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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.09.1923
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- 1923-09-01
- Erscheinungsdatum
- 01.09.1923
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- Deutsch
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X: 204, I. September 1923, Redaktioneller Teil, sollte, wie es dort geschehen ist, könnte das mir in den Abgrund führen. Überaus bedenklich ist auch das, wie die Presseveröffent lichungen der letzten Tage gezeigt haben, daß das Statistische Amt doch offenbar nicht so unabhängig in der Feststellung des Lebens haltungsindex oersährt, wie es unbedingt verlangt werden mutz, Tie zuletzt bekanntgcgcbenc Erhöhung um 72?S hat sich zugestande nermaßen als ungerechtfertigt erwiesen. Es ist ohne weiteres klar, daß derartige Vorkommnisse die besten Absichten vernichten müssen und nur «in allgemeines Tohuwabohu herbeisühren können. Vom allgemeinen aus gesehen ist un sc r e L a ge am ehesten wohl doch vom Gesichtspunkt der äußeren Politik aus zu verstehen, Stresemann hat mit Recht betont, daß wir nichts erreichen können, wenn wir etwa auf eine Entzweiung unserer Gegner warten oder gar daraus hinarbeiten wollten. Denn es ist klar, daß der Franzose von Rhein und Ruhr auch von England heute nur um den Preis eines neuen Krieges entfernt weiden könnte. Die Verantwortung für einen neuen Krieg mag und kann aber heute kein Staatsmann über nehmen. Damit bleibt für die Ruhrfrage, die ja doch »das- Pro blem ist, nur die Losung, aber auch die Aufgabe, daß verhindert wird, daß der Franzose sein Ziel erreicht. Das heißt aber, daß eben Deutschland durchhalten muß, koste es, was es wolle. Und Deutschland muß aus eigner Kraft durchhallen. Denn wenn wir auf fremde Hilf« warten, wird man uns nie helfen. Nur wer sich selbst zu Helsen Anstrengungen macht, findet Unterstützung, Mit den neuen Steuergesetzen suchen wir uns zu sanieren. Diese Lasten müssen deshalb auch übernommen und getragen werden, mögen sie noch so schwer sein. Was man hier sparen und abschieben wollte, wäre ja doch umsonst: denn dann kommt der Gesamtverlust eben doch. Im unvermeidlichen Zusammenbruche ginge auch das zu nächst Gerettete unter. Verlangen aber muß man, daß diese Opser wirklich für die Sanierung unsrer Lage angewandt, nicht aber nutz los verpulvert werden. Und hier ist zu betonen: ein Voll, das so verarmt ist wie das deutsche, kann sich weder den Luxus eines noch über den Friedensstand gesteigerten Verwaltungsapparates noch manches andere leisten. Wollen wir wirklich erst darauf warten, daß uns wie in Österreich ein fremder Finanzdiktator zu Er sparnissen und Reformen zwingt? Der Buchhandel wird sich dar über klar sein müssen, daß eine derartige Entwicklung gerade ihm immer noch eine weitere Absatzminderung bringen dürste. Gleich wohl muß er wie der gesamte Handel und die gesamte Industrie mit dafür eintreten, daß nur produktive Arbeit Lohn verdient. Die damit unvermeidlich verbundene Kris« wird durchgemacht werden müssen: anders gibt es keine Gesundung, Kantate-Bilanz. Von vr, E, Ehlerman n, Dresden, lFortscbuog zu Nr, SÜ2,s 3, Die R ü ck w i r k u n g >a u f'V e r l a g, Buchhandel, Kultur, » Es ist wohl keine überhebmrg, wenn ich den deutschen Verlag als den relativ höchstentwickelten der Welt bezeichne. Seine Bllchererzeu- gung war vor dem Kriege so groß, wie die von England, Frank reich und den Vereinigten Staaten zusammengenommen: sie stand nach Menge und Wert gleich hoch. Große Erzeugung ist dauernd nicht möglich ohne entsprechenden Absatz, Daraus erhellt, daß auch die Kapazität des deutschen Büchermarktes wesentlich größer gewesen sein muß, als in allen anderen Ländern, Diese Kapazität aber ist zu einem wesentlichen Teile geschaffen durch das Edel>< sortiment. Seiner intensiven Vertriebsarbeit war cs überdies zu verdanken, daß in Deutschland — abweichend von anderen Län dern — eins große Zahl mittlerer und kleiner Verlagsbetriebe auf« blühen konnte, die dem deutschen Geistesleben außerordentlich wertvolle Dienste geleistet und dabei doch «in gesundes wirtschaft liches Auskommen gefunden haben. Mit dem Edelsortiment muß auch der größte Teil dieser Betriebe verkümmern. Nicht also nur das Sortiment, auch der Verlag wird herunterkommen. Auch hier ein« Entwicklung im Sinn« des Kapitalismus: Verschwinden der kleineren und mittleren Betriebe zugunsten der großen. Die Vor züge, di« der verlegerische Großbetrieb hat oder haben kann, ver kenne ich nicht. Die Gefahr der Entwicklung zur Bücherfabrik, die Gefahr der Vertrustung und der einseitig wirtschaftlichen Aus beutung einer Monopolstellung wird ebensowenig geleugnet wer- den können. Diese Vertrustung bedeutet eine weitere schwere Ge fahr für das Sortiment, Denn je größer ein Betrieb ist, um so leichter vermag er sich der Machtpolitik des Sortiments zu ent ziehen, namentlich, wenn er sich ein ausgebreiteles Netz von Ver- triebsstellen angliedert, die natürlich in ihrer Preispolitik voll ständig von der Zentralleitung abhängig und den Mehrheits beschlüssen des Sortiments entzogen sind, Beispiele hierfür brau chen wir nicht weit zu juchen und diese Beispiele weiden um so schneller Schule machen, je länger das Sortiment bei seiner jetzigen Machtpolitik verharrt. Die Strömungen, des Büchermarktes wer den immer mehr auf die Mühlen dieser Riesenbetriebe abgelenkt, dem Sortiment aber entzogen werden. Wenn das Sortiment auch bei normal gewordenen »Laden-Preisen weiter derart verteuernd auf das Buch einwirkt, wie das jetzt geschieht, so sind offensichtlich diese Großbetriebe mit ihrer größeren Ökonomik der Verteilung den kleineren Verlagsbetrieben im Konkurrenzkampf derart über- legen, daß diesen nur di« Wahl bleibt, entweder rechtzeitig den Anschluß an einen Großbetrieb zu finden, oder — unterzugehen. Also auch hier Förderung des Hochkapitalismus, Neben diesen schädlichen Rückwirkungen auf den Verlag laust eine nicht weniger nachteilige Veränderung im Verhältnis des Ver lags zum Sortiment her. Ich denk« an die direkte Lieferung! Ohne Zweifel wäre es an sich das »Richtige« — fast hätte ich ge sagt, das Anständige« —, wenn der Verlag grundsätzlich nur durch das Sortiment lieferte, wie das in anderen Berusszweigen ganz selbstverständlich ist. Auch im Buchhandel ist cs einmal so gewesen. Aber es hat jetzt wenig Zweck mehr, zu untersuchen, weshalb der gute Brauch abgckommen ist und ob das Sortiment hierbei ein Teil der Schuld trifft. Jedenfalls ist jetzt di« direkte Lieferung bei uns eingebürgert, und durch nichts konnte sie mehr gefördert wer- den, als durch das jetzige Vorgehen des Sortiments, Es zwingt den Verleger geradezu in diese Richtung, ganz abgesehen von den immer zahlreicher werdenden Betrieben, die überhaupt aus direkte Lieferung eingestellt sind. Und das ist vielleicht der größte Scha den, den das Sortiment sich selbst antul. Denn je stärker die direkte Lieferung anschwillt, um so tiefer muß die Leistungsfähigkeit des Sortiments sinken: derart, daß es schließlich ganze Teil« des Büchermarktes verliert. Das ist ja frllffer schon geschehen mit dem Kolportage-, Reise- und Versandgcschäft — ob abermals infolge der kapitalistischen Entwicklung oder aus anderen Gründen, kann dahingestellt bleiben. Das Zeitschriftengeschäft ist in voller Ab- Wanderung auf die Post, Vom Jugendschristen, und Bilderbücher geschäft sind dem Sortiment nur noch Bruchteile verblieben. Aus dem Schulbüchergeschäft manövriert es sich anscheinend mit bestem Erfolg hinaus, Gott sei Dank! — sagen di« einen. Die anderen sehen die Sache weniger rosig an. Ich will nicht untersuchen, wel cher von beiden der Kurzsichtige ist. Die Gefahr, daß die wissen- schriftlich« Literatur denselben Weg ging, war eine Zeitlang ernst genug und hätte dem Sortiment schon heute den Hals kosten kön- nen. Zum Glück ist es dem gesunden geschäftlichen Verstand beider Parteien noch rechtzeitig gelungen, dieses Schlimmste abzuwenden. Das bekannte Abkommen hat zwar Bresche gelegt in die Macht stellung des Sortiments, von der ich im Anfang sprach. Aber es gibt auf der anderen Seite doch vielleicht zu denken, daß den Wünschen des Sortiments zuerst gerade diejenige Verlegergruppe weit entgegengekommen ist, der — so viel ich sehe — sämtliche »Unentwegte« angehören. Die Rückwirkung aus das deutsche Kulturleben streife ich nur kurz. Ich habe schon oben dargelegt, wie durch die Tätigkeit des Edelsortiments der Büchermarkt vertieft worden ist. Nur durch seine wirtschaftlich hochorganisierte Tätigkeit konnte der Wissens drang, das BildungSstreben des Deutschen befriedigt und immer weiter gesteigert werden. Bricht dieses Edelsortimcnt zusammen, dann wird auch das deutsche Geistesleben kaum wieder gutzu machenden Schaden erleiden. Es wird einem Baume gleichen, des sen Wurzeln auf felsigen Boden treffen,. Zumal in einer Zeit, deren Not gerade den Geistesarbeiter am schwersten trifft. Wer nun di« vorstehenden Darlegungen als »Schwarzsehe- reien« abtun will, der mag es tun. Für di« Polemik gegen solche Schlagworte ist mir das Papier des Börsenblattes zu kostbar. Wen 1219
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