Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. HerauSgegeben von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. 45. Rcdigirt unter der Verantwortlichkeir der Herausgeber. Commissionnair: A. Frohberger. Freitag, den 7. November 1834. Buchhandel. Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. (Beschluß.) Als Cotta (l8lv) seinen Wohnsitz nach Stutt gart verlegte, war fern alter Adet vom Könige von Würtemberg unter dem Namen und Titel eines Frei herrn von Cottendorf anerkannt und bestätigt worden. Aber der so hoch Gestellte und allgemein Gefeierte schämte sich nie des Geschäftes, dem er seinen Ruhm und seinen Reichlhum verdankte, vielmehr bewegte er sich in seinen vier Etablissements (in Tübingen, Stuttgart, Augsburg und München), fortwährend mit der größten Vorliebe, bis an seinen Tod. Als seltener Rechenmei ster ging er in tie kleinsten Einzelnheiten ein, beharrle mit einem Eigensinne, der ihn oft schwer drückte und der schiefsten Beurlhcilung bloßstellte, bei der Gewohn heit, Alles selbst zu machen, und widmete seiner Buch handlung so unausgesetzt die äußerste Sorgfalt, daß wäh rend einer langen Reihe von Jahren auch nicht eine Note vorkam, die nicht von seiner Hand ins Hauptbuch ein getragen wäre. Allein — so groß und segensreich auch seine politische und literarisch-artistische Wirksamkeit war, so gewiß dieselbe von Anfang an die Basis seiner Wohl habenheit und seines Einflusses auf deutsche Cultur ge wesen ist, — ihm genügte sie nicht. Mit nicht min der auffallendem Erfolge umfaßte seine unermüdliche Thätigkeit das weite Gebiet und den innern Organismus der Land- und Slaalswirlhschaft. Auf seiner Herrschaft Plettenberg und seinen vielen Gütern führte er alles Reue ein, das ihm als anwendbar und zweckmäßig er schien. In jedem Zweige der Agronomie strebte er Mu- sierwirlhschaften zu begründen, und namentlich seine Schafherden gehörten bald zu den zahlreichsten und edel sten Süddeutschlands. Dabei suchte er nicht nur durch sein Beispiel auf das Landvolk zu wirken, sondern er war auch von allen würtembergischen Grundherren der erste, der auf seinen ausgedehnten Besitzungen die Leib eigenschaft aufhob. Und mit Bewunderung haben wir gesehen, wie derselbe Mann, der mit gerechtem Stolze von jener Zeit sprach, wo er, als einzige Stütze seiner zahlreiche» verwaisten Geschwister, zu Fuße zur Bllch- handlermcssc nach Leipzig Pikgerte, — nicht nur im Jahre 1825 zuerst die Dampfschifffahrt auf dem Rhein und Bodcnsee betrieb und im folgenden Jahre mit den be- theiligten Regierungen regulirte, sondern auch die jeden falls großartigen, nationalen Unternehmungen der rhei nisch-westindischen Compagnie und des deutschamericani- schen Bergwerkvercins mit bedeutenden Capitalicn unter stützte und durch seinen stillen Antheil an der Errich tung der Hülfskasse, der Sparkasse und des landwirth- schaftlichm Vereins seinem menschenfreundlichen Streben die chrenwerlhesten Denkmale errichtete. So hat denn Deutschland in ihm den Mann ver loren , der — bei aller Unabhängigkeit fast übertrieben pflichttreu, bei allem Reichthum stets einfach, frugal und bis auf die unbedeutendsten Kleinigkeiten fast ängstlich genau — stets bereit war, bedrängte Schriftsteller durch Vor ausbezahlung zu crmuthigen; ohne weitere Bürgschaft große Summen zur Ausbildung ihn ansprechender Ta lente auszuwenden; großartige und gemeinnützige Unter nehmungen aller Act auf das freigebigste zu unterstützen und, durch seltene Opfer für die ersten Denker und Dichter der Nation, wie für deren Familien, manchen uns anklebendcn Tadel des Undankes und kleinlicher Zu zählung des Ehrensoldes abzuwischen; — den Mann, der — in der kräftigen Gestaltung des Buchhandels ein Lcbcnsprincip deutscher Gründlichkeit und Universalität erkennend — alle oftgerügte Zersplitterung desselben haßte und — den immer weiter sich ausdehnenden, mit dem 45