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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.11.1933
- Strukturtyp
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- 1933-11-21
- Erscheinungsdatum
- 21.11.1933
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- Deutsch
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Mitarbeiten, nicht nur um einen Preis zu bekommeu, sondern der Sache wegen und nebenbei aus dem Bewußtsein her aus, daß die leidigen Mk. 2.85-Bücher nur dadurch so sehr über hand nehmen konnten, daß der Buchhandel sich einseitig dem Vertrieb der Neuigkeiten zugewendet hat. Erlebt der Verlag in Zukunft, daß seine früheren, noch wertvollen Werke nicht so ganz und gar vernachlässigt, sondern ihrer Bedeutung gemäß weitergepflcgt werden, daun wird auch er nicht mehr in Ver suchung kommen oder genötigt sein, jedes Buch, das noch einiges verspricht, durch eine Schleuderpreis-Ausgabe zur »Neuigkeit« zu stempeln — wodurch letzten Endes dem Verlag sowohl wie dem Sortiment wertvolle Substanz ohne entsprechenden Nutzen entzogen wird. Lernen wir, glauben wir daran, daß viel wichtiger als alle kurz wirkenden Tricks die wahre Beseeltheit unserer Arbeit ist. Sie wirkt! — Sie wirkt sogar stärker, denn das Seelische ist i m m e r stärker als alles andere. Die zusammeugefaßte seelische Kraft, die Hingabe aller Mitarbeiter an das Haus, sie schaffen die notwendige Stimmung, sie wirken sogar in die Ferne (das lehrt vielerlei gar zu wenig beachtete Erfahrung), als starke — wenn auch nicht sichtbare und meßbare — Ströme, denen sich keiner auf die Dauer entziehen kann, der irgendwie in ihren Bannkreis gerät. Berufsarbeit im neuen Geist. Und diese Hingabe oder sagen wir ruhig diese Leidenschaft oder Besessenheit, der ich — aus eigener bescheidener Erfahrung — jeden Erfolg verspreche, kann man sich anlernen. Lassen Sie mich eine ganz kleine Episode erzählen: Die Buchhandlung in Tübingen, als deren Mitinhaber ich von 1920 bis 1930 den Buchhandel erlernte, führte keine Schulbücher. Schulbücher sind lästig; gut, wenn man ohne sie auskommt. Wir konnten einige Jahre dabei bleiben, aber es wurde uns immer häufiger nahcgelegt, wie schön es wäre, wenn wir — da unsere Kunden doch alles bei uns haben wollten — auch Schulbücher in unser Geschäft aufnähmen. — Es geschah, unter Stöhnen, und natürlich ging es — schlecht. Verärgerung über die Masse der Arbeit, über die ewig sich ändernden Schulbuch-Ausgaben, über den schlechten Verdienst und über den ausbleibenden Absatz. Mißmutige Gesichter von vornherein, wenn hin und wieder ein Schüler kam. — Eines schönen Tages entdeckte ich durch Zufall, was für ein Ereignis das Schulbücherkaufen für solch einen kleinen Knirps war. Schüchterner Eifer, erwartungsvolle, leuch tende Augen, Stolz, als er seine Bücher endlich bekam und das Geld dafür bezahlen durfte. Da war cs einfach nicht möglich, diesem strahlenden Kinderherzeu abkühlend mit Mißmut zu be gegnen. Ich weiß, daß ich damals zum ersten Male beim Schul buchverkauf freundlich wurde, ich unterhielt mich mit dem kleinen Mann, und schließlich haben wir beide gestrahlt. — Und dann ging ich zu meinen Mitarbeitern und erzählte ihnen, wie häßlich es doch eigentlich sei, diesen jungen Menschen ihre Freude durch Unfreundlichkeit zu vergällen; wie töricht, ihnen nur sachlich oder gar unfreundlich zu begegnen, anstatt ihnen als Erinnerung an ihren ersten Besuch in einer Buchhandlung einen besonders freundlichen Eindruck mitzugeben. Und ich legte ihnen nahe, ein mal aus diese strahlenden Augen und auf diesen kindlichen Eifer zu achten und sich selbst daran — zu erfreuen. Weggeblasen war von dem Tag an aller Arger, die Schulbücherzeit wurde ein Fest, in das immer mehr Kindcraugen hineinstrahlten, und alles Drum und Dran war zur Nebensache geworden — wie es sich gehört. — Sie ahnen gar nicht, wie — sozusagen ganz von selbst und ohne unser weiteres Zutun — das Schulbüchergeschäft rasch einen Umfang annahm, viel größer, als wir es je erwartet hatten, und wie in der Folge selbstverständlich auch — der Weih nachtsabsatz von Jugendschriften zunahm. Aber das ist nur ein Anfang, handelte es sich doch in diesem Fall mehr darum, den gegebenen Bedarf zu befriedigen. Noch ganz anderes halte ich nach meiner buchhändlerischen Er fahrung für möglich: Es ist den Buchhändlern einer Stadt in die Hand gegeben, den Bücherumsatz in ihrer Stadt enorm zu steigern. Wieviel kann geschehen, damit die Buchhandlung neben allen anderen Geschäften die ihr zukommende Beachtung findet. Durch Lebendigkeit, durch seinen Fleiß, durch unermüdliche Auf merksamkeit bei allen Gelegenheiten, beim Zusammentreffen mit den verschiedensten Menschen, kann der Buchhändler mit allergrößter Sicherheit die Bedürfnisse der Menschen nach seeli scher Nahrung steigern, oder wo noch keine vorhanden sind, sie wecken. Aber es muß die richtige Nahrung sein, nicht Tand, nicht Augenblicksreize, sondern Dinge, die das Menschenherz be wegen, bereichern, erfüllen. Und diese Kunden, die er s o gewinnt, die bleiben ihm treu, selbst bei wirtschaftlichen Schwankungen. Wenn es heißt, die Lebenshaltung einzuschränken, so wägt jeder ab. Das leichte Buch läßt rasch auf sich verzichten. Wem aber das regelmäßige Aufnehmen innerer Werte zum Lebensbe dürfnis geworden ist, der wird lieber auf einige materielle An nehmlichkeiten verzichten, wird etwa lieber schlechtere oder gar keine Zigarren rauchen, als daß er von dem läßt, was sein eigentliches Leben ist. Dies also, meine ich, ist die Selbsthilfe, die der Buchhandel in der eigenen Hand hat: Erstens: Geistig sich selbständig machen im besten deutschen Sinne und dadurch unabhängig werden von äußeren, unberechen baren und unbeeinflußbaren Einwirkungen: Herr sein im eigenen Haus. Und zweitens: unsere Arbeit mit der ganzen seelischen Kraft unserer Person erfüllen, nicht üeop smilinA äußerlich — be zeichnend, daß der Amerikaner nur bis an das Äußere heran kam —, sondern mit Fröhlichkeit und Güte und Liebe und Stolz und Bescheidenheit erfüllt sein von innen, und dadurch die Atmosphäre schaffen, und um unser Haus die unsichtbaren Ströme, die uns in der letzten und höchsten Zeit des Rationalis mus völlig verloren gegangen waren. Und daraus entsteht das Dritte, daß er in immer mehr Menschen seelische Bedürfnisse trägt, auch nicht nur aus Eigen nutz, sondern um ihnen zu helfen, um ihrem Leben Gehalt zu geben, — letzten Endes um seinem Volk zu helfen. — Denn — nachdem unser deutsches Volk der ihm auferlegten schweren Bewährungsprobe das letzte Mal nicht standgehalten hatte, wird es nun schwerlich ohne neuerliche Belastungsproben eine bessere Zukunft erreichen. So leicht macht es einem das Leben nicht. Wir glauben aber, daß unser Volk, heroisch seiner Wesensart nach, jeder Belastung gewachsen sein kann. Jahr zehntelang haben wir ihm Steine und Gift gegeben statt Brot, jahrzehntelang war es falschen Einflüssen ausgesetzt. Die müssen wir durch unsere Arbeit wieder verdrängen durch Besseres, Stärkeres, durch seine eigene Kunst, die ihm nie andere als heroische Kräfte und heroische Impulse mitgeben wird auf seinen Weg. Wir glauben, daß die Wirkungen, die von der Kunst und innerhalb der Kunst von der Dichtung ausgehen, zu den stärksten gehören, die überhaupt in das Innere eines Volkes ein zudringen vermögen. Daß neben den mannigfachen Einflüssen des Tages und inmitten des großen politischen Geschehens unserer Zeit jene wichtigen Kräfte nicht zu kurz kommen, die dem seelischen Aufbau des Einzelnen wie dem des ganzen Volkes die wesent lichen Lebenswerte zuführen, sondern daß sie ihrer ganzen Be deutung gemäß für sein weiteres Wachstum wirksam werden und bleiben, dafür unerbittlich zu sorgen, möge von nun an das unverrückbare Ziel Ihrer Arbeit sein. — Das Wachstum unseres Volkes geht weiter; nie haben wir es deutlicher gespürt als heute. Und die Kräfte sind da. Wer wollte nicht ihr treuer Mittler sein! Gustav Pezold. Einige Antworten und eine Absage im Zusammenhang mit einem Jungbnchhändlcrtresfe». Ich habe hier vor kurzem über bas Jungbnchhändlertreffen in Bremen am 22. Oktober berichtet, das mit einer ungewöhnlich großen Zahl von Rednern und gewichtigen Vorträgen das Gebiet der jetzigen kulturellen buchhändlerischcn Aufgaben abschritt. Wir haben diese kulturellen Aufgaben bewußt Vorangestellt, nicht weil wir tö richte Idealisten, Halbdenker sind, nicht weil wir etwa die wirtschaft lichen Notwendigkeiten und ernsten Nöte nicht sehen oder nicht sehen
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