Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäktszweiye. Hcrausgegeben von den Deputieren des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Redacteur: vr. I. Sl. Bcrgk. Commissionnair: A. Frohberger. V 31. Freitag, den 1. August 1834. Buchhandel. Betrachtungen zu dem Entwürfe zu einem Regulative für den litera rischen Rechtsziisiand in Deutschland. Anfänglich war cs unsere Absicht, keine Bemerkun gen über diesen Entwurf mikzutheilen, da er als Ma nuskript betrachtet werden sollte; allein was gedruckt wird und das Interesse des ganzen deutschen Publikums be trifft, das kann kein Geheimniß bleiben. Dies ist auch mit dem Entwürfe der Fall gewesen, der jetzt in einer Menge Zeitschriften theils vollständig, theils verstümmelt abgedruckt und nunmehr Gemeingut worden ist. Man hat Betrachtungen darüber angestellt, und die Stimmen, die sich haben vernehmen lassen, haben Vieles daran aus zusetzen gefunden und dies mit Recht. Der Entwurf ist sehr unvollständig und verräth mehr als Eigennutz, er hall die Rechlssphäre nicht streng genug und entspricht auch nicht den Forderungen der Zweckmäßigkeit (Politik). Er schließt die Musikalien-, die Kunsthändler ic. aus und betrachtet den Buchhänd lerverein als eine Zunftanstalt, was er weder ist noch seyn will, noch sepn kann, noch seyn darf. Er ist ein Verein selbstständiger, unabhängiger und freier Männer zur Förderung des Buchhandels, der Wissenschaften, Künste und zur Volksbildung. Jede Zunft ist eine wi derrechtliche und verderbliche Anstalt; sie fördert den Geist der Selbstsucht und nährt nicht den Gemein geist, den Geist des freien Sinnens und Denkens, wel cher das Gepräge aller Wissenschaften und Künste ist- die wissenschaftliche Eultur und die Volksbildung würden einen unendlichen Schaden leiden, wenn die Buchhänd ler einen Aunftverein bilden wollten, dem das Verbie- tungsrccht durch ganz Deutschland zustehe; er würde eben so gefährlich für die Regierungen sepn, als ec gegen al- 1- Jahrgang. les Recht verstößt. Die 38 deutschen Bundesstaaten würden bald jeder bloß das Beste seines Volkes berücksichti gen müssen und sich nicht mehr an das kehren, was ein engherziger und alle Vaterlandsliebe tödtender Zunftgeist forderte; aber gegen diesen erklären sich eben so sehr alle biedern und einsichtsvollen Buchhändler als die aufge- klarten Männcc aller Stands und Gewerbe. Die Buch-- Händler sind keine Handwerker, sie sichen über dem ge wöhnlichen Kaufmann und sind die ehrcnwerthcn Beför derer alles Großartigen und Edlen und verbreiten Auf klärung, wie Wissenschaften und Künste. Sie machen die Vermittler zwischen den Gelehrten und dem Publicum und fördern alles Gute, Schöne und Nützliche zu Tage, was den menschlichen Geist in Schriften ehrt und ihm Vortheile gewährt. Doch wir wollen hier nicht un sere Meinung über den Entwurf mitlheilen, der vorzüg lich der Beurtheilung des Rcchlsgebiels und der Politik anheim fällt, sondern wir wollen besonders das unfern Lesern im Auszuge wiedergeben, was ein ehrenwerther und freisinniger Mann in den „kritischen Blättern der Börsenhalle, Hamburg, den 14. u. 21. Juli No. 211 u. 212 rc." nicdergelegt hat. Wir heben blos das heraus, was sich unmittelbar auf den Entwurf bezieht: ' Das allgemeine Motiv des Gesetzes, so wie es in dem Eingänge den deutschen Regierungen in den Mund gelegt ist, scheint uns nicht ganz glücklich ausgedrückt. Die Regierungen haben gewiß außer „dem längst gefühl ten Bedürfniße" noch ein weit dringenderes Motiv — nämlich ihr, im Grundvertrage des deutschen Bundes, feierlich gegebenes Versprechen*). Anstatt dieses Ver- *) Bundcsacte Art. 18. ä. „Die Bundesversammlung wird sich bei ihrer ersten Zusammenkunft mit Abfassung gleich förmiger Verfügungen über die Preßfreiheit und Sicherstel lung der Rechte der Schriftsteller und Verleger gegen den Nachdruck beschäftigen." 31