Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.10.1930

M 233, 7, Oktober 1S30. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. ü. Dtschn Buchhandel. angesehen werden. Jede Betriebszelle hat einen bevollmächtig ten Pressevertreter, der nicht nur die einzelnen Mitglieder der Betriebszelle, sondern auch alle Arbeiter des Betriebes mit kom munistischer Literatur versorgt. Der kommunistischen Fraktion in den professionellen Verbänden und anderen proletarischen Massenorganisationen stehen gleichfalls Personen zur Verfügung, die für die Verbreitung der kommunistischen Literatur verant wortlich sind. Am besten ist dieser Vertrieb in Deutschland organisiert. Dort gibt es über 50 Buchhandlungen und Organe zur Ver breitung der Literatur, sie sympathisieren mit der Sache und vertreiben hauptsächlich revolutionäre Literatur. Um diese gruppieren sich die Pressebevollmächtigten der einzelnen prole tarischen Organisationen, das sind die Etappenorgane, über die die Literatur unter günstigen Bedingungen (Preisermäßigung und Ratenzahlung) unter die Mitglieder der Organisationen und unter die Sympathisierenden gelangt. Der Versuch einer kollektiven Versorgung ganzer Organi sationen, Zellen, Ortsgruppen und professionellen Sektionen mit Hilfe der Pressebevollmächtigten hat sich als ausgezeichnetes Mittel zur Verbreitung erwiesen. In einer Reihe größerer Be zirke ist diese Methode noch vervollkommnet worden, je nach der Höhe des Vertriebes wird ein besonderer Apparat berufsmäßiger Verbreiter geschaffen. Dadurch bietet sich die Möglichkeit, auch solche Schichten wie Hausfrauen, freie Handwerker und andere zu erfassen und einen Massenvertrieb vor den Toren der Fabri ken, in den Straßen und Arbeiterquartieren zu organisieren. Außerdem hat die K.P.D. eine Zentralorganisation zur Ver breitung der Literatur geschaffen, die es ermöglicht, unter äußerst günstigen Bedingungen diejenigen Betriebe mit Literatur zu be liefern, in denen keine Pressebevollmächtigten vorhanden sind. Endlich verdient auch die »Universum-Bücherei für alle« eine ganz besondere Aufmerksamkeit, die eine Art Bücherkonsumverein ist und für einen geringen Quartalsbeitrag monatlich eine reich illustrierte und gut ausgestattete Zeitschrift und vier Werke neu zeitlicher Schriftsteller in guter Ausführung liefert. Noch ein Wort über den Bücherpreis und die Bezugsbedin gungen. In der Regel übersteigt das kommunistische Buch den Gestehungspreis nicht und ist halb so teuer als das Buch in den bürgerlichen Buchhandlungen. In Deutschland werden die Hauptausgaben in zwei Ausfüh rungen herausgegeben: eine verbilligte für die Partei und die Sympathisierenden und eine teurere, die zur Verbreitung durch den bürgerlichen Buchhandel bestimmt ist. Die Verbilligung der ersten Ausgabe geschieht auf Kosten der zweiten. Größere Werke, die infolge ihres Preises eine Belastung für den Arbeiter darstellen, werden, wie z. B. die »Geschichte der russischen Revolution« in einzelnen Lieferungen von 2 bis 3 Druckbogen herausgegcbcn. In Frankreich werden Büchcrscrien über aktuelle Fragen herausgegebsn, die in Monatsraten zu er werben sind. Literatur-Reklame. Als Hauptmittel der Literatur-Reklame dienen: Anzeigen in den Spezialorganen, Zeitschriften, in der periodischen Presse, auf Buchumschlägen, Plakate, Werbebriese, Rezensionen usw. Mustergültig und sehr systematisch wird die Propaganda in Deutschland durchgeführt. Satz, Schrift, Format, Farbe, Papier, Umschlag — alles dient einem Zwecke. Alle Zeitungen, darunter auch die bürgerlichen und sozialdemokratischen erhalten zur Re zension je ein Exemplar jeder Neuerscheinung. Die kommuni stischen und sympathisierenden Organe bringen ausführliche Re zensionen, Auszüge und Kommentare, was die Verbreitung be deutend fördert. In Frankreich kann man als besonders günstige Methode der Literaturreklame »I-s HuIIsiio äs viklusioo« ansehen, ein kleines periodisches Journal, das die kommunistische Literatur propagiert. Sehr verbreitet ist die Praxis der Bücherausstellungen. Solche Ausstellungen werden nicht nur von den Arbeiterbuch handlungen, sondern auch von politischen und professionellen Organisationen durchgeführt. Sie werden gewöhnlich durch Pla- SS8 kate, photographische Aufnahmen, Lotterien und Ähnliches be lebt. Einen großen Erfolg haben die Wanderausstellungen, die viele Arbeitersiedlungen und einzelne Gebiete mit dem kommu nistischen Buch bekannt machen. Besonders wird die Verbrei tung der Literatur durch die periodische Presse, die Artikel, Re zensionen und Auszüge bringt, gefördert. Indem die Presse för dernd für die Verbreitung der Literatur in dem gegebenen Kreise wirbt, stellt diese Werbung ein gewisses Wertinteresse für die Zeitung selbst dar. Hindernisse, die der Verbreitung der kommu nistischen Literatur im Wege stehen. Zum Schluß wäre es noch wichtig, aus die Widerstände hin zuweisen, die von Seiten der ausländischen Polizei, Zensur, Kirche und Schule, bürgerlichen Ideologen und Sozial-Refor- misten auftreten. In dieser Beziehung unterscheiden sich die »hochzivilisierten kapitalistischen Länder« nicht von zurückgeblie benen mit bürgerlicher Diktatur. Sogar in einem demokratischen Lande wie Deutschland werden revolutionäre Schriftsteller und Künstler wie Becher, G. Grosz zu Gefängnis verurteilt, und ihre Werke konfisziert, kommunistische Buchhandlungen und Kioske werden geschlossen und die Verbreiter der kommunistischen Lite ratur wegen Hochverrats zu mehrjährigen Gefängnisstrafen ver urteilt. Die kommunistische Literatur wird auch in England, Amerika, Frankreich, der Tschechoslowakei und Japan dauernd verfolgt. Wir bringen ein Beispiel der Sabotage kommunistischer Li teratur von Seiten einer bürgerlichen buchhändlerischen Organi sation. Die »LäMoos Looiales Intsroatiouslss« in Paris sandten bei der Herausgabe des XX. Bandes der Werke Lenins, wie es üblich ist, Prospekte dem »Hause des Französischen Buches« mit der Bitte, diese den wichtigsten Buchhandlungen zu übermitteln. In einem Briefe vom 24. 11. 1927 antwortete diese Stelle: »Ob wohl wir im Prinzip nichts gegen den Versand des Prospektes einzuwenden haben, setzt die Verwaltung jedoch voraus, daß unsere Korrespondenten, die gleichzeitig auch Aktionäre unseres Unternehmens sind, unsere Meinung nicht teilen und dagegen protestieren könnten. Aus diesem Grunde können wir zu unse rem Bedauern Ihr Angebot nicht annehmen». Zwei Wochen später wird die Annahme einer bezahlten Anzeige in die »Itiblio- graxbis äs tu r,Silos» versagt. Dieses Mal erfolgte die Absage ohne jegliche Begründung. In den Ländern des weißen Terrors — Italien, Polen, China und den Kolonien der zivilisierten europäischen Mächte — wird als Form der Kommunistenverfolgung eine buchstäbliche Vernichtung der kommunistischen Literatur geübt. In den Do minien Indien und Australien ist die Einfuhr kommunistischer Literatur gänzlich verboten. Das, was zur Verbreitung der antimilitaristischen Literatur getan worden ist, kann man nur daran abschätzen, wenn man die Hindernisse betrachtet, die von unseren Klassenfeinden dagegen errichtet werden. Die Verbreitung dieser Literatur wird mit Gefängnis und sogar mit Zuchthaus geahndet, selbst das Lesen antimilitaristischer Zeitungen und Broschüren wird streng ver folgt. Durch diese Beispiele werden die Schwierigkeiten, die die Pressepropaganda der kommunistischen Partei zu überwinden hat, reich illustriert. Daraus geht klar hervor, das; der Druck und die Verbreitung der kommunistischen Literatur unter diesen Verhältnissen kaum statistisch erfaßt werden kann und die Güte der Ausführung oft viel zu wünschen übrig läßt. Grunow, Paul (Oberkorrektor in der Reichsdruckerei): Das kleine Aussprachewörterbuch. Mit Anhang: Beispiele für die richtige Kommasetzung. 2., verb. u. erw. Anfl. 64 S. Selbstverlag Paul Grunow, Berlin-Johannisthal, Johannes- Werner-Str. 5. Preis Mk. 1.20. Bringt in geschickter Auswahl über 3000 solcher Wörter, die häufig falsch ausgesprochen oder betont werden. Besonders berück sichtigt wurden die Eigennamen des öffentlichen Lebens aus Politik, Musik, Literatur, Erdkunde, Kunst und Wissenschaft, Technik usw. Am Schlüsse eine Zusammenstellung der wichtigsten fremdsprachlichen