HO für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegcben von den Deputieren des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. M12. Freitags, den 8. Februar 1839. Ueber die Grundübel des Deutschen Buchhandels. Von Dr. Schellwitz in Leipzig. (Schluß.) Auf einem ganz andern Felde bewegen wir uns, so bald wir die Preisherabsetzungen in das Auge fas sen, die wir als das zw eite Grundübel des Buchhandels bezeichnet haben. Hier muffen wir vor allen Dingen an erkennen, daß über das Recht des Verlegers zu solchem Schritt, wo nicht ein Anderes ausdrücklich bedungen ist, auch nicht der mindeste Zweifel obwalten und mithin die nähere Erwägung dieses Gegenstandes nur mit der Frage sich beschäftigen kann, ob es klug, ob cs billig, ob es zweckmäßig sei, von diesem Rechte Gebrauch zu ma chen , und in allen drei Fragen muß man sich für die Ne gation entscheiden, so wenig die Existenz zahlreicher Aus nahmen bestritten werden soll. Der Deutsche Buchhandel unterscheidet sich von allem an dern Handel in zwei höchst wesentlichen Dingen; zuerst in der cngern Verbindung der Produccnten, Verleger, mit den eigentlichen Kauflcutcn, den Sortimentsbuchhändlern, und zweitens dadurch, daß in der Regel der Preis des Trans portes nicht auf die Waare geschlagen, sondern die Ge- sammtkostcn des Transportes zu den Productionskosten ge schlagen und so ein Mittelpreis erzielt wird, bei dem aller dings streng genommen die nächsten Abnehmer für die ent ferntem mit bezahlen, der sich aber dadurch vollständig aus gleicht, daß beinahe an allen Orten, wo überhaupt Buch handel getrieben wird, auch Verlagsgeschäfte Vorkommen. Wenn daher aller andere Handel durch die Werthsvermeh rung producirt, welche die Differenz der Preise am Ein kaufs- und am Verkaufs-Ort ergiebt, so producirt vicl- 6r Jahrgang. mehr der Buchhandel durch die Ausgleichung dieser Diffe renzen und deren Nepartition auf die gestimmten Verlags artikel eines Jahres. Mit dem eigentlichen Handel hat eben deshalb auch nur der antiquarische Buchhandel eine nähere Verwandtschaft, denn selbst die Commissionsge- schäste des Buchhandels unterscheiden sich sehr wesentlich von dem gewöhnlichen Eommissionshandel, obschon im ge wöhnlichen Leben die Begriffe nicht selten verwechselt werden. Auf dieser Eigcnthümlichkcit des Geschäftsbetriebs be ruht höchst wesentlich der Flor der Deutschen Literatur, be ruht namentlich die über das ganze Land verbreitete wissen schaftliche Bildung , die weit Alles übertrifft, was andere Länder darbietcn, und jede Störung dieses Verhältnisses muß bei Weitem nachthciliger auf den literarischen Verkehr zurückwirken, als dies in andern Ländern der Fall ist, wo der Buchhandel bei Weitem weniger von den Formen des gewöhnlichen Handels abweicht, als bei uns. Dort han delt cs sich in der Regel von einem kurzen Geschäft, und der Verleger hat alles gethan, wenn er seine Auflage abge setzt hat; es kommen dabei alle die Handgriffe und Sicher stellungen vor, die bei dem Handel überhaupt üblich sind, und an einen allgemein gültigen Ladenpreis eines Buches ist dort nicht zu denken. Bei uns hat der Verleger, außer den Kosten der Herstellung, einschließlich des Honorarcs, die einjährigen Zinsen und die in der Form des Rabbats erscheinenden Transportkosten und Eommissionsgcbühren der Sortimentsbuchhändler in Anschlag zu bringen und, um sicher zu gehen, auf die Zahl der muthmaßlich abzu- sctzcndcn Exemplare zu verlheilen. Es bedarf daher einer genauen Kenntniß des Marktes, um richtig zu calrulicen und bei vorsichtigen Geschäftsleuten wird eine Unterschätzung des Absatzes in der Regel sein müssen. 21