!2018 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Künftig erscheinende Büchrr. 260, 7. November 1921. ilhelm Schäfer Die dreizehn Bücher der deutschen Seele 5vr>enn Wilhelm Schäfer fünf Jahre seiner zur Meisterschaft gereiften Kunst daransetzt, die ckMSchicksalsgeschichte des deutschen Volkes zu schreiben, so will nicht etwa der Dichter dem Historiker ins Handwerk pfuschen. Die dreizehn Bücher der deutschen Seele von Wilhelm Schäfer sind eine epische Dichtung, wie sein Pcstalozzibuch trotz aller biographischen Genauigkeit als ein lebendiger Roman gerühmt wird. Was ihm dort mit einem Sinzelschicksal gelang, hat er hier in einem unendlich breiteren und größeren Ausmaß erreicht, indem er das Schicksal des deut schen Volkes, oder — wie der Titel eindringlicher sagt der deutschen Seele als Thema seines Werkes aufstellte. — In seinem „Lebenöabriß" (1918) hat der Dichter erzählt, wie die Berufung zu diesem gewaltigen Werk auf ihn fiel. Während Kriegslieder gesungen wurden und Sieges fahnen wehten, sah er vorahncnd das deutsche Schicksal und setzte von 1916 bis heute seine Dicht- und Bildkraft daran, seinem Volk zur rechten Zeit diese Tröstung und Stärkung darbringen zu können. Ihm war der Zusammenbruch der alten Reichsherrlichkeit nicht das äußerlich über das deutsche Volk hereinbrechende Unglück, sondern ein Schicksal, also eine unabwendbare Verschuldung. Das bedeutet aber nichts weniger als Untergangsstimmung; deutsche Gläubigkeit hat selten so stark geklungen wie hier, wo ein Dichter gewissermaßen die Schlußsumme unseres bisherige» Daseins zieht. Ein Volk, das im Schaubild des Mittelalters an erster Stelle stand, das dem Abendland die Reformation brachte und alle Leiden daraus bis zur Zerflcischung auf sich nahm, das der Welt die deutsche Musik schenkte und in der Fülle seiner Dichter und Denker nicht seinesgleichen hat unter den Völkern der Neuzeit: ein solches Volk wird die Demütigung des Versailler Gewaltfriedens wie den moralischen Zusammenbruch überstehen müssen, weil in ihm die Mächte der Mensch heit am Werk sind, die — soweit wir sehen — von keinem Volk der Erde ersetzt werden können. Die Deutschen waren ei» Jahrtausend lang das Kaiservolk der christlichen Welt, es hat ihnen fast das Dasein gekostet; aber daß sie es waren, ist trotzdem ihre Größe gewesen, aus der ihr Schicksal fruchtbar für das Abendland und die Menschheit wurde. Dies darzutun, im deutschen Volk das Gefühl seiner Berufung und damit die Gläubigkeit an sein Schicksal in dieser dun' leisten Stunde seines Daseins zu wecken, ist der Sinn des Werkes. Diese „Dreizehn Bücher der deutschen Seele" sind ein Ausdruck der Besinnung auf unsere Volkskraft; sie sollen über unsere Tage hinaus das deutsche Lesebuch werden als die wortgewordene Geschichte des deutschen Volkes. Georg Müller Verlag München