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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.05.1927
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- 1927-05-14
- Erscheinungsdatum
- 14.05.1927
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sXi 112. 14. Mai 1927. Redaktioneller Toll. Börsenblatt f. d. Dtscbn. 7>UksMandel. Es mag auffallend erscheinen, daß nach diesen Grundsätzen ein versuchtes Verbrechen einer längeren Verjährungszeit unter liegt als das vollendete, und daß möglicherweise sogar das ver suchte Verbrechen, bei dem schon die fertiggestellte Druckschrift zur Ausgabe bereit liegt, gleichwohl nicht der kurzen Verjährungs- zcit des K 22 teilhaftig werden kann. Dies erklärt sich jedoch aus den Gründen, die dazu geführt haben, für Preßstraftaten eine kurze Verjährungsfrist festzusetzen. Gerade weil die nicht bis zur vollendeten Preßslraftat durchgeführten, nach den allgemeinen Strafgesetzen strafbaren Handlungen nicht durch die Presse in die Öffentlichkeit getreten sind, mithin ihr Tatbestand nicht ohne weiteres klar zutage liegt, weil sie infolgedessen auch nicht so leicht verfolgbar sind wie ein durch die Presse begangenes Verbrechen oder Vergehen, und weil auch die Sonderbcstimmungen der KZ 20 Abs. 2, 22 PreßG. für solche Fälle versagen, genießen sie nicht den Vorzug der kurzen Verjährung«. Diesen Godankcngang zu billigen, wird einem doch recht schwer, und man fragt sich, ob die Privilegien des Preßgesetzes nicht vichtigerweise viel ausdchnender zu interpretieren sind, als es hier vom Reichsgericht geschieht. Darin scheint mir sogar der wichtigste Punkt für eine Kritik an diesen neueren reichsgericht lichen Urteilen zu liegen, die den gesamten Berlagsbuchhandel so nahe angehen. Die Verurteilung der kommunistischen Buchhändler. Das Urteil -im amtlichen Original war nicht zu erlangen, wohl aber erfuhr ich Einiges über die Gedankengänge des Urteils. Es handelte sich um Anklage wegen Hochverrats. In der Urteilsbegründung gegen den Buchhändler M. H. in Jena wird laut Vossischer Zeitung vom 9. März betont, dieser -»habe sich dadurch strafbar gemacht, daß er trotz Einblicks in den hoch verräterischen Inhalt der inkriminierten Werke dem Umsturzwillen der K. P. D. dienstbar gewesen sei«. Die Anklage auf Gottes lästerung und auf 'Verächtlichmachung der Reichsfarben ist fallen gelassen worden. Zuvor lautete die Anklage, »durch fortgesetzte Handlungen Vorbereitung zum Hochverrat begangen, durch straf würdige Verbindung mit anderen Personen den Umsturz vor bereitet, die Staatsform der Republik und die Reichsfarbcn be schimpft, den Namen Gottes gelästert und als leichtestes Delikt verbotene und beschlagnahmte Bücher vertrieben zu haben«. Die juristische Frage drehte sich ganz wesentlich darum, ob der Buchhändler als Funktionär der Partei oder als freier Buch händler gehandelt habe. Daß Hochverrat — wie überhaupt geistig sittliche Handlungen — auch durch Bücher begangen werden kön nen, ist wohl unbestritten; schwierig ist jedoch zweierlei dabei: 1. Wie weit wissenschaftliche oder künstlerische Behandlung hoch verräterische oder unsittliche Äußerungen straflos machen kann, und 2. ob schon die buchhändlerische Verbreitung — und nur diese statt einer Belangung des Verfassers — strafbar machen kann. Wenn auch künstlerische oder wissenschaftliche Behandlung in tveitem Maße die Äußerung ihrer Sittenwidrigkeit oder Straf barkeit entkleiden kann, so sprechen doch, wie das Reichsgericht meint, die Umstände des Falles erheblich mit (z. B. die Heraus nahme von Bruchstücken, die Art der Verwendung, der Leser kreis), und es will offenbar dem Künstler, Dichter oder Gelehrten keinen Freibrief geben, alles, was er will, zu sagen oder darzu- stcllen. Es gibt also offenbar in dieser Hinsicht eine generelle Rechts widrigkeit. Wenn nun solche Werke von Dritten vertrieben wer den, so kommt es nach der reichsgcrichtlichen Auffassung auf Zweck und Art der Verbreitung an, also auf die individuelle aktive Rechtswidrigkeit. So spielt es gewiß eine große Rolle, ob die Darstellung sich mit längst vergangenen geschichtlichen Begeben heiten befaßt oder ob es sich um Ereignisse der Gegenwart, um unmittelbare politische Zwecke, namentlich in politisch bewegter Zeit, handelt; dann liegt nicht lediglich literarische Betätigung im Sinne der Auffassung bestimmter sozialer Kreise, sondern aktive Gefährdung der bestehenden Ordnung vor. Ob dem Reichs gericht bezüglich des einzelnen Falles zuzustimmen ist, entzieht sich selbstverständlich der Beurteilung dessen, der den Fall und das Urteil nicht genau kennt; grundsätzlich dürfte jedoch die Linie, 510 auf der das Reichsgericht die Unterscheidung zwischen literarischer Freiheit und Buchhändlerfreiheit auf der einen und strafbarer hochverräterischer oder unsittlicher Handlung auf der anderen Seite sucht, zutreffend sein. Für den parteipolitisch objektiven Buchhandel ergibt sich somit aus dem Urteil keine besondere Ge fahr, von einer Verantwortlichmachung des Buchhändlers für den Inhalt aller Bücher, die er vertreibt, kann keine Rede sein. In diesem Zusammenhang sei noch nach der Vossischen Zei tung vom 16. April folgende »Aufforderung des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller an den Oberreichsanwalt« im Wortlaut mitgeteilt: »Der Schutzverband deutscher Schriftsteller, der als über parteiliche Organisation alle Interessen der Schriftsteller vertritt, ersucht den Herrn Oberreichsanwalt, den Dichter I. R. Becher als Verfasser des Romans .Der einzig gerechte Krieg' vor dem Hoheü Reichsgericht in den Stand des Angeklagten zu versetzen. I. R. Becher wurde wegen drei beanstandeter Schriften im Juli 1925 verhaftet und nach Erlaß der sogenannten Hindcnburg- Amnestie wieder entlassen. Das Verfahren mußte also als ein gestellt gelten. Wegen der Verbreitung von Bechers neuem Roman, die erst nach der Amnestie stattfand, wurden die Buchhändler R. und D. angeklagt und verurteilt. Trotz der inzwischen eingetretenen Am nestie wurde aus den früher beanstandeten Schriften eine .Fort gesetzte Handlung' hergcleitet, und zwar Lu ungunsten des Buches, während der Begriff der Fortgesetzten Handlung sonst zugunsten des Angeklagten und besonders der Strafabmcssung vorgesehen ist. Während als Beweisstücke der Anklage zusammenhanglos herausgerissene Stellen benutzt werden, hätten zugezogene Sach verständige zweifellos dahin geurteilt, daß jedes dichterische Werk als neuer schöpferischer Akt und als Offenbarung einer neuen inneren Gestaltung anzusehen ist. Das Buch ist cingezogen worden, ohne daß der Verfasser als verantwortlicher Urheber in seiner Sache gehört worden wäre. Da kein Verleger, besonders unter der Drohung der fortgesetzten Handlung, noch ein Werk von I. R. Becher zu veröffentlichen wagen kann, muß seine schriftstellerische Existenz in materieller und ideeller Hinsicht als vernichtet gelten. Der Schriftsteller I. R. Becher hält es mit Pflicht und Ehre für unvereinbar, daß andere, für den Inhalt seiner Schriften unverantwortliche Personen statt seiner angeklagt und verurteilt werden. Nachdem er sich während des zwei Jahre schivebenden Ver fahrens mehrfach ohne Erfolg angeboten hat, erwartet der Schutz verband deutscher Schriftsteller vom Herrn Oberreichsanwalt, daß der Schriftsteller I. R. Becher aus völliger Rechts- und Schutz losigkeit wenigstens in die Rechte des Angeklagten versetzt iverde«. Haftung für gewerbsmäßige Auskünfte? Der übliche Tatbestand: eine Firma will mit einer anderen ein größeres Geschäft tätigen und fragt deshalb bei einer ange sehenen Auskunftei über die Kreditwürdigkeit der betreffenden Firma an. Die Auskunft, die später noch durch eine zweite er gänzt wird, lautet günstig, das Geschäft wird abgeschlossen, aber bei der Abwickelung zeigen sich späterhin schwere Mängel, durch Nichtrückgabe von Wertpapieren erleidet die Fixma, die sich über die andere erkundigt hatte, durch diese einen schweren, von ihr auf mehr als 100 000 Mark bezifferten Verlust. Es stellt sich heraus, daß der Inhaber der Firma, über die die Auskunft cin- geholt worden war, vor 20 Jahren wegen Betruges und schwerer Urkundenfälschung zu 5 Jahren Gefängnis und 5 Jahren Ehr verlust verurteilt worden ist. Davon hat in der Auskunft nichts gestanden. Die anfragende und so geschädigte Firma klagte darauf hin gegen die Auskunftei auf einen Schadenersatz von 4000 Mark. Das Kammergcricht erkannte auf einen den Inhabern der klagen den Handelsgesellschaft zugeschobenen Eid folgenden Inhalts: »Bei Abschluß des Darlehnsvertrags mit der Firma A. C. in Berlin am 5./6. Juli 1924 habe ich nicht gewußt, daß der persönlich haftende Gesellschafter dieser Firma, der Kaufmann F. W. K., wegen Betruges und Urkundenfälschung mit einer längeren Frei heitsstrafe vorbestraft gewesen ist«. Im Falle der Leistung des
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