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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.01.1915
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- 1915-01-23
- Erscheinungsdatum
- 23.01.1915
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// Nr. 18. LClAMuWMörstMÄW'öerSMWM Leipzig, Sonnabend den 23, Januar iS>5, 82. Jahrgang. Redaktion Knnstfälschungen. Ein bedeutender Kunsthistoriker und Museumsdirektor nannte einmal gelegentlich eines Echtheitstreites die Furcht vor Fäl schungen eine Krankheit, die unter Museumsdirektoren mitunter epidemischen Charakter annehme. Besonders der Neuling ver fällt leicht in den Fehler des jungen Mediziners, dem die Krank heit wichtiger ist als die Gesundheit und der sich nur in seinem Element fühlt, wenn er schneiden kann, »Wie? dieser Dürer soll echt sein? 1498 konnte Dürer das noch gar nicht!« Was will es sagen, wenn durch solche liberkritik ein Heiligtum herostratisch in Flammen ausgeht, wenn der Glaube an geweihte Kunstwerke, wie Raffaels Sixtina oder die Madonna mit der Wickenblüte, erschüttert wird! Hier paßt ein Wort, das Flaubert einmal tadelnd an die George Sand schrieb: »I7ex«bs So oritiguo engsnclro I'illilltkIIiAknoo, auf deutsch etwa: Das Übermaß der Kritik führt schließlich zum Stumpfsinn. Und doch ist die Furcht vor Fälschungen im Handel mit Kunstwerken nur allzu begründet, und darum ist es nicht ohne Nutzen, von Zeit zu Zeit auf diese Gefahr für den ehrlichen Kunsthandel und den Sammler hinzuweisen, wie es in besonders anregender Weise vor kurzem in einem Vortrage des Direktors der Bremer Kunsthalle vr. Emil Waldmann im Leipziger Kunst verein geschah. Dieser von zahlreichen Lichtbildern unterstützte Vortrag, der das von Paul Eudel in seinem Buche: I-e trugaaZe (deutsch von Bruno Bücher, 2, Auflage 1909 von A, Rößler) und von Furtwängler in mehreren Arbeiten über Fälschungen von Kunstwerken behandelte Material in geistreicher Darstellung er gänzte, bildet den Anlaß und die Grundlage des vorliegenden Aussatzes, Die Geschichte der Fälschungen ist fast so alt wie die Kunstgeschichte, neuerdings aber hat die Fälschcrzunft eine derartige Verbreitung gefunden, daß sich unter den Museumsdirektoren eine Antifälscherliga gebildet hat, ein Geheimbund, dessen Mitglieder sich mit ihren Erfahrungen gegenseitig im Kampfe gegen Lug und Trug unterstützen. Wie schwer es ist, die Fallen raffinierter Fälscher zu vermeiden, zei gen besonders drei Kunstfälschungen, denen die Leiter großer Museen zum Opfer fielen. Im Jahre 1865 befand sich in der re trospektiven Abteilung der Pariser Weltausstellung eine Ton büste, das Bild des Dichters und Gelehrten Hieronymus Benivieni (1453—1542), im Katalog bezeichnet als Flo rentiner Arbeit eines unbekannten Meisters vom Ende des Quattrocento, Der Besitzer war ein bekannter Samm ler und Kenner, M. de Nolivos. Als dessen Sammlung im Jahre 1866 versteigert wurde, entbrannte ein heftiger Kampf um diese Büste zwischen dem Duc d'Aumale und dem Direktor der Kaiser lichen Sammlung in Paris, wobei dem letzteren das Werk für annähernd 14V60 Frcs, zugeschlagen wurde. Die Büste fand im Louvre neben den Werken von Michelangelo, Cellini, Desiderio da Settignano und anderen Meistern eine würdige Aufstellung. Zwei Jahre später behauptete der Florentiner Kunsthändler An tonio Freppa, er habe 1864 die Büste bei dem Bildhauer Bastta- nini aus Fiesole bestellt, sie mit 350 Frcs. bezahlt und dann an Herrn von Novilos für 700 Frcs. verkauft, ohne für das Alter zu garantieren. Nun entspann sich ein ergötzlicher Zeitungskrieg, eller Teil. bei dem der Bildhauer Lequesne nachwies, daß aus technischen Gründen das Stück alt sein müsse, der Direktor des Louvre die Echtheit vom Standpunkt des Kunstforschers zu erweisen suchte und der Vorbesitzer, M. de Nolivos die Behauptung des Kunst händlers als einen Racheakt bezetchnete, erklärlich aus dem Ärger, daß er nicht genug daran verdient hätte. Endlich ergriff Bastianini das Wort, widerlegte die technischen Argumente und gab genau an, wie die Büste gemacht sei und daß das Modell ein Arbeiter aus einer Florentiner Tabakfabrik sei, was in der Tat genau stimmte. Auch wurde, als er im nächsten Jahre starb, in feinem Nachlaß ein zweites Exemplar der Büste gefunden, und man erfuhr, daß dieser Bildhauer, der staatliche Restaurator der Florentiner Museen, im Dienste Freppas gar manche von dessen Antiquitäten mit erklärlicher Kennerschaft fabriziert hatte. Da wurde die Büste schleunigst aus dem Renaissance-Saal ent fernt. Etwa 30 Jahre später bot ein russischer Händler dem Wiener Hofmuseum einen antiken Goldschatz an, der aus Ringen, Fibeln, Armspangen ufw, bestand und dessen Hauptteil ein reliefverzierter Helm, die sogenannte Tiara des Saitaphernes, bildete, angeblich gefunden in den Ruinen der altgrichischen Kolonie Olbia in Südrußland, Da von zwei Seiten starke Zweifel an der Echt heit geäußert wurden (Bücher und Leisching), wurde der Ankauf abgelehnt. Darauf bot cs der Händler dem Louvre-Museum an, das es 1896 für 200 000 Frcs. erwarb. Der Münchener Archäo loge Furtwängler ließ sich in seinem Urteil über die Unechtheit durch den Ankauf nicht umstimmen; trotzdem blieb die Tiara sieben Jahre das vielbewunderte Schmuckstück der Pariser An tikensammlung. 1903 erklärte ein Künstler namens Elina (der übrigens jetzt wieder wegen einer Manet-Fälschung im Gefäng nis sitzt), er habe die Tiara gemacht, zog aber, nachdem sich ein Pressestreit der Angelegenheit bemächtigt hatte, seine Behauptung wieder zurück. Jetzt nannte der russische Juwelier Lifschitz den Graveur Rouchomowsky als den Verfertiger; dieser bestätigte die Angabe und gab zu, für die Arbeit, die ein Geschenk für einen russischen Archäologen sein sollte, 2000 Rubel erhalten zu haben. Nun veranlaßte der Louvre, daß Rouchomowsky nach Paris kam, Proben seiner Kunst ablegte, die er glänzend bestand, und über die Zusammensetzung einzelner Teile Angaben machte, die sich alle bestätigten. Auch die Vorlagen, nach denen das Werk gearbeitet war, wurden nach seinen Andeutungen gefunden. Da kein Zweifel mehr möglich war, wurde der teure Schmuck in das Ausö« (Iss Lrts clöeoratiks geschasst als bedeutendes Werk moderner Goldschmiedekunst. Der dritte Fall, den Waldmann als Kunstfälschung anführte, betrifft die Wachsbüste der Flora, die das Kaiser Friedrich-Mu seum in Berlin als Werk des Lionardo im Jahre 1909 in London erwarb. Der an diese Erwerbung sich anknüpfende Echtheitsstreit ist noch zu sehr in aller Erinnerung, als daß ich ihn hier noch einmal ausführlich behandeln sollte. Auch der (um 1840 tätige) englische Bildhauer Lucas, der von den Echtheitsgegnern als der Meister der Florabüste angesprochen wird, soll für einen Antiquar ab und zu Imitationen angefertigt haben. Immer hin erscheint es gewagt, auf diese Indizien hin die Frage als gelöst zu bezeichnen. Analogien führen oft zu Trugschlüssen. Ganz unglaublich erscheint es jedoch, daß eine, wie Waldmann an- 89
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