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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.09.1931
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- 1931-09-12
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- 12.09.1931
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MsmbMfMmDeMMVlMaM Nr. 212 (N. 106). Leipzig. Sonnabend den 12. September 1S31. 88. Jahrgang. Redaktioneller TA Zur Wirtschaftslage. Von Professor I)r. G. M c n z. jAußenpolitische Entscheidungen — Annen- und Wirtschasts- politik — Konjunkturberichte — Buchgcwcrbc.I Die schtvcrwiegendste Entscheidung der letzten Tage war die Preisgabe des deutsch-österreichischen Zollunionsplancs durch die verantwortlichen Vertreter Deutschlands und Österreichs in Genf am 3. September. Damit schloß eine Episode der jüngsten Weltgeschichte, die an Tragik und Dramatik nur von wenigen andern erreicht wird. Nur rund vier Monate hat sic umfaßt, aber sic bedeutet eine Epoche. Man wird gut tun, sich den ge faulten Verlauf noch einmal zusammenhängend ins Gedächtnis zu rufen. Nur so wird der Sinn des Ganzen erkennbar. Die Veröffentlichung des Zollunionplanes hatte den Zweck, in die reichlich festgefahrcne europäische Politik Bewegung zn bringen. Schon in diesem Augenblick standen sich dabei England und Frankreich als Gegenspieler gegenüber. Daß eine Reorganisa tion der europäischen Wirtschaft nötig sei, nm über die ständig schärfer werdende Krise hinwcgzukommcn, stand fest. Aber un entschieden blieb, ob die Reorganisation nach dem Plan Mon- tagu Normans von der Bank von England oder nach dem, was Briand dagegen andeutete, erfolgen sollte, nnd über der Un fähigkeit Europas oder wenigstens der Unmöglichkeit, sich für das eine oder das andere endgültig zu entscheiden, drohte der Zusammenbruch, nicht nur für die Mittelmächte, sondern auch für England, die schon dadurch zusammengesührt wurden. Das Zollunionsprojekt, das ja den Anschluß weiterer Staaten von vornherein ins Auge faßte, brachte den Stein ins Rollen. Wie sich das Drama im einzelnen danach entwickelte, ist schon vor zwei Monaten a» dieser Stelle dargetan worden. Heute gilt es nur das Ergebnis festzustcllcn. Ausschlaggebend für die ent scheidende Wendung war, daß die angelsächsische Front nicht ge halten hat, Hoover hat zwar das Reparationsfeierjahr durch- gesetzt. Aber es trifft ja nur die politischen Schulden, nicht die privaten. Dieser Gegensatz ist wichtiger als das, was Frankreich zur Abschwächung des Reparationsseicrjahres gefordert und er reicht hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob bei der Ankündi gung des Reparationsseierjahres von vornherein beabsichtigt war, Frankreich, das durch das politische Moratorium vor wiegend getroffen wurde, dagegen an den privaten Schulden Deutschlands weniger beteiligt war, zu schädigen, den Angel sachsen aber die Einziehung ihrer privaten Forderungen offen zu halten, sodaß sie bei einem etwaigen Zusammenbruch nach Ablauf des Reparationsseierjahres weniger zu befürchten gehabt hätten. Jedenfalls hat das Osfenbarwcrden des Gegensatzes und die Verschärfung der Spannung genügt, die Liquidierung der Pri vaten Schulden gerade im Zusammenhang mit -dem Feierjahr für die politischen in Gang zu bringen und überstürzt zu stei gern. Dabei wurde aber auch die Schwäche Englands dcntliH, Amerika hätte die Hauptlast des Widerstandes übernehmen müssen. Die Ansichten dort sind aber geteilt. Von der Abrüstung ist cs recht still geworden. Hendersons Hoffnung, Deutschland zum Verzicht auf den bekannten Panzerkreuzer zu bewegen und uni diesen Preis Frankreichs Entgegenkommen zu erlangen, ist zerronnen. Schon ist von Vertagung der Abrüstungskonferenz gesprochen worden. Wenn Italien jetzt eindeutige Erklärungen in der Abrüstungssrage forderte, so sicher mehr, um Klarheit zu gewinnen und nötigenfalls zu neuen Verhandlungen mit Paris zu gelangen, als uni wirklich die Abrüstung z» fördern. Auge- sichts der geringen Aussichten, in der Abrüstung vorwärts zu kommen, scheint aber in Amerika die Partei, die für Verständi gung mit Frankreich ist, wieder die Oberhand gewonnen zu haben. Die Verhandlungen über den Hoovcrplan ließen bereits ein Nachgebcn Amerikas erkennen. Die Verständigung zwischen Morgan und der Bank von Frankreich über die weitere Anleihe- Politik gegenüber Europa bedeutet schon geradezu die Preisgabe Englands durch Amerika. Dem entspricht aber auch die Um stellung in London. Der Außenminister Hendcrson ist heute der Führer der Opposition im englischen Parlament. England drohte unter der Labour-Regierung der Hauptleidtragende der Episode dieses Sommers zu werden, zumal nachdem sich Deutsch land den, amerikanischen Rat, sich mit Frankreich zu verständi gen, ernsthaft zu folgen anschickte. In diesem Zusammenhang gesehen bedeutet die Preisgabe des Zollunionsplancs mehr als eine deutsche diplomatische Niederlage. Sie bekundet zugleich den Zusammenbruch einer großen umfassenden weltpolitischen Kom bination, den Fehlschlag eines englischen Angriffs auf Frank reichs Vormachtstellung. Daß Frankreich gleichzeitig an einer Verständigung mit Rußland arbeitet, unter Einbeziehung Po lens, läßt vermuten, daß -es weitere Absichten hat. Hier darf man vielleicht daran erinnern, daß die Liquidierung der Zoll unionsepisode gerade 6l Jahre und einen Tag nach Sedan er folgt ist. Damals brach das Kaisertum Napoleons III. zusam men, das die französischen Feldzeichen bis nach Peking und nach Mexiko getragen hatte, von den Siegen in der Lombardei nnd auf der Krim ganz zu schweigen. Damals konnte Frankreich nahezu den ersten Platz in der Welt beanspruchen. Das hat man in Paris nicht vergessen. Der Erfolg im Weltkrieg hat ihm die Möglichkeit eröffnet, dort wieder anzusangen, wo es vor Sedan gewesen war. Napoleon hatte damals ganz bestimmte Pläne für die Behandlung Deutschlands. Sie sind heute naturgemäß nicht einfach unverändert anwendbar. Aber darauf kommt cs gerade jetzt mehr denn je an, wie sich unter diesem Aspekt Deutschland nnd Frankreich verhalten werden. An die Führung der deutschen Politik werden dabei die allergrößten Anforderungen gestellt. Man darf gerade auf die Vorgänge der allernächsten Zeit be sonders gespannt sein. Naturgemäß hängt von dem Ergebnis die wirtschaftliche Entwicklung sehr stark ab. Es steht mit dieser Abhängigkeit in Zusammenhang, daß die innerpolitischcn nnd namentlich die wirtschastspolitischcn Ent scheidungen ebenfalls in der Schwebe bleiben. Je nach den Wendungen der Außenpolitik ergeben sich ja unterschiedliche Möglichkeiten auch für die Behandlung der Krise im Innern. Das bezieht sich insbesondere auf die Frage, wieweit eine neue auswärtige Anleihe Hilfe bringen könnte und wieweit überhaupt Aussicht auf eine solche besteht. Die Ansichten im Inland wie im Ausland sind geteilt. Da hierfür auch die Entscheidung über den Termin völlig unsicher ist, wird cs doch das Beste sein, die empfohlene Selbsthilfe allein ins Auge zu fassen. Auch hier aber stimmen die Meinungen hinsichtlich der einzuschlagendcn Wege noch keineswegs uberein. Daß die Wirtschaft vor allem an Kapitalmangel leidet, steht fest. Ist fremdes Kapital nicht zu haben, so bleibt noch die Frage, ob nicht im Inland Kapital mobilisiert werden könnte. Zwei Vorschläge in dieser Richtung sitid neuerdings vornehmlich laut geworden. Beide gehen davon aus, daß es im Grunde unsinnig ist, Steucrerträge einfach un- 817
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