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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.03.1915
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- 1915-03-05
- Erscheinungsdatum
- 05.03.1915
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^ 52, 5, März 1915, Redaltioneller Teil, Mittel hierzu ist die Gewinnung günstiger Besprechungen, Der Verleger opfert für solche gern ein Freiexemplar des Werkes, weil dar billiger und wirksamer ist als eine noch so auffällige bezahlte Anzeige, Der Verleger und der Herausgeber einer Zeitschrift dagegen sind meistens anderer Ansicht, weil die mit der Veröffentlichung von Besprechungen verbundenenArbeiten und Kosten (Briefwechsel wegen Übernahme der Besprechung, Ver sendung der Exemplare an die Referenten, Satz, Druck und Papier für den meist kostbaren Raum der Zeitschrift) durch die Lieferung des Freiexemplars, das in der Regel nicht ein- mal im Besitz des Verlegers oder Herausgebers verbleibt, nicht entfernt ausgewogen werden. Immerhin wird der Zeit- schriften-Verleger dieses Opfer willig übernehmen, weil er da durch auch seinen Lesern einen gewissen Dienst erweist und Wert und Bedeutung seiner Zeitschrift hebt. Anders ist es bei den nicht immer sogleich kenntlichen »bestellten« Besprechungen, Es wird leider mehr und mehr üblich, mit der »Abfassung« von Besprechungen seiner Werke seine »lieben jungen Freunde« oder sonst verpflichtete gute Bekannte zu beauftragen. Dies geht sogar so weit, daß oft der gleiche Referent in zwei, drei oder mehr Fachzeitschriften immer das gleiche Werk »bespricht« oder richtiger in schwül stigsten Redewendungen als «unentbehrliche längst empfundene Lücke auf dem Büchermarkt« empfiehlt. Vielfach beileibe» auch zwei Autoren eine Art »Versicherungsvcrein auf Gegen seitigkeit«, indem sie gegenseitig ihre Werke empfehlen. Alle solche Empfehlungen gehen auf Kosten der Zeit schrift, die daran meistens kein Interesse hat. Soweit nun Herausgeber und Verleger solche »Eingesandts« als eine »bestellte Arbeit« erkennen, was nicht immer sofort möglich ist, werden sie diese natürlich zurückwetsen. Dies ist manch mal aber schwierig, wenn der Verfasser des so »be sprochenen« Werkes zu der betreffenden Zeitschrift als Mit arbeiter oder sonstwie in engeren Beziehungen steht und deshalb von der Zeitschrift eine solche vorzugsweise Berück sichtigung seiner Geisteskinder glaubt fordern zu dürfen. Die Zeitschrift aber büßt in den Augen ihrer Leser durch den Ab druck derartiger bestellter Besprechungen stets an Objektivität oder Ansehen ein. Von den Herren Verfassern selbst muß, da Herausgeber und Verleger sich oft in einer mißlichen Zwangslage befinden, eine Änderung der bisherigen Gewohnheiten oder wenigstens der Ausartung solcher Gewohnheiten erstrebt werden. Die Verfasser sollten sich selbst sagen, daß Besprechungen, die, wenn auch nur dem kundigen Thebaner, als -bestellte Arbeit« erkenntlich sind, ihren Büchern mehr schaden als nützen, während umgekehrt ein gutes Buch durch eine freie, unab hängige, wenn auch vielleicht weniger günstige Kritik sich leichter durchsetzt und dauernden Vorteil erzielt. Diese Un- abhängigkeit der Kritik, die Verfasser und Verleger eines Buches ebenso wie Herausgeber und Verleger einer Zeitschrift in ihrem ureigensten Interesse fordern und erstreben müßten, wird dann auch wieder allgemein der Abteilung »Besprechungen« eine größere Aufmerksamkeit der Leser und damit eine höhere Wirkung verschaffen und so auch wieder dem Verfasser und Verleger eines neuen Buches nützen. Es mutz also für »Be sprechungen» unbedingt der Grundsatz zur Geltung gebracht werden, daß (mögen nun die betreffenden Neuerscheinungen unverlangt eingehen oder ausdrücklich von der Schriftleitung eingefordert sein) nur der Herausgeber oder der Verleger einer Zeitschrift selbständig und unabhängig von irgendwelchen Rück sichten den ihm am geeignetsten erscheinenden Referenten für die Beurteilung eines Buches wählt und auch allen von irgendwelcher Seite ihm zugehenden Bitten um die über- tragung der Besprechungen eines bestimmten Buches zum mindesten ein gelindes Mißtrauen oder Vorsicht entgegenbringt. Kleine Mitteilungen. »Frau Rat Goethe in Kriegszcitcn.« — So lautete das Thema, das unser Mitarbeiter Herr FriedrichSchiller-Wien in einem Vor trage behandelte, den er kürzlich im Wiener Volksbildungsverein hielt. Es gibt schriftstellerische Genies, so führte der Redner in der Einleitung aus, die ihre Werke nur innerlich gedacht und nie nicdergeschrieben haben, und zu diesen darf man wohl auch die Frau Rat Goethe zählen. Die bändereichste Schriftstellerin tritt gegen Katharina Elisabeth Goethe zurück, deren Feder nicht der kleinste Roman, nicht das schmälste Gedichtbuch entflossen ist. Das; Frau Aja ihrem Wolfgangerl, ihrem Häschelhans, daß sie Johann Wolfgang Goethe ihre sieghafte, über- gnellende Frohnatur mit auf den Lebensweg gegeben, sichert ihr die be wundernde Verehrung der Deutschen. Man sollte ihrer aber besonders in diesen schrecklichen Tagen gedenken. Sie hat Ähnliches wie wir er lebt, und sie hat sich in allen Wirrnissen bitterer Zeiten, in Krieg und Invasion, die Tapferkeit und Wärme des Herzens, die Klarheit des Verstandes und nicht zuletzt ihre gute Laune bewahrt. Der Vortra gende entwarf dann mit markigen Strichen das Charakterbild dieser Frau, deren Schulpack zwar sehr leicht wog, die aber in erstaunlichem Maße das besaß, was kein Schulmeister der Welt einem geben kann: offene Augen für alles Schöne und Gute in der Welt, klares Urteil über Menschen und Verhältnisse und ein großes, warmes Herz. Die ses große, warme Herz und ihre Tapferkeit leuchten ganz besonders ans jenen Briefen hervor, die sie während der Not schwerer Kriegs zeiten an ihren Sohn schrieb. Acht Jahre nach ihrer Verheiratung brachen die Stürme des Siebenjährigen Krieges auch über Frankfurt herein. Am 2. Januar 1759 erfolgte die Besetzung der Stadt durch die Franzosen, wobei dem Hause Goethes der Königsleutnant Graf Thorane zufiel. Goethes Vater geriet eines Tages mit dem Grafen in einen heftigen Streit, der für ihn ein böses Ende genommen hätte. Aber der Besonnenheit der Frau Rat gelang es, die aufgeregten Gegner zu versöhnen. Weit stür mischer und ausdauernder wurde Frankfurt 33 Jahre später — Johann Wolfgang hatte bereits von Weimar aus die Welt mit seinem Dichter ruhm erfüllt — durch die französischen Revolutionskriege in Mitleiden schaft gezogen. Aber mitten in all den Gefahren des Krieges bewahrte Frau Aja ihren heiteren Sinn und ihr inniges Gottvertrauen. Wäh rend viele Frankfurter sich in Sicherheit zu bringen suchten, wollte sie von einer Flucht nichts hören. Goethe, der um das Schicksal der Mut ter besorgt war, bat sie wiederholt, nach Weimar zu kommen. Aber sie lehnte stets ab. Aus der Reihe charakteristischer Briefe der Frau Rat aus jener Zeit, die der Vortragende vorlas, lassen wir das nach stehende, vom 13. Januar 1794 datierte, köstliche Schreiben mit seiner urwüchsigen Orthographie folgen: »Vor deinen lieben Brief vom 8ten Jenner worinn du mir deine Hülfe zu meinem fortreiszcn so hertzlich und liebevoll anbietest—danke ich dir recht von Hertzens grund. Ich habe noch zur Zeit nicht die geringste Furcht — eben so wenig dencke ich ans Weggehen. — Ein panischer Schrecken hat sich freylich über gantz Franckfurth verbreitet — und es wäre kein Wunder, wenn man mit dem Strudel fortgeriszen würde. — Furcht steckt an wie der Schnupfen — ich hüte mich daher so viel ich kan, den Memmen auszuweichen — um mir den Kopf nicht auch verdrehen zu laszen — doch ist das sehr schwer zu vermeiden — denn cs ist ein Gemeinplatz wo (wie bey Feuer Unglück) jede Gansz und jeder Stroh kopf sein Scherflein wischi waschi anbringen kan — und wie ein Kind dem die Amme ein Gespenster Mährgen erzählt hat sich vor dem weiszen Tuch an der Wand entsetzt — gerade so gehts bey uns — Sie glauben wcnns nur recht fürchterlich klingt (wahrscheinlich oder nicht das wird nicht mit kaltem Blut untersucht — das ist alles eins, je toller je glaubwürdiger) alles. Zum beweisz nur (unter Tausendt) ein Ge schickten. Den 3. Jenner kommt Abends um 7 Uhr Frau Elise Beth- mann im Nachthabit, außer Odem zu mir gereut — Näthin! liebe Räthin! Ich muß dich doch von der groszen Gefahr benachrichtigen die Feinde bompardiren Mannheim mit glühenden Kugeln — der Com- mandant hat gesagt, länger als 3 Tage könte er sich nicht halten und dergleichen mehr. — So ein Gerüchte verbreitet sich nun, und da die Bethmanns als gewaltige Leute bekandt sind, so glaubt alles sie Habens aus der ersten Quelle — da dancke ich nun Gott, dasz ich so viel Ver stand habe das trierum trarum nicht zu glauben — und das lustigste ist, dasz sie alle guten Nachrichten nicht glauben. Vorgestern ist mein Nachbar Dubari mit Frau und 6 Kinder auch auf und davon. Ich wolle nur dasz alle feige Memmeu fort gingen, so steckten sie die an dern nicht an. All das Zeug und wirr warr hat mir nun Gott! sey Danck noch keine trübe Stunde gemacht — ich schlafe meine 8 Stunden nett hinweg — esze und trincke was manirlich ist — hatte meine Mon tag Commpanie auch ditto Sontag in Ordnung — und welches das beste ist, befinde mich wohl. Den plcsirten Leutnant habe ich nicht be kommen, davor aber einen Preuszischen Obristen nahmens Jungherrn mit 4 seiner Leute — die glauben nun wenigstens im Paradies zn seyn - aber was die auch freszenü die waren so ausgehungert dasz es ein Jammer war!« Herr Schiller umrankte die Verlesung der Briefe, deren letzter vom 1. Juli 1806 datiert ist, mit kulturgeschichtlichen und literarischen Glossen, aus denen das Bild jener Zeit in lebendigen Farben her- i vorleuchtete: Frau Aja starb im September 1808. Wenige Wochen 299
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