Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.01.1929
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- 1929-01-29
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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X- 24, 28. Januar 192g. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn.Buchhandel. eine Lohnzulage in Höhe von 10 NM in der Spitze zu verlangen, andernfalls die Kündigung einzureichen. Dieser Aufforderung bzw. dieser Kampfmaßnahme leistete die Arbeiterschaft auch Folge. In zwischen hatten aber die Arbeitgebervertreter beim Neichsarbeits- ministerium die V e r b i n d l i ch k e i t s e r k l ä r u n g beantragt; diesem Anträge wurde stattgegeben. Somit blieb den Arbeitnehmer vertretern nichts anderes übrig, als in Befolgung der gesetzlichen Vorschriften die Kampfmaßnahmen aufzuheben und wieder auf den Boden der tariflichen Ordnung zurückzukehren. Das geschah aller dings auch im großen und ganzen; an einzelnen Orten brachen aber trotzdem lokale Streiks aus. Der am 31. März 1929 ablaufende Manteltarif ist von den Tarifparteien nicht gekündigt wor den, so daß er vorläufig noch unverändert bis 31. März 1930 gilt. Die Arbeitnehmer-Organisationen haben jedoch beschlossen, den Lohntarif zu kündigen. 3. Der Deutsche Buchdruck - Preistarif. Hauptsächlich infolge der Erhöhung der Löhne ab 1. April 1928 erhöhte der Vorstand des Deutschen Buchdrucker-Vereins die Sätze des Buchdruck-Preistarifs um 5°/». Nun ist das Festsetzen ja stets leichter als das Durchführen und Erreichen, und zwar um so mehr, wenn man die gegen die Friedenspreise außerordentlich hohe Steige rung des Buchdruck-Preistarifs an und für sich in Betracht zieht, ganz abgesehen davon, daß einzelne Positionen, z. B. die Preise für Formschließen und Textzurichtung, in verhältnis mäßig kurzer Zeit wiederholt eine »Korrektur« erfuhren, durch die schließlich Sondererhöhungen indirekt eingeschlossen wurden, die ganz gewaltig ins Gewicht fielen bzw. fallen. (Hierüber ist wiederholt im Börsenblatt in Aufsätzen und an der Hand vergleichender Tabellen das Nähere gesagt worden.) Schon beim Abschnitt »Kon junktur und allgemeine Wirtschaftslage« war ans die nicht- zureichende Auftragsdecke hingewiesen worden, durch die selbstverständlich die preistariflichen Sätze noch weit mehr ins Wan ken kommen mußten, als sie es ohnehin durch die jahrelang fortgesetzte Überspannung schon waren. Das oft bedeutende Abweichen vom Preistarif ist in dessen innerer Struktur begründet und muß selbstverständlich weiter zunehmen, wenn die Austragsdecke trotz nur geringer oder mittelmäßig hoher Arbeitslosigkeit nicht reicht und infolgedessen die unausbleibliche Jagd nach den Aufträgen beginnt und weiter zunimmt. Es ist doch auch keine Kleinigkeit, wenn bei spielsweise für eine Stunde Akziöenzsatz (mit Ablegen und Haus korrektur) bei einfachen Arbeiten 4.20 oder 4.— oder 3.80 NM bzw. bei besseren Arbeiten 4.85 oder 4.60 oder 4.35 NM bezahlt werden müssen (je nachdem der betreffende Druckort über 17^ A, 10—17^^2 oder unter 1026 Ortszuschlag hat). Aus den verschiedensten Gründen, die näher zu erläutern im Nahmen dieses Aufsatzes zu weit führen würde, hat sowohl die Mehrheit der Baden-Badener Hauptversamm lung (1927) wie auch die der Kölner Hauptversammlung (1928) es ab ge lehnt, auf der Wiedereinführung der im No vember 1925 infolge der Einwirkung des Kartellgesetzes aufgehobenen p r e i s t a r i s l i ch e n Bindung zu bestehen. Statt dessen sind andere Wege bcschritten worden, die zur besseren Beachtung des Deutschen Bnchdrnck-Preistariss führen sollen. In erster Linie kom men hier die sogenannten Kollegialen Abkommen zum gegenseitigen Schutze des Besitzstandes in Betracht. Schon während mehrerer Jahre ist ein derartiges Abkommen in Berlin in Wirksamkeit: in letzter Zeit ist man an vielen Orten mit ähn lichen Einrichtungen gefolgt. Das Berliner Abkommen ist bis 31. März 1930 verlängert worden. Auf der Hauptversammlung des Deutschen Buckdrucker-Vereins in Köln (September 1928) wurde ein Be schluß gefaßt, nach dem sinngemäß die Kollegialen Abkommen über die Grenze jedes einzelnen Kreises auszudehnen und durch Querverbindungen mit anderen Drnck- ortenzu stärken sind. Wir werden auf den besonderen Zweck und die Struktur dieser Kollegialen Abkommen in nächster Zeit noch zurückkommen. Ein weiteres Mittel, um eine bessere Befolgung der preis tariflichen Vorschriften zu erreichen, ist in der lebhaften Werbung für die im Herbst 1927 cingeführte Buchführung für Buch- druckereien zu erblicken, die aus zwei Teilen besteht. Ans Beschluß der Baden-Badener Hauptversammlung (September 1927) wurde diese Buchführung allen Mitgliedern des Deutschen Buch drucker-Vereins kostenlos zngestellt. Auf Grund einer Bekannt machung vom 20. November 1928 erließ der Vorstand des genannten Vereins ein »Preisausschreiben für gute Ideen zur Gemeinschaftspropaganda«. Mit diesem Preisausschrei ben soll eine Gemeinschaftspropaganda für die Erzeugnisse des Buchdrucks in- die Wege geleitet werden. Man will also, was ge wiß berechtigt und wohl zu verstehen ist, eine möglichst nachdrückliche Stärkung der Auftragsdecke erreichen und damit, was nicht weniger beabsichtigt und wichtig ist, eo ip8o auch ein besseres Preisniveau erstreben. Bis zur Stunde ist das Ergebnis dieses Preisausschrei bens noch nicht bekanntgegeben worden. Der Vorstand des Deut schen Buchdrucker-Vereins ist auch dazu übergegangen, das Bild in den Dienst zur Erreichung besserer Druckpreise zu stellen. Im Jahre 1928 wurden dem Vereinsorgan, der »Zeitschrift für Deutsch lands Buchdrucker«, drei solcher Warnungsbilder beigelegt. Die Erklärungen auf diesen drei Bildern lauteten: »Sie zerstören Ihren Betrieb, wenn Sie unter Tarif arbeiten und damit Ihre Kraft und Ihr Kapital verschleudern«. — »Sie stoßen Ihre Familie ins Elend, wenn Sie unter Tarif arbeiten, denn über kurz oder lang müssen Sie Ihren Betrieb schließen.« — »Eine gute Bilanz werden Sie haben, wenn Sie die Preise des Buchdruck-Preistariss einhalten.« Anfangs 1929 wurde ein viertes Bild beigelegt, dessen Text wie folgt abgesaßt ist: »So braucht Ihr Betrieb nicht aus zusehen! Nehmen Sie tarifliche Preise, so können Sie Ihre ver alteten Maschinen durch neue ersetzen!« Auch die monatlich erschei nenden und der »Zeitschrift für Deutschlands Buchdrucker« regel mäßig beiliegenden »Berechnungsamts-Nachrichten« sollen den Mitgliedern als ein gutes Instrument zur Aufklärung über preistarifliche Fragen und zur Erzielung besserer Preise dienen. In Österreich und in der S ch w e i z wird gleichfalls über die viel zu kurze Auftragsdecke und über stillstehende Maschinen sowie über unzureichende Preise geklagt. Um nun einen Ausgleich herbei zuführen, machte die schweizerische Zeitschrift »Graphischer Central- Anzeiger« (Nr. 23 vom 1. Dezember 1928) folgenden Vorschlag: »In manchen Druckereien stehen seit Jahren viele Druckmaschinen still, was einen enormen Kapitalverlust bedeutet, seien sie nun amorti siert oder nicht. Wir sind nun der Meinung, daß eine mit Arbeit überhäufte Druckerei nicht gleich an die Neuanschaffung von Druck maschinen herantreten sollte, die nach kurzer Zeit wieder stillüehen. Der betreffende Buchdrucker würde besser tun, in dringenden Fällen einige Druckformen dort drucken zu lassen, wo die Maschinen still- stehen. Dabei würden beide auf ihre Rechnung kommen. Früher hat man es so gemacht, und zwar zum Nutzen unseres Gewerbes. Warum diese durchaus loyale und zweckmäßige Gepflogenheit heute immer mehr auf Widerstand stößt, können wir nur einer gewissen Voreingenommenheit zugute halten. Daß in manchen Druckereien sehr oft Uberzettarbeit gemacht wird, während in anderen Betrieben gar nichts zu tün ist, dürfte ein Zeichen der ungesunden Verhältnisse in unserem Berufe sein.« — Diesen Vorschlag sollten auch viele deutsche Druckereien sich mal ernsthaft überlegen. 4. Organisatorisches aus dem Buchdruckgewerbe. Bedeutende Ereignisse waren für den Deutschen Buch drucker-Verein, der im Jahre 1929 auf ein OOjähriges Be stehen zurückblicken kann, zweifellos die im September 1928 abgehaltene Hauptversammlung und der in der gleichen Woche stattgchabte II. In ternationale Buchdrucker-Kongreß. Beide Veranstaltungen, worüber im Börsenblatt ausführlich berichtet wurde, waren sehr zahlreich besucht und dürften auch für die Zukunft eine gute Nachwirkung haben. Die Kölner Pressa gab dabei noch einen besonders zug kräftigen Nahmen ab. Der III. Internationale Buch drucker- Kongreß ist für April 1929 nach London (Olympia- Palast) einberufen worden, wo um diese Zeit eine Internatio nale Ausstellung für Druckmaschinen und Druck- gewcrbe stattfindet. Mit den Vorarbeiten zu diesen Veranstaltungen ist man zurzeit lebhaft beschäftigt. — Leider wurden im verflossenen Jahre dem Deutschen Buchdrucker-Verein hochverdiente Männer bzw. Mitglieder durch den Tod entrissen. Kurz nach der Jahreswende, am 12. Januar 1928, starb Herr E r n st Wicnc r-Leipzig, der seit der im Jahre 1889 erfolgten Gründung der »Zeitschrift für Deutsch lands Buchdrucker« bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1920 als Schriftleiter des Vereinsorgans tätig war und manchen Baustein zum Emporwachsen des Deutschen Buchdrucker-Vereins beigetragen hat. Einen schweren Verlust für den genannten Verein wie für das gesamte Gewerbe bedeutete der Tod des Herrn Heinri ch Schwarz-Leipzig, des unermüdlichen Ersten Vorsitzenden der Leipziger Typographischen Gesellschaft, die er 34 Jahre leitete; 41 Jahre war er deren Mitglied gewesen. Als ein im In- und Ausland sehr geschätzter Fachschriftsteller hat er auch oft seine Feder dem Börsenblatt zur Verfügung gestellt. Am 4. August verlor der Deutsche Buchdrucker-Verein seinen Zweiten Vorsitzenden, Direktor Paul Winkler-Berlin, und am 6. Oktober den gleichfalls weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannten Buchdruckerei besitzer und Fachschriftsteller Otto S ä u b e r l i ch-Leipzig, dessen »Buchgewerbliches Hilfsbuch« und »Buchgewerblich-graphisches Taschenlexikon« (»Obral-Wörterbuch«) ja allgemein bekannt und ge schätzt sind. 115
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