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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.02.1931
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- 1931-02-28
- Erscheinungsdatum
- 28.02.1931
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z<! so, 28, Februar 1831. Zum Tag des Buches, Frau und Buch. Börsenblatt f. v. Dtschn Buchhandel. Die schaffenden Frauen und den Buchhandel möchte ich dann noch auf eine bisher ganz vernachlässigte Sparte unserer Literatur aufmerksam machen: es fehlt an populären Geschichts werken, die die Entwicklung des deutschen Geistes namentlich in den frühesten Jahrhunderten, die eben jetzt durch die Wissen schaft mehr und mehr erschlossen wird, der Frau, und vor allem der Mutter, zugänglich machen. Es ist zu wünschen, daß eine Jugend heranwächst, die die Frühgeschichte des deutschen Geistes in das junge Hirn eingeprägt mitbekommt wie das Antlitz unserer Erde, dessen Züge sich in den Erdteilen zeichnen. Zu wünschen ist, daß unsere wandernde Jugend — es ist nicht zu denken, daß in kommenden Jahrzehnten dieses frohe und ge sunde Wandern durch Deutschland einmal wieder aushört! — mit wachen und verstehenden Augen sieht, was das Bild eines in die deutsche Landschaft gebetteten Dorfes bedeutet, daß aus ihm der deutsche Stammescharakter spricht und ein Stück Ge schichte des deutschen Werdens. Gerade hier liegt eine Aufgabe, die die wissenschaftlich vorgebildete, aber für die leichtfaßliche und fließende Darstellung begabte Frau zu lösen hat. Annemarie Sander: Als Frau wünsche ich vom deutschen Buchhandel zweierlei: einmal, daß er sich selbst und dann, daß er uns Frauen ernster nimmt. Die Frau und das Buchgewerbe haben durch ihre gemein same Kulturausgabe der Volkserziehung eine enge Schicksals- und Verantwortungsverbundenheit. Unsere augenblickliche kulturelle Verflachung beweist, daß sie beide versagt haben. Die Schuld ist nicht nur eine gemeinsame, sondern auch eine wechselseitige: die Frau der letzten Generationen ist sittlich und geistig trotz des zu nehmenden Frauenstudiums durchschnittlich oberflächlicher ge worden und kann daher kein Geschlecht vollwertiger Männer und Frauen erziehen. Die Ursache liegt unter anderem aber nicht zuletzt in den vielen minderwertigen Büchern, die sie liest. Andrerseits hat das deutsche Buch in den letzten Jahrzehnten einen Niveausturz sondergleichen erlebt. Er war letzten Endes nur dadurch möglich, daß das lesende Publikum — und zwar vorwiegend die Frau — sich nicht nur eine unterwertige geistige Kost gefallen ließ, sondern sich durchaus an sie gewöhnte und Ge schmack an Flachheiten gewonnen hat. Erklärend, nicht entlastend für beide Teile ist die Tatsache, daß literarische Modeströmungen eingeleitet werden, deren herab ziehende Tendenz der durchschnittlich im eigenen Urteil ungeüb ten Frau verborgen blieb, und der sie daher weitgehend ver fallen muß, und die der Buchhandel — ich nehme an, oft gegen bessere Überzeugung — mitmacht, um Konkurrenz halten zu können. Wenn es uns Frauen nicht mehr gelingt, aus diesem Zu stand seelischer und geistiger Untiefe herauszukommen und die bequeme Verantwortungslosigkeit zu überwinden, ist damit der weitere kulturelle Abstieg der nächsten Generationen besiegelt. Daher sehe ich unsere erste Aufgabe in der Selbsterziehung zu einer Reife, die uns erst wieder zur Kindererzichung berechtigt. Dazu aber brauchen wir in hervorragendem Maße die Mitarbeit des Buchhandels: Wir wünschen von ihm systematische Anleitung zu einer tendeiizfrcicn wissenschaftlichen, ästhetischen und welt anschaulichen Selbstbildung. Wir haben Volksbücher aus den verschiedensten Wissen schaftsgebieten nötig, nicht in dem Sinne, daß sie oberflächliche Übersichten und Andeutungen der Problemlage geben, sondern in Form von Einführungen in ein bescheidenes Teilgebiet. Bü cher, die wirkliche Mitarbeit von uns verlangen, aber keine um fangreichen Kenntnisse voraussetzen; Bücher, die uns nicht zum Darüberhin-Schwatzen erziehen, sondern zur Ehrfurcht und zum Wunsch nach tieferem Eindringen. Am meisten tun der Frau natürlich gemeinverständliche und doch wissenschaftlich ernstzu- nehmendc Arbeiten auf psychologischem, erziehungswisscnschaft- lichem und medizinischem Gebiete not mit handgreiflich prak tischen Beispielen und Lichtbildern. 184 Vor allem aber darf nicht mehr wie bisher eine bestimmte wissenschaftliche oder besser halbwissenschastliche Richtung eines jeweiligen Wissensgebietes oder eine in gewissen weltanschau lichen Gruudmotivcn übereinstimmende Gruppe die Herausgabe von Volksbüchern allein in der Hand haben und sie zu einseiti gen Reklamezwecken für ihre Arbeit verwerten. — Es ist selbst verständlich, daß die schaffenden großen Forscher selbst und auch die wissenschaftlichen Institute keine Zeit und meist auch keine Fähigkeit haben, ihre Arbeitsergebnisse in Volksbüchern zu popu larisieren. Aber das dürste kein Grund sein, ihre Forschungen dem eigenen Volke vorzuenthalten. Einen Stab von Mittels männern der Wissenschaft haben wir nötig, die uns Kenntnis beibringen von der höchsten und wertvollsten Arbeit, die in unserem Volk geleistet wird. Selbstverständlich heißt das nicht, daß das Unterhaltungs- buch zur Selbsterziehung der Frau auszuschalten sei, nein, es wird immer für die meisten den größten Platz behaupten. Aus- zuschließen wäre nur der jetzt gangbare Roman. Wir wollen keine erotischen Ressentimenterzählungen mehr. Wir verlangen vom Buchhandel Bücher, die kraftvolles Leben schildern, kein dekadentes; Bücher, die innerlich wahr sind, nicht süßlich ver logen; Bücher, die durch und durch sauber sind, nicht schlüpfrig pikant. Vor allem wollen wir wirkliche Kunstwerke, die uns über uns selbst Hinausreißen können, die uns innerlich begleiten durch Wochen und Jahre, denn wir wollen keine Lektüre mehr, die man durchfliegt, dazu haben wir keine Zeit, wir wollen von den Büchern leben können, die uns der Buchhandel bietet. Man wird antworten: das Buchgewerbe ist nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine wirtschaftliche Angelegenheit und muß sich daher weitgehend nach den »Wünschen des Publikums- richten. Gewiß, aber diese Wünsche sind keine durchaus unab änderliche gegebene Größe, sie sind beeinflußbar, erziehbar. Ja, sie sind augenblicklich bekanntermaßen das bewußt erzielte Er gebnis einer intensiven Arbeit. Mit der Tatsache der Geschmacks und Jnteressen-Jnfektion durch die Mode wird immer zu rechnen sein, denn wenn auch bei wirklich durchgeführter Selbsterziehung das eigene Urteil bei vielen erwacht, die große Masse wird immer Urteils- und instinktlos bleiben und gegängelt werden müssen. Darum aber ist gerade der stärkste Wunsch, den wir an den Buchhandel richten, der, daß die Arbeit, die das Modebuch schafft, ganz ausschließlich unter den Gesichtswinkel kulturellen Aufbaus gestellt wird. Verband Königsberger Frauenvereine: 1. Der Verband Königsberger Frauenvereine bittet den Buchhandel, bei Annahme von Manuskripten zur Knabcnlitera- tur die Bücher zu bevorzugen, die als Schauplatz Deutschland haben und in deutschen Verhältnissen spielen. In der modernen Knabenliteratur sind sehr wenig solche Bücher zu finden. 2. Der Verband Königsberger Frauenvereine bittet den Buchhandel, Bücher von 90—120 Seiten mit kurzen Geschichten aus dem alltäglichen Leben für einfache Familienverhältnisse herauszubringen. Sie müssen in die oberste Klasse der Schul büchereien Passen und doch auch den Müttern und den erwach senen Geschwistern der Kinder interessant sein. Es fehlt sehr an solchen Geschichten, wie Unterhaltungen mit Erwerbslosen und Volksmüttern ergeben haben, deren Vorbildung und beschränkte Zeit ein Vertiefen in längere Erzählungen und schwierige Stoffe nicht zulassen. 3. Der Verband Königsberger Frauenvereine bittet den Buchhandel, darauf zu achten, daß den Jugendbüchern für ältere Kinder keine Altersgrenzen wie: für »12—14jährige» oder »für die Jugend- oder gar »für die reifere Jugend« aufgedruckt wer den. Das verhindert oft die Möglichkeit, das Buch an Erwach sene zu schenken. Die alten Bücher, die ihrer Volkstümlichkeit gewiß waren, führten als Erklärung ihrer Bestimmung die Worte »für alt und jung«. Bücher, die dieses von sich sagen können, müßten viel reichlicher da sein.
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