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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.11.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1933-11-21
- Erscheinungsdatum
- 21.11.1933
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- Deutsch
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X: 271, 21. November 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. DtschnBuchhandcr. Weg also mit dem Wort »Ware« beim Buch. Es gehört in die vergangene Zeit und nur völlige Trennung davon macht den Weg frei zu besserer Leistung. Es ist auch da, wie das Volkswort sagt: reicht mau dem Teufel den kleinen Finger, so nimmt er die Hand, ja er nimmt mit Sicherheit den ganzen Menschen. Unlängst wurde dem Gedanken das Wort geredet, daß die deutsche Rcichsregierung durch Veranstaltung einer groß artigen Reichsbuchwoche im Herbst dem Buchhandel helfen möge, zu herabgesetzten Preisen diejenigen Bücher zu verkaufen, deren Produktion sich als nicht notwendig und deshalb als zuviel er wiesen hat. Daß also unsere jetzige Regierung sich dem Verlag zur Verfügung stellen solle zum Abstoßen und zum Jns- Volk-Pressen des Ramsches — und möge dabei auch an «Edel«- ramsch gedacht worden sein. Und wenn dies dann auch noch knapp zwei Monate vor Beginn des Weihnachtsgeschäftes ge schehen soll, damit zu Ungunsten dessen, was unsere Denker und Dichter uns jetzt in dieserZeitzu sagen haben, sparsamen Hausfrauen und Familienvätern der Kauf von Ladenhütern nahegelegt werde, die man nur durch Preisherabsetzung und Reichsbuchwoche »gangbar« machen zu können sich bewußt war! Dem händlerisch Eingestellten mag es naheliegen, auf diese Weise schon jetzt nach Ersatzmöglichkeiten zu suchen für den Fall, daß tatsächlich der Warenhausbuchhandel, der bisher diese Ge schäfte besorgte, einst nicht mehr sein wird. Und so sei denn nun auch in Bezug auf den Waren hausbuchhandel ein — vom bisher gewohnten Standpunkt des Verlegers aus — ketzerisches Wort gewagt: Wem das Buch nicht als »Ware« gilt, der vermag auch für den Waren hausbuchhandel keine Lanze zu brechen. Daß in einzelnen Fäl len mustergültig geleitete buchhändlerische Betriebe entstanden sind, die sich allmählich über das rein Warenhausmäßige hinaus gearbeitet haben, ist mir wohl bekannt. Man mag bedauern, wenn die Arbeit von Buchhändlern, die an solchen Stellen ihre gute Kraft eingesetzt haben, anstatt Dank zu finden, einst abgeschnitten wird. Der Umsturz hat manche Einzelgeschehnisse gezeitigt, und jeder kennt solche aus seinem Lebens- und Bekanntenkreis, die einem aus sentimentalen Gründen Schmerz bereiten; wer wird deshalb das Geschehen im ganzen ablehnen, — was doch der Erwartung gleich käme, daß Wichtigstes nicht hätte ge schehen dürfen, weil in einzelnen Fällen Härten unver meidbar sind. Ist es nicht in Bezug auf die Ausnahme fälle des Warenhausbuchhandels ebenso? — Denn die große Linie unserer Zeit führt den Buchhandel mit unbe dingter Folgerichtigkeit vom händlerischen Gedanken weit ab zur idealen Auffassung seiner kulturellen und nationalen Ver pflichtungen. Händlerischeres aber als das Warenhaus ist mir nicht bekannt; kann dort noch ein Platz sein für Bücher? — Aber der Ramsch? Der Verleger muß doch Möglich keiten haben, seine Überproduktion an den Mann zu bringen? Ja, hat denn der Warenhausbuchhandel immer bestanden? Ist Drauf losproduzieren mit dem Hintergedanken, geht's nicht durch den Buchhandel, so geht's mit einem blauen Auge noch durch's Warenhaus, eine zwingende Notwendigkeit? Ist nicht gerade das Weg fallen des Warenhausbuchhandels ein sehr gesun der Zwang für den Verlag, nicht nur auf »Gangbarkeit« zu spekulieren, sondern die Notwendigkeit zu prüfen unter gleichzeitiger Beachtung der eigenen Möglichkeiten? Darf man nicht im radikalen Verschließen dieser Hintertüren gerade das Mittel sehen, nach dem seit Jahren gesucht wird, das unbedingt wirkende Mittel nämlich gegen das Allzuviel an Verlagen und Verlagswcrken. Weg also nicht nur mit der »Ware«, sondern auch mit dem Warenhaus, wenn es um das Buch geht. Selbsthilfe. Viel Verneinendes mußte gesagt werden in Bezug auf die vergangene Zeit, von Mängeln und Fehlern mußte gesprochen werden, von Versäumnissen und ihren Folgen, von Verwirrung bis in die letzten Wochen. Der Buchhandel hat sich an seinen Aktionsausschuß, an Re gierungsstellen um Hilfe gewandt, — ihm wurde die Antwort: Selbsthilfe. Seien wir uns klar, daß die eigentliche Hilfe trotz 888 mancher Erleichterungen niemals von außen kommen kann. Und — müssen wir nicht überhaupt erst den Beweis erbringen, daß wir, unserer Verantwortung nun bewußt, und gewillt, die aus ihr entspringenden Pflichten voll und ganz zu erfüllen, der Hilfe würdig sind? Kann ein händlerischer Buchhandel vor den anderen Gebieten des Handels eine Sonderbehandlung er warten? Hilfe dürfen wir doch nicht eher erwarten, als bis aus unserer Arbeit hervorgeht, daß wir durch unsere Leistungen für das Volksganze — besonders wichtig sind. Aber auch dann wird das Ausschlaggebende immer noch unsere Selbsthilfe bleiben. Wir waren durch die Zeit verführt worden, stets nach Augenblickserfolgen zu Haschen. Wir werden nun als erstes zu lernen haben, daß der Augenblickserfolg in der Mehrzahl aller Fälle auf Kosten des Dauererfolges erzielt wird. Auch nicht von heute auf morgen werden wir eine nach haltige Besserung erringen können, denn nichts Echtes wächst plötzlich, jedes Wachstum muß Schritt für Schritt gehen. Ich mußte vorhin den Geschäftstrick, die raffinierte Reklame, die äußerliche Geschicklichkeit als verwerflich bezeichnen. Es muß versucht werden, an ihre Stelle Besseres und Stärkeres zu setzen. Wir müssen wieder lernen, unsere Arbeit mit unserer gan zen Persönlichkeit, mit unserer ganzen seelischen Kraft zu erfül len. Aufgeschlossensein, volle Hingabe an die Arbeit ist notwendig. Wir müssen, wie wir's vom ehrlichen Handwerker des deutschen Mittelalters wissen, jeden einzelnen unserer Arbeitsvorgänge be seelen mit unserem Arbeitsstolz, mit unserer Liebe zur Arbeit und mit Achtung vor denen, denen diese Ar beit gilt! Ich möchte meinen, daß diese Arbeitsbeseeltheit, die der Kleinste so gut aufbringen kann wie der Größte, die jeden Unterschied zwischen den in verschiedenen Stel lungen Arbeitenden beseitigt, daß sie eine der allerwich tigsten Errungenschaften sein kann, die uns die Umwälzung unseres ganzen deutschen Lebens zu bringen vermag. Fühlt man schon in jedem Geschäft die Atmosphäre des Hau ses, wieviel wichtiger ist sie in der Buchhandlung. Sie spricht aus allem, aus der Ordnung, aus dem Fleiß, aus den Mienen aller Mitarbeiter, aus der Hilfsbereitschaft auch bei win zigen Kleinigkeiten, sie spricht aus der Auslage, sie wirkt am stärksten — aus dem Fenster. Die Leere des Schaufensters? Welch ein Abweg! Ich spreche nicht von gelegentlichen Notwendig keiten. Sonderfenster müssen auch sein. Aber ist es nicht das Wichtigste, daß der Buchhändler dem Vorübergehenden den ganzen Reichtum dessen, was er ihm zu bieten hat, so viel wie möglich vor Augen führt? Er führt ihm allerdings dabei nicht nur vor Augen, was er hat, noch stärker spricht aus dem Schaufenster, wererist. Und da es gerade dem wahren Bücher freund ganz und gar nicht gleichgültig ist, wes Geistes Kind sein Buchhändler ist, so muß selbstverständlich aus dem Gezeigten an statt Routine, Geschicklichkeit und Geschäftstüchtigkeit, in Zukunft Vertrauenswürdigkeit, Wissen, Können und Fleiß, Stolz und Liebe zur Arbeit sprechen. Das Buch ist äußerlich eine spröde Materie: Farbe, Format und Inhalt, wie oft wollen sie sich nicht ver tragen. Es gehört wahrhaftig ein emsiger Fleiß und eine unent wegte Liebe zur Sache, es gehört geschulter Geschmack und Ge schick dazu, wirklich Ansehnliches zu leisten und damit die ge wünschte Wirkung zu erzielen. Auch hier entsteht die erhoffte Wirkung erst aus der Schönheit der Form. Aus dem Gelingen aber entspringt dann die wahre Befriedigung, der Stolz und gleichzeitig die Bescheidenheit — angesichts des stets empfunde nen eigenen Unvermögens. Wäre ich Börsenverein, ich würde einen Wettbewerb von jetzt bis Weihnachten veranstalten — für Schaufenster, die den Reichtum unserer Literatur zeigen. Ich würde Einsendung von Skizzen oder Aufnahmen verlangen, aus denen auch die Titel der Bücher erkennbar sein müßten, damit auch die Gruppie rung nach ihren inneren Beziehungen erkennbar ist. Ich würde diese Sache so wichtig nehmen, daß ich jede eingesandte Aufnahme dem Einsender bezahlen würde (und jede Buchhandlung könnte verschiedene Aufnahmen nacheinander einsenden), und ich würde wenige große, dafür aber desto mehr kleine, anspornende Preise aussetzen. Als Buchhändler aber würde ich mit voller Hingebung
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