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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.03.1921
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- 1921-03-03
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- 03.03.1921
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WMMMUMMM Geschäftsstelle oder "postüberweisung innerhalb Deutsch- « lands 100 M. halbjährlich. Für Nichtmitglieder jedes! Stück 200 NI. halbjährlich. Für Kreuzbandbezug sind die l Portokosten, Nichtmitglieder haben außerdem noch 7.50 M.« »glioder preis: die Seile 75 <pf-,'/, 6.250 D7.,'/j S. 130 M., ! « '/«Seite 65M. Nicbtmitgliederpreis: die Seile 2.25 M.. ^ ^ 6. 750 V- S. 400 Vl.. ^ 6. 205 M. S^e^l e n g e s u ch e ^ Nr. 52 <R. 33). Leipzig, Donnerstag den 3. März 1921. 88. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Woher droht dem Buche Gefahr? Ein aufklärendes Wort von Reg.-Rat Professor Vr. Karl Brunner, Berlin. Gegenwäriig ist wieder viel die Rede von der Bekämpfung der Schundliteratur. Man spricht von einer bevorstehenden ge setzlichen Regelung dieser Materie. Die einen sehen eine neue lsx Heinze kominen und wehren bereits im Brustton höchster Ent rüstung die Übergriffe der Staatsgewalt und der hinter ihr stehenden Dunkelmänner ins Gebiet der freien Kunst ab; andere glauben, das Gesetz gehe nicht weit genug und bleibe wirkungs los, weil es nicht den ganzen Schund erfasse — so wie sie ihn verstehen. Keiner aber von diesen wackeren Kämpen kennt den Gesetzentwurf wirklich, der auf Grund des Artikels 118, 2 der Reichsverfassung und in Ausführung einer Entschließung der Nationalversammlung vom 15. April 1920 tatsächlich vorbe reitet wird. Es ist ein Zeichen der Zerfahrenheit und unverantwortliche» Mache unserer Zeit, daß sich Publizisten, Vortragsrcdner und Agitatoren mit einer Sache auseinandersetzen, die sie gar nicht kennen. Was die Regierung dem Parlament an Vorschlägen wirklich unterbreiten will, kann augenblicklich noch nicht erörtert werden. Aber angesichts der tendenziösen Entstellungen ihrer Absicht von der einen, und der unglaublichen Forderungen von der andern Seite erscheint mir ein Wort über das Grundsätz liche in der ganze» Angelegenheit schon jetzt am Platze; denn es gilt, von Anfang an einer Vergiftung der öffentlichen Meinung und einer heillosen Verwirrung der Geister vorzubcugen. Daran ist das Publikum, soweit es Bedarf an Büchern hat, vor allem aber der Buchhandel lebhaft interessiert. Eins steht fest: wie der neue Gesetzentwurf auch ausseyen mag, er wird keinerlei Ähnlichkeit mit der Schaufenslergesctzes- vorlagc von 1914, noch überhaupt mit irgendeiner Fassung haben, die man früher als eine Art lex Heinze bezeichnet hat. Irgend welche Befürchtungen nach dieser Richtung sind schon deshalb gegenstandslos, weil vor der endgültigen Feststellung des Ent wurfs ganz gewiß alle daran interessierten Kreise eingehend darüber gehört werden. Die Regierung gedenkt auf keinen Fall die Grenzlinie zu überschreiten, die durch die zwingende Notwendigkeit des Ju gendschutzes gezogen ist. Darüber hinaus kennt sie keine andere Sorge, als d i e Freiheit von Literatur und Kunst zu schützen. Von dieser Seite droht dem anständigen Schrifttum und dem guten Buchhandel sicherlich keinerlei Gefahr. Es wäre an der Zeit, daß man sich in den Schriftsteller- und Buchhändlerkreisen darüber klar würde und sich auf eine Bundcsgenossenschaft mit der Regierung in ihrem pflichtgemäßen Kampfe gegen die wahren Schädlinge des Buchhandels einftellte. Die ernste Bedrohung des Buches und der in ihm vertretenen Gcistesfreiheit kommt von einer anderen Seite. Der deutsche Buchhandel kennt sie bereits von ihren früheren Ver suchen her, ihm Fesseln anzulegen. Es sind di« »Vereinigten Prü- fungsausschllsse«, bekanntlich ein kleiner, aber um so vorlauterer Teil der Lehrerschaft unter Hamburgischer Führung, die in letzter Zeit sich etwas zurückgehalten hatten, kürzlich aber einen neuen gewaltigen Vorstoß mit gewohntem Fanatismus gegen die Frei heit des Buches in Szene gesetzt haben, auf den warnend hürzu- weisen mir die Gewissenspflicht gebietet. Drei Tage lang (3.-5. Februar) hat man einige der lite rarischen Diktatoren vor einer aus ganz Deutschland geladenen Versammlung in einem »Lehrgang zum Kamps gegen die Schund literatur« auftrctcu lassen (vgl. Bbl. Nr. 42) — eine Veranstal tung, die angesichts des großen in Rede stehenden Problems in ihrem Verlauf den objektiven Beobachter schwer enttäuscht hat. Während draußen unser Volk und namentlich unsere Jugend in Schmutz und Schande zu versinken droht, streiten sich im Vor tragssaal die berufenen Schundtöler noch immer wie vor 12 und 15 Jahren um die Schmöker herum, die es in der Art, wie sie sie sehen, gar nicht mehr gibt, verlieren sie sich in endlosen Aus grabungen oller Kamellen und in persönlichen Anrcmpelungen abwesender Andersgesinnter. — Kein Wort von den wirkliche» Nöten der Zeit, der sexuellen Sensationsmache im Schaustellungs- und Vergnügungsrummcl, in Erzeugnissen mo derner Pretzpiraten und Spekulanten auf das niedrige Trieb leben, auf die erschreckende Dekadenz in unserer ganzen öffent lichen Moral, von der Ausbreitung der Perversitäten in soge nannter Literatur und Kunst, von der Suggestivgewalt der Re klame auf den einschlägigen Gebieten, von der Verseuchung der Jugend in dieser Atmosphäre vergifteten Stnnenlebens. Man hütete sich ängstlich, zu den Sittlichkeitskämpfern ge rechnet zu werden, und blieb stets auf der Höhe der Ästhetik und der Bildung. Von hier aus tritt man mit seinen Forderungen an die Staatsgewalt heran und will sie diktatorisch zwingen, das Grund recht der Preßfreiheit zu beugen unter das Urteil literarischer Kritiker, die jedes ihnen mißliebige Buch mit dem Rotstift korri gieren oder durchstreichen, wie sie das in ihren Schülerheften zu tun gewohnt sind! Es kommt hier nicht darauf an, welche einzelnen Schriften mit Recht oder Unrecht als Schund bezeichnet werden — ein Begriff übrigens, über dessen Abgrenzung man sich auch in diesem Kreis« unfehlbarer Sachverständiger nicht zu einigen ver mochte ; es handelt sich um die prinzipiellen Fragen : Gegen welche Druckschriften darf überhaupt der Zwang der Staatsgewalt nngerufen werden? Welche anderen sind, ihre Wert losigkeit oder Kulturwidrigkeit vorausgesetzt, nur mit den Mit teln der Kritik, der Aufklärung und der Gegenwirkung durch bessere Schriften zu bekämpfen? Das sind unter dem Gesichtspunkt der praktischen Arbeit zwei ganz verschiedene Kategorien von »Schundliteratur«, um dies abgenutzte Schlagwort zu gebrauchen. Wer beide nicht auseinanderzuhalten vermag, ist nicht fähig, hier entscheidend mitzuwirken, mag er persönlich in seiner lite rarischen und künstlerischen Bildnng noch so hoch stehen. Die aktiven Teilnehmer an dem »Lehrgänge« haben cs aller Welt verkündet, daß sie nichts wissen oder nichts wissen wollen von den Grenzen der Staatsgewalt gegenüber der Geistcsfreiheit eines kulturell hochstehenden Volkes, das für die Wahl seines Lese stoffes die polizeiliche und schulmäßige Bevormundung grund sätzlich ablehnt. 2SZ
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