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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.03.1935
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- 1935-03-23
- Erscheinungsdatum
- 23.03.1935
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X- 70, 23. März 1935. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Ttschn Buchhandel. melshausen und Fischart zusammen genannt werden als Vorkämpfer deutscher Sprache und Gesittung in Jahren schlimmsten nationalen Verfalls. In der Zeit öer französischen Vorherrschaft in Europa lebte in Versailles eine pfälzische Fürstentochter, Liselotte von der Pfalz, deren wundervoll herzerfrischende Briefe voll Kritik über die herrschenden Unsitten und die lockeren Verhältnisse am französischen Hof wie eine Auseinandersetzung des deutschen Geistes mit der westlichen Zivilisation selber anmuten. Als geistige Schwester dieser pfälzischen Fürstentochter kann die Gräfin Elisabeth von Nassau-Saarbrücken gelten, die in der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts französische Romane nnd Nitterepen in unsere Sprache übertrug, die erste deutsche Romanschriftstellerin über haupt. An der großen literarischen Revolution des Sturm und Drang zu Beginn Ler klassischen Zeit unseres Schrifttums beteiligte sich dann der Kreuznacher Malerdichter Friedrich Müller, dessen Idyllen und Dramenentwürfe schon damals den Hauch pfäl zischer Erde und die Derbheit eines gesunden Volkstums ahnen lassen; HeinrichLeopold Wagner dagegen, ebenfalls ein Dichter des Sturm und Drang, der einige Zeit am Hofe des Präsidenten von Günderode in Saarbrücken weilte, zog mehr wie ein Komet, wild und schweifend über die Landschaft hin, ähnlich etwa jenem pfälzischen Abenteurer M a g i st e r Laukhard um die Wende des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts. Eine gewisse Periode der bürgerlichen und romantischen Dichtung eröffnet dann Oskar Freiherr von Nedwitz mit seinem empfindsamen Epos »Amaranth«, das wiederum in den Dichtungen der Saarländer Ludwig Franz Freiherr von Bilder beck (»Die Urne im einsamen Tal«) und Gustav Pfarrius (»Das Nahetal in Liedern« 1845) seine Entsprechung findet. Ein be kannter und auch heute noch gelesener Pfälzer Volksschriftsteller ist O. W. von Horn, der eigentlich Philipp Friedrich Ortel hieß. Sein Volksbuch »Die Spinnstube« gehört ebenso wie Konrad Hermanns »Pfifferjakob von St. Johann-Saarbrücken« oder August Beckers Romane »Hedwig« und »Nonnensusel« oder auch Georg Friedrich Bl auls »Träume und Schäume vom Rhein« zum Grundstock des älteren pfälzisch-saarländischen Schrifttums. Von August Becker stammt auch das volkstümliche Werk »Die Pfalz und die Pfälzer«, ein wertvolles Gegenstück zu Wilhelm Heinrich Niehls klassischer Biographie »Die Pfälzer«, die er im Auftrag König Ludwigs I. von Bayern schrieb. Schließlich schenkte uns eine Reihe von Mundartdichtern jener Zeit noch einige Gedichtbände, die Heimatliebe und Volkstum zu verbreiten geeignet waren: Franz Ritter von Kobell seine »Gedichte in pfälzischer Mundart«; Karl Christian Gottfried Nadler sein Buch »Fröhlich Palz, Gott erhalts!«, Karl August Woll seine »Pfälzischen Ge dichte« und Friedrich Schön seine saarländischen »For Schbaß und for Ernschd«. Die Palme der hochdeutschen Lyrik aber errang sich Martin Greif (eigentlich Max Frey aus Speyer am Rhein) mit stillen, tief empfundenen Gedichten, während er mit seinen Dramen weniger Erfolg als sein Landsmann Hippolyt August Schaufert (»Schach dem König«) aufzuweisen hatte. Den Durchbruch zur großdeutscheu Dichtung vollzog das pfäl zische und saarländische Schrifttum jedoch erst zu Beginn dieses Jahr hunderts, und recht eigentlich erst unter dem Erlebnis des Welt krieges und der nachfolgenden Erschütterungen, darin Heimat nicht mehr in provinzieller Enge, sondern als große heilige Verpflichtung zu Volk und Reich erfaßt und erfahren wurde. Zwei Dichter sind es vor allem, welche die Grenzen der bloßen Heimatdichtung früh durchstoßen und mit scharfer Kritik Bahn brechen für das Neue, das sie freilich selbst noch nicht vollbringen dürfen: Hugo Ball und Arthur Friedrich Binz, ein Pfälzer und ein Saarländer, beide am modernen Schrifttum groß geworden, kritischen Geistes und darum voll von Erkenntnis, was der Zeit und dem Schrifttum un mittelbar vor und nach dem Kriege fehlt; sie blieben Opfer am Weg, Unvollendete, und dennoch verdanken wir dem einen ein stilles Buch über »Hermann Hesse« und dem anderen ein Fragment zu einem Hohenstaufen-Roman um Friedrich den Zweiten, das viel von ihm aussagt. Auf den Schultern von Arthur Friedrich Binz steht die junge Dichtergeneration des Saargebietes und der Pfalz, wenn sie ernste, gewichtige Maßstäbe an das literarische Schaffen unserer Zeit legt. Eine saarländische Schriftstellerin, die diese Maßstäbe freilich nicht immer für ihre sehr umfangreiche Produktion gelten ließ, ist LisbctDill : dennoch hat sie uns in den beiden letzten Romanen »Die schwarze Madonna von der Saar« und »Wir von der Saar« zwei Bücher geschenkt, die wenigstens außerhalb des Saarlandes selbst das Wissen um die Not und um die Schönheit dieses Landes ver breiten halsen. Ihr in der Art am nächsten, wenn auch mit mehr Zucht der Form und der Gestaltung, kommt die Pfälzerin Anna Croissant-Rust, die ebenfalls aus den Erinnerungen an ihre Heimat und ihre Kindheit lebt. Die in der alten Kurpfalz geborene Juliane von Stock Hausen aber gestaltet in einem männlich kühnen und breit angelegten Roman »Brennendes Land« das Schicksal ihrer Heimat, den Brand von Heidelberg, der auch zu dem neuen Volksschauspiel »Das brotlose Mahl« von Irma von Dry- galski den Hintergrund abgibt. Weniger weltbewegende Schicksale aus dem Leben kleiner Leute im pfälzischen Westrich gestaltet Pauline König in dem bescheidenen, anziehenden Büchlein »Die Tat«, oder Lina Staab in dem Novellenband »Zwischen den Ufern«, der voll lyrischer Schönheiten ist. In diesem Zusammenhang müssen auch die »Schneidmüllersbuben« von Richard Müller, die »Geschichten um den Kindelsbrunnen« von Leopold Neitz, die »Chronik von Vundenbach« von Hermann Lorch und die Bücher von A l f o n s S ch r e i e ck, H e l m u t C u l m a n n, I o h a n n Georg Hufnagel und Karl S ch w o r m genannt werden. Pfälzer sind auch Ludwig D i e h l, der Verfasser der viel ge lesenen Bücher »Suso« und »Aton«, Fritz Droop, der sich als Erzähler und Dramatiker versucht hat und in gewissem Sinne auch AdolfSchmitthenner mit seinem Roman »Das deutsche Herz«, der im Neckartal spielt. Von den j ü n g st e n pfälzischen und saarländischen Erzählern sind als die stärksten und fruchtbarsten Talente vor Wri vie Stimme veru/estmsrk.' ciirentage der MM-lsarländischm Dichtung V»»2Z.»>5 2S.M«r >93? allem zu nennen: Roland Betsch, Claus Schmauch und Johannes Kirschweng. N o l a n d B e t s ch, der Pfälzer, fabuliert in der heiteren bunten Laune seiner gesegneten Heimat und ihres südlichen Himmels wie etwa in seinem »Benedikt Patzenberger« oder dem letzten Buch »Die Verzauberten«. Claus Schmauch, der Saarländer, kommt schwerer und ernster daher; sein Roman »Die Hundsgasser« schildert Elend und Not eines armen Walddorfes mit starkem sozialen Willen. Johannes Kirsch meng, hart an der lothringischen Grenze wohnend, ist beides: meltaufgeschlossen und still verträumt; seine Bücher »Der Überfall der Jahrhunderte«, »Zwischen Welt und Wäldern«, »Der Widerstand beginnt« schildern alle irgendwie seine Saarheimat im Spiegel einer zart empfindenden Seele. Sein letztes Werk »Das wachsende Reich« ist der Saarroman an sich. Neben diesen drei Erzählern muß noch Lutz Knecht genannt werden mit dem Roman »Eine Handvoll Männer und ein Mann«, der die Separatistenkämpfe in der Pfalz und den Brand von Pirmasens schildert: ferner Richard S ch n e i d e r - E d e n k o b e n mit der historischen Novelle »Taracanova« und Heinz Lorentz- Lam brecht mit dem Sickingenroman »Der Koloß«. Ein Buch aus der Gefangenschaft schrieb Walter Michel »Nitschewo«, ein Welt kriegsbuch und einen Roman aus der Besatzungszeit Wilhelm Michael: »Infanterist Perhobstler« unk» »Franzosen am Rhein«. Das Erlebnis der Besatzungs- und Separatistenzeit spielt auch im dramatischen Schassen dieser Dichtergeneration eine Nolle: So gestaltet Karl Baum bau er in dem Stück »Brand im Haus« die Tragikomödie des Heinz-Orbis und in »Treibjagd auf Aukatan« ein auslanddeutsches Schicksal; Heinz L o r e n tz - L a m b r e ch t 239
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