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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.09.1929
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1929-09-19
- Erscheinungsdatum
- 19.09.1929
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- Deutsch
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X°218,19. September 1939. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. ferner das im 87. Jahrgang stehende »Arcivo Storico Jtaliano«, das im 13. Jahrgang stehende »Archivum Romanicum« und viele andere periodische Schriften. Das Hauptwerk seines Kunstverlags find die Reproduktionen der Handzeichnungen der Uffizien in 20 Foliobänden! Nicht weniger als 103 Spczialunternehmungen und 92 monatliche Berichte tragen das Zeichen seines Verlags. Ein sehr bedeutendes Buchantiquariat in Florenz ist ferner die Firma R. Lier L Co. Es gibt hier auch mehrere Spezialantiquariatc, so für Geographica und alte Karten das von Otto Lange. Eine häufige Type im Straßenbild von Florenz ist der fah- renbeBuchhändler. Die Barroccini, die kleinen zweirädrigen Handkarren, bilden die charakteristischen »Läden« dieser zigeunernden »Kollegen« der seßhaften Sortimenter. Je nach dem Straßen verkehr und dem Schatten führt der kleine Händler sein Wäglein da oder dorthin. Es gibt in Florenz so viele Barroccini mit Bü chern, daß man dem echten Buchhändler kaum glauben möchte, wenn er die Kauflust als nur mittelmäßig bezeichnet. In dem originellen kleinen Wagengeschäft, bas noch manchmal durch einen riesigen Sonnen- und Regenschirm verschönert ist, kann man in allerlei billigen alten Bücher schmökern; man findet aber hier, eben so wie in den Zeitungskiosken, auch neuerschienene Schundbroschüren in Menge. Das Haus Habsburg mutz für diese Literatur vor allem herhalten. »L'Amante del Imperators«, »L'Ombra bi Mira- mar« und ähnliche Erzeugnisse einer dunklen Phantasie werben mit scheußlichen, schreienden Titelbildern um das Interesse der Vor übergehenden. Andererseits aber findet man auf den Barroccini zuweilen geschmackvolle kleine Reproduktionen und selbst Kopien aus florentinischen Gemäldegalerien und die reizenden pergamentenen Lam penschirme, die mit handgemalten Miniaturen in altem Stil aus- geschmllckt sind. In den Zeitungskiosken und auch in mehreren Buchhandlungen liegen ständig Tagesblätter aus Berlin, Leipzig, Dresden, Wien und Prag auf, ferner deutsche Zeitschriften und Maga zine »Die Woche«, »Die Gartenlaube«, »Scherls Magazin«, »Uhu«, »Das Leben«, »Wiener Bilder« usw. Der Absatz deutscher Blätter ist gut. Ich sprach eben von den Barroccini, den fahrbaren Läden der Straßenhändler. Aber auch der reguläre Verlags- und Sorti mentsbuchhandel verschmäht cs hier nicht, auf die Straße zu gehen, um Kunden zu finden. Bei meinem ersten diesjährigen Aufenthalt in Florenz war ich eben zur »Festa del libro«, dem Tag des Buches, zurechtgekommen; und obwohl seither schon längere Zeit vergangen ist, möchte ich doch noch ein paar Bemerkungen dazu machen. Der italienische Tag des Buches scheint ja eine ständig wiederkehrende Einrichtung zu werden. Man hatte diesmal einige Tage hintereinander die »Festa del libro« veranstaltet. Durch Vorträge wurde das Interesse der Bücherfreunde vertieft. Daß die bekannten Autoren an Ort und Stelle in ihre Werke Auto gramme cintragen, konnte ich im Jahre 1929 nicht mehr beobachten. Unter den Säulenarkaden der Piazza Vittorio Emanuele waren auf rohen Holzgerüsten die Bücher ausgelegt. Sortimenter und Verleger hatten sich in gleicher Weise an dieser offen zugänglichen Ausstellung beteiligt. Unzählige Passanten stöberten und blätter ten in den herumliegenden Büchern — Plakate und große Auf schriften warben besonders kräftig für einzelne Werke. Auch in den Schaufenstern der Sortimentsbuchhandlungen wurde eine auf den Tag des Buches bezügliche Reklame entfaltet. Das Publikum bekam auf alle Bllcherpreise einen Rabatt von mindestens 10 v. H., zum Teil sogar 30 v. H. Dem Sortimenter blieb nicht mehr als 10 v. H., durch Gewinnung neuer Kunden und allgemeine Erhöhung des Umsatzes sollte er für diesen geringen Ertrag des einzelnen Geschäftsabschlusses entschädigt werden. Aber die Buchhändler sind geteilter Meinung. Nicht jeder ist vom Erfolg dieser Einrichtung ganz überzeugt. Es gibt manche, die die Ansicht vertreten, der Ertrag der »Festa del libro« stehe in keinem Verhältnis zu dem außerordentlichen Mehraufwand an Arbeit. Der Eindruck, den der Tag des Buches vom Standpunkt der allgemeinen Buchwerbung auf den unbefangenen Beobachter macht, ist aber der denkbar beste. Erste Freizeit des Kreisvereins der Rheinisch-Westfälischen Buchhändler. Die erste Freizeit des Kreisvereins der Rheinisch-Westfälischen Buchhändler vom 1.—8. September auf der Freusburg stand unter dem günstigen Zeichen des Wettergottes. Prachtvolle Spät sommertage waren den Teilnehmern beschieden, und die Erinnerung an sonnige Wiesen, herrlichen Hochwald, weite Blicke in die Täler und über die dunklen Wälder, das Schwimmen in der Sieg wird nicht so bald verblassen. Nicht vergessen werden wird ferner das frohe Ge 1016 meinschaftsleben auf der Burg, der Küchendienst und der Stuben dienst, die geselligen Mahlzeiten auf Balkon oder Terrasse, Gesänge und Spiele in der Burg und auf Waldwiesen. Auch des stets freund lich-gütigen Burgwarts und seiner Helfer wird nicht vergessen werden. Die Referate, die im Musiksaal, aber auch im Freien gehalten wurden, ergänzten sich sehr glücklich. Bibliotheksdirektor vr. Sulz- Essen gab an zwei Tagen Überblicke über die Erzählungsliteratur des In- und Auslandes und über die geistigen Strömungen unserer Zeit. Seine Ausführungen enthielten eine überfülle von Namen und Titeln, darüber hinaus aber eine Charakterisierung der Verfasser und der von ihnen angestrebten künstlerischen und weltanschaulichen Ziele; bet der ausländischen Literatur außerdem eine Psychologie und Charakte rologie der Nationen. Sehr nützlich war der Überblick über die gei stigen Grundhaltungen in der Philosophie, Psychologie wie der Natur wissenschaften unter dem Gesichtswinkel der Polarität von Rationa lismus und Irrationalismus. Eiue eifrige Debatte entspann sich über das Wesen des »Deutschen«. Der von Sulz vertretenen Auf fassung, das unmittelbar Volkhafte — wobei freilich der Begriff Volk nicht ganz geklärt werden konnte — als wesentlich gelten zu lassen und dementsprechend Geister wie Fontane, Nietzsche und Kant und selbst Goethe als nicht beispielhaft deutsch anzusehen, trat die Meinung Worms gegenüber, die sich gegen eine solche Verengung wendete und nicht nur bas durch Blut und Boden Bedingte, sondern auch das durch Zucht und Opfer Erkaufte, also nicht nur die Natur, sondern auch die Kultur als ausschlaggebend angesehen wissen wollte. Thiele-Münster, der sich in höchst dankenswerter Weise der Leitung der täglichen gymnastischen Übungen annahm, gab einen Überblick über die Geschichte der Freikörpcrkulturbewegung, die sich heute aller orten öurchgesetzt hat. Fräulein vr. Turnau-Frankfurt (Main) ver suchte die Wirkung der Courths-Mahler und ähnlicher Autoren zu erklären. Ihr ungewöhnlich interessantes Referat war ein Beitrag zur Psychologie und Soziologie des Lesers, ein Vorstoß also in noch selten betretenes Gebiet. Professor vr. Menz-Leipzig bot mit be- triebswirtschaftskundlichen Darlegungen das notwendige kaufmän nische Gegengewicht gegen die geisteswissenschaftlichen Bemühungen der anderen Dozenten. Der Leiter der Freizeit Worm-Düsseldorf hatte in seinem Ein gangsreferat das Buch als Behälter der Zeit und als zeitlichen Wir kungsfaktor beschrieben, also als gewirkte und wirkende Macht. In seinen Schlußworten, die das Thema: »Gestalt und Bewegung« be handelten, erweiterte er eine ästhetische Betrachtung von dichte rischen Kunstwerken zu einem Versuch allgemeiner Deutung von Welt und Leben. Die auf »Gestalt« gerichtete Neigung des Menschen bringt Ruhe und Sicherheit in das bunte, wechselvolle und ungeordnete Da sein, sie hat aber die Gefahr in sich, den Menschen abzuschließcn, zur Erstarrung zu bringen. Umgekehrt löst die »Bewegung« das Ver festigte und bezieht alles ein in die ewige Verwandlung; indem sie aber keine Grenze kennt, gerät der ihr ergebene Mensch in die andere Gefahr, zu verfließen und zu entgleiten. Die Zusammenzwingung beider Richtungen, wie sic beispielhaft bei Dürer und Goethe fest zustellen ist, macht erst das volle Leben aus. An einem der herrlichen Spätsommerabende, die den Teilnehmern der Freizeit beschieden waren, sprach Adolf von Hatzfeld aus seinen Gedichten. Die Persönlichkeit und das Werk des Dichters übten ganz starken Einfluß auf die Hörer aus. Der Bericht würde unvollständig sein, gedächte er nicht der An wesenheit des Mannes, der die Idee der Freizeit unermüdlich gegen Widerstände durchgesetzt hat, und der auch auf der Freusburg an allem tätigen Anteil nahm: Haakes-Essen. Der erste Vorsitzende des Kreisvereins rheinisch-westfälischer Buchhändler, Hammcrschmidt- Hagen, dessen Besuch auf der Burg mit Genugtuung und Freude be grüßt wurde, gab seinem Dank an H«ake-Essen warmen Ausdruck. Und das Fazit? Ist eine Freizeit junger Buchhändler im Ge- samtzusammcnhang des Berufs sinnvoll? Auch der Skeptiker kann mit einem vernehmlichen »Ja« antworten. Die unmittelbare Ver bundenheit des Lebens in der Natur, fern der großstädtischen Zivili sation, das Zurückgeführtwerden zu den einfachsten Formen des Da seins, birgt zwar die Gefahr des Romantizismus in sich, sie lehrt aber auch, daß alle technischen Errungenschaften nicht das Letzte und Eigentliche bedeuten. Der Geist der Gemeinschaft, der sich notwendig in einer kleinen Gruppe während der Freizeit ausbildet, wirkt wohl tätig aller ungesunden Vereinzelung entgegen, er schafft eine neue Gesinnung, einen neuen Lebensraum, in dem die Meinung des Anderen geachtet wird.
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