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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.10.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-10-02
- Erscheinungsdatum
- 02.10.1930
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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229, 2. Oktober 1939. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel. an der Rückseite des Raumes steht ein 8V Zentimenter tiefes, 3 Meter hohes und 39 Meter langes Bücherregal mit 288 Fä chern in der Größe 39X79 Zentimeter, ebenso an der einen Seite des Raumes ein solches Regal mit noch S4 gleichgroßen Fächern. Diesen Ausstellungsraum mit allen Tischen und Re galen beabsichtige ich, zu einer ständigen Ausstellung der deut schen Buch- und Zeitschriftcn-Verleger zu benutzen. Bisher wartete ich noch auf eine günstige Gelegenheit, um mit der Sache hervorzutreten. Diese fand ich am Sonntag, dem 8. Juni 1930 in der hiesigen deutschen La Plata Zeitung, in der sich auf Seite II eine Liste, überschrieben »Neue Bücher«, befindet, die 28 Werke von 20 deutschen Verlegern enthält. Von jedem Werk wurde nur der Titel, Verfasser und Verleger angegeben, ohne jede weitere Bemerkung. Ich fragte daraufhin bei der deutschen La Plata Zeitung an, wo diese Bücher zu beziehen wären, da wohl ver sehentlich die Angabe der Bezugsadresse unterblieben sei. Mir wurde daraufhin die Auskunft, dies wäre keine Anzeige, sondern eine Bücherbesprechung. Es ergibt sich somit, daß es eine Anzahl angesehenster Verleger gibt, die für »nur« eine einmalige Anzeige des Titels eines Buches (Verfasser, Titel und Verlag) in der Zeitung ihr neuestes Werk zur Besprechung liefern. Der vor liegende Fall ermutigt mich, mit meinem Angebot an die deut schen Verleger heranzutreten, und ich hoffe, daß es das Interesse der deutschen Verleger finden wird. In diesem Falle würde ich die Bücher auch mindestens einmal in der Zeitung anzeigen, aber mit dem Preis, und zur Besichtigung derselben in meiner ständigen Buchausstcllung deutscher Verleger in Buenos Aires einladen, sowie Prospekte der Verleger über diese Bücher an- bietcn und den Interessenten auf Wunsch zusenden. Nach zwei jähriger Ausstellung der Bücher und nach einjähriger Ausstellung der Zeitschriften würden dieselben Eigentum meiner Buchhand lung. Sollte mein Vorschlag als gut befunden werden, bin ich gern bereit, weitere Auskunft zu geben und etwaige Vorschläge entgegenzunehmen. Photographische Außen- und Jnnen-Aufnahmen meiner Buchhandlung und des gedachten Ausstellungsraumes im ersten Stock befinden sich in Händen meines Kommissionärs, des Herrn L. Fernau in Leipzig, Talstraßc 15, zur gefl. Besichtigung für alle Interessenten. Zum Schluß möchte ich noch bemerken, daß ich dem deutschen Vereinsleben hier stets nahe gestanden habe. Ich bin Mitgründec des Deutschen Kriegervereins, gegründet 1895, des Deutschen Schulvereins, gegründet 1898, und Mitglied von etwa 20 deut schen Vereinen. Vom Jahre 1898 bis 1917 gehörte ich dem Ver waltungsrat des Argentinischen Tageblatts an. Das erste Berlagswerk. Erinnerungen an Arno Hol§ von Reinhard Piper. Mein erster Autor war Arno Holz. Mein erstes Berlagswerk sein »Dafnis«, das »lyrische Porträt aus dem 17. Jahrhundert« mit dem verlockenden Untertitel: »Freß-, Sauff- und Venus-Lieder«. Schon mit sechzehn Jahren, als Münchner Buchhandlungslehrling, hatte ich an Arno Holz begeisterte Briefe geschrieben. Der rea listisch-phantastische Humor seines »Papa Hamlet« — wer kennt ihn heute noch? — hatte es mir angetan, aber auch die schwungvollen Verse des »Buchs der Zeit«. Meine jugendlichen Briefe müssen Holz gefallen haben, er antwortete auf alle mit rührender Ausführ lichkeit. Was lag näher, als daß ich nach überstandcner Lehrzeit nach Berlin ging, um dort eine Gehilfenstelle anzunehmen. Einer meiner ersten Sonntagsmorgcngänge führte mich nach Wilmersdorf, Pariser Straße 52, zu Holz. Der Dichter lebte damals in den allerbe scheidensten Verhältnissen. Sein Arbeitszimmer war ein kleines, vom Speicher abgetrenntes Kämmerchen. Dieses dröhnte nun von seinen Explosionen. Es tat ihm wohl, sich einmal iiber die »kom pletten Idioten« auszutoben, aus denen seiner Meinung nach drei Viertel — nein neun Zehntel — der Menschheit bestanden. Aus dem kleinen Bücherbrett an der Wand prangte als Haupt werk eine Reihe von zwölf Bänden weißen Papiers, in die er Hunderte von Bildern, ausgeschnitten aus Prospekten und Kata logen, säuberlich eingeklebt hatte. Das war sein »Museum«. Hinter 952 den Latten des dunklen Speichers saßen in seiner Phantasie knur rend die bösen Kritiker, und Holz ging nie vorbei, ohne ihnen die fürchterlichsten Folterungen anzudrohen. Er hatte eben seinen ersten vielverkannten »Phantasus« veröffentlicht. Das starre Metrum und der die Wortwahl einschnürende Reim waren verworfen, einzig und allein der lebendige, unendlich wandlungsfähigc Rhythmus sollte das Gedicht tragen. Und nun warf man ihm vor, er plädiere für Formlosigkeit. Bald wurde ich in die kleine »Dichterschule« ausgenommen, der der Komponist Georg Stolzenberg, der Sänger Robert Nese und der begüterte Lebenskünstler Rolf Wolsgang Martens angehörten. Nur ganz wenige Dichter haben ein so feines Ohr fiir die letzten Nuancen des Wortklangs, der Wortstellung, des Tonfalls eines Satzes besessen wie Holz. Unerbittlich wurde an unseren Elaboraten geändert, gestrichen, umgeformt. Ich hatte im stillen schon immer ein bißchen gedichtet und lernte nun an diesen Abenden unendlich viel dazu. Bald konnte jeder von uns neben dem Meister mit einem lyrischen Bändchen aufwarten. Als ich 1903 das Gehilfendasein abschloß und, mit sechstausend Mark in der Tasche, daran ging, einen eigenen Verlag zu gründen, war natürlich mein erster Gedanke, Arno Holz, den fast Verscholle nen, zu »retten«, seine bei sechs bis sieben Verlagen verstreuten Bücher zu sammeln und ihm zum ersten großen buchhändlerischen Erfolg zu verhelfen. Der »Dafnis« war unter dem etwas matten Titel »Lieder auf einer alten Laute« kurz vorher in einem Leipziger Verlag erschienen und hatte dort nichts Rechtes gemacht. Das Buch strotzte aber doch von unwiderstehlicher Laune, von mitreißendem Übermut. Es müßte eine Volksausgabe gemacht werden: Zehntausend Exemplare für eine Mark. Arno Holz erfand den neuen, breit aus ladenden Barocktitel, den ich hier nur arg gekürzt wiedergeben kann: »Des berühmten Schäffers Dafnis sälbst verfärtigte sämtliche Freß-, Sauff- und Venus-Lieder bencbst angehäncktcn Aufrichtigen und Neucmüthigen Bußthrünen, allen Christlichen Gemiihtern zu dihn- licher Abschrekkung bekanntgegeben, innsondre der schwanckenden Jugend. Konstantinopul und Leipzig / getrukkt in dihsem Jahr.« »Sie werden«, schrieb er mir dazu, »sofort die hunderprozentige Verbesserung rausmerken: das Kulturhistorische stärker betont, das Psychologische vertieft, nicht bloß den jugendlichen, sondern auch den altgewordenen Dafnis gegeben, aus einer Spezialität sin gewissem Sinne) ,allumfassendes' Werk ,ersten Ranges' gemacht. Einen Typus festgelegt, der in der Realität immer wieder aufgetaucht ist und von der Kunst bisher noch nirgends festgehaltcn wurde. Ein synthetisches ,Ewigkeits'-Jndividuum, wie nur irgendeins. Don Quixote und Hamlet ,in Eens'. Im Augenblick freilich wär's mal wieder das Ver kehrteste, was ich tun könnte.« Nein, das Verkehrteste sollte und durfte es nicht werden. Mein freudiger Eifer hielt Holz bei dem Plane fest. Von meinen sechs tausend Mark zahlte ich ihm tausendsünfhundert als Honorar und er setzte einen ganzen Winter an den Ausbau des Dafnis. In Steglitz wurde in einer kleinen Druckerei eine wundervolle alte Type ent deckt. Leider reichte der Vorrat nur für acht Seiten. Auch das durfte kein Hindernis sein: sobald acht Seiten gesetzt waren, wurde eine Platte gemacht und die Typen waren frei fiir die nächsten acht Seiten. So wurde ein Buch von dreihundert Seiten hergestellt. Die Rechnung stimmte: die ersten Zehntausend waren im Nu weg. Aber schon verdunkelte die erste Wolke das heitere Blau des guten Einvernehmens. Frau Holz — seine erste, die Mutter dreier Söhne, genannt »die Jungefrau« — hatte gleich gesagt: »Herr Piper, bis jetzt sind Sie mit meinem Mann immer gut ausgekommen, aber wenn Sie sein Verleger werden — Sie wissen: es ist mit ihm nicht gut Kirschen essen.« — Nein, das Kirschencssen ging wirklich nicht. Holz hatte den Vertrag unbedingt nur für eine einzige Auslage machen wollen. »Da ich mich nie mehr,verheiraten' würde«, wie er sagte. Was blieb mir anderes übrig, als einzuwilligen? Er sollte doch mein erster Autor werden und war einstweilen mein einziger. Die erste Auflage war weg, gewiß durch die Leistung des Autors, aber doch auch durch meinen Wagemut. Ich nahm natürlich an, der Vertrag würde einfach verlängert. Holz aber wollte endlich einen alten Lieblingsplan verwirklichen: Ich, der Verleger, sollte nur noch als sein »Kommissionär« gelten. Er wollte das Risiko der künftigen Auslagen selbst übernehmen (ein Risiko war ja nun nicht mehr da bei!), ich sollte die Herstellungskosten für ihn auslegen und mich mit einer kleinen Gebühr zufrieden geben, die von meinen Spesen mehr als verschlungen worden märe. Ähnlich sollte es auch mit den ande ren acht Büchern gehalten werden, die ich von den anderen Verlagen übernommen hatte. Darauf konnte ich mich natürlich nicht einlassen. Ein endloses Hin und Her schloß sich an. Alle Möglichkeiten von Abmachungen wurden durchgeprobt, alle wurden, oft noch ehe sie in Kraft getreten waren, von Holz wieder umgestoßen. Schließlich
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