dem Buchgewerbe und der Käuserschicht. Und es ist wohl vorstellbar, daß er seine Aus gabe nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage in dem Umsatz der Ware Buch erschöpft sähe. Allein in Wirklichkeit hat der Buch handel niemals nur eine Ware vertrieben, sondern immer zu gleich ein zweites wirtschaftlich nicht abzuschätzendcs Gut ge mittelt, freilich auch ost in seinen Reihen die bekämpfen müssen, welche dieser Mission untreu wurden. Im Bereich der Kultur ist der Buchhändler nicht Kaufmann, sondern Mittler. Er steht hier in der zweiten, nämlich in seiner eigentlichen Spannung: zwischen Buch und Leser, zwischen Schrift tum und Volk. In diesem Bezirke kann nur der Mensch fruchtbar wirken, der selbst den beiden, zwischen welchen er zu Mitteln hat, mit Leib und Seele verbunden ist. Und cs muß also der andere unerläßliche Zweck einer Erziehung des jungen Buchhändlers sein, diese seine Verbundenheit und Verpflichtung gegen Schrifttum und Volk mit allen Mitteln zu wecken, zu pfle gen und zu entfalten — oder ihn zur Einsicht zu bringen, daß er am falschen Platz steht und zu solchem Werk nicht berufen ist. Was wird denn mit dem Buch in seine Hand gegeben? Was die Dichtung und die Wissenschaft je hervorgsbrachl: eine unge heuere Vielfalt geistigen Gutes. Was das deutsche Volk je erlebte, fühlte, dachte, strebte und in seine Sprache einformte, was die Dichter ihm offenbarten, was die Weisen es lehrten, was seine Führer ihm vorlebten und zuriefen: all das wurde in das ge druckte Wort gebracht, und kann daraus wieder ins Leben ge- rusen werden. Und was die Nation heute im Bewußtsein trägt, was in ihr arbeitet, was ihre Seele bewegt, was als lauter Schick salsspruch in ihren Aufbruch tönt, auch das hat seinen Weg ins Buch gesucht, um von ihm in die letzten Zellen des Volkskörpers getragen zu werden. »Die Literatur umfaßt beinahe das ganze geistige Leben des Menschen«, sagte Friedrich Schlegel. Wir sehen heute noch mehr in ihr. Sie drückt beinahe die ganze Art eines Volkes aus, sie enthält das Bild, das cs von sich selbst machte. Und ist es heute nicht so, daß sich der Kampf um seine eigene und echte Weltanschauung, daß sich das heiße Bemühen, seinem Leben sine neue, dauernde und starke Ordnung zu geben, eben in seinem Schrifttum widerspiegelt und niederschlägt. Eine ungeheure gei stige Ernte sammelt sich in dem Schrifttum unserer Nation an und will als ein Brot des Lebens wieder an ihre Kinder verteilt werden. Und zugleich liegt im Schrifttum das Saatgut bereit, das in den Boden unseres Volkes fallen will, um dort Frucht zu bringen für neue Ernten. Bücher sind mehr als Ware: Bücher sind Ernte und Saat unserer Nation und der Buchhändler sammelt die Ernte ein und sät die Saat aus. Auf diese Erkenntnis hat sich die Berufsaufsassung des jungen Buchhändlers zu gründen. Er dient dem Schrifttum seines Volkes, wie der Bauer dem Brot und wie der Soldat dem Reich, und dieser Dienst muß seine Liebe und sein: Leidenschaft sein. Nur wenn er selbst Anteil an dem geistigen Leben, an dem Fühlen und Streben der Nation nimmt, ist er kein Söldner und Mietling. Darum muß es den einen Teil seiner Erziehung aus machen, daß er an diesen großen Lebcnsregungen beteiligt und in sie einbezogen und von ihnen ergriffen wird. Lassen Sic mich das als die nationale Seite der buchhändle- rischen Berufserziehung ansehen. Die soziale finden wir, wenn wir uns dem anderen Pole der Spannungen zuwenden, zwischen welche der Buchhändler gestellt ist: dem Volke. Man sollte meinen, daß er es kenne. Ist er nicht in ihm geboren und spricht er nicht seine Sprache? Aber wir wissen, wie unser Volk zerrissen und sich selbst entfremdet war durch Besitz, Bildung und Glauben, und wir haben sehen müssen, daß es zu zerfallen drohte, und wir haben erkannt, daß die Deutschen erst noch einmal umeinander ringen müssen, um zueinander zu finden. Die gestörte Gemein schaft der Herkunft und des Blutes in eine wahre Lebens gemeinschaft umzuwandeln, daran müssen wir jetzt und noch lange arbeiten. Sie kann nicht gelehrt werden, — wiewohl wir uns auch darum mühen müssen, aus dem Erbe der Jahrtausende die Art und Seele unseres Volkstums zu begreifen und den Ge danken »deutsch«, den Gott in unser Blut gelegt hat, auszu sprechen und wiewohl wir uns um all das Schrifttum mühen müssen, das ganz unmittelbar unserem Volkswcsen und unserer Volksgeschichte gilt: das gemeinschaftlich« Erlebnis selbst aber kann der junge Deutsche nur mit seinen Volksgenossen zusammen gewinnen. Die Schule hat geradezu die Pflicht, ihn aus der Enge seines Berufes herauszuweisen, daß er sich be wußt mit allen den anderen Berufen in Reih und Glied stellt, um das zu erfahren, was allen gemeinsam ist, und um den großen Ruf zu vernehmen, der an alle zugleich ergeht. Der Buchhändler darf kein Bücherwurm sein, darf sich nicht absondern und ab- schlicßcn in die Welt des Buches, denn cs wäre ja ohne das lebendige Volk tot. Er darf dem gemeinsamen Erleben nicht fremd Iverden, er muß erfahren, was die Menschen seines Volkes zu wissen und in sich auszunehmen streben, er muß ihre Nöte und ihre Sehnsucht kennen, und er muß von der großen Bewegung selbst bewegt sein, die durch sie geht. Er muß dies alles selbst er leben, um den Boden kennenzulernen, der die Saat aus seiner Hand erwartet, und um den Boden zu finden, in den die Saat aus seiner Hand strebt. Erst diese doppelte Verhaftung mit dem Schrifttum und dem Volk zugleich macht den Buchhändler zum echten Mittler; sie befähigt ihn, die Ströme zwischen den beiden Polen zu beherr schen, sie gibt ihm das Gewissen und die Sicherheit bei seinem Tun, und ohne dieses Gewissen wäre seine Arbeit taub. Jetzt erst vermag er das ihm übergebene Gut gleichsam im Auftrag der Nation organisch zu lenken, wie den Säftestrom eines lebenden Körpers. Vor allem auch, er kann nun zu seinem Teile helfen, das unter dem Schrifttum seit langem wachsende Unkraut zu er- sticken und alle Versuche abzuwehrcn, welche unechte und seichte Machwerke einzuschmuggcln und unser geistiges Leben zu verfäl schen und zu zerstören drohen. Wer den Acker seines Volles be stellen will, muß die Spreu vom Weizen, muß das Kraut vom Unkraut zu scheiden wissen, oder er ist ein ungetreuer Knecht. Sollte aber der Versuch, zu einer solchen Bcrufsidee zu erziehen, als billiger Idealismus erscheinen, so dürfen wir uns glücklicherweise neben zahlreichen deutschen Buchhändlern auf einen Mann berufen, der schon vor mehr als hundert Jahren,
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