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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.10.1936
- Strukturtyp
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- 1936-10-08
- Erscheinungsdatum
- 08.10.1936
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- Deutsch
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?^us „Mller/^wilclien 8incrapore unv Kap t^oin" /!e§efteo6e.' Es war kurz vor Mitternacht; um die Jahreswende sollte, wie immer, der große Nationaltanz der Saywash beginnen. Der alte Geiger setzte sich in Positur und stimmte die Saiten, denn eine schwere Ausgabe stand ihm bevor; der Saywash-Jig, der getanzt werden mußte, bis auch das letzte Tanzpaar umfiel. Sullivan, mit dem Recht des besten Tänzers im ganzen Land, hatte de» Vorzug, sich auch die beste Tänzerin auszusuchen. Zu diesem Tanz war es notwendig, daß die Tanzpartner gut zusammentanzten, denn es war eine Art Wett- und Preistanz, der demjenigen Paar, das am längsten auf dem Tanzboden aushielt, den Preis und dein Mann das Mädchen zuerkannte. Die Paare stellten sich auf, und der Fiedler begann. Langsam erst, dann schneller und schneller. Die anfangs trübselige Melodie feuerte bald durch ihren Rhythmus an, und mit den auf- und abschwellenden Tönen schaufelten und jiggten die Männer, wobei der Ton ihrer stampfenden Füße sich im Gleichtakt mit der Musik der wimmernden Geige mischte. Es war herrlich anzusehen. Die Bewegungen der Körper und der Beine von hundert bunten Paaren in gleichem Takt und gleichem Rhythmus ausgeführt — Die Alten tranken Whisky und freuten sich an der Lebenslust der jungen Tänzer. Manch alter Fuß, manch alte Hand schlug Takt zum Saywash-Jig und ermunterte die Jugend durch Klappen und Zurufen. Es war ein Bild in seiner urwüchsigen Wildheit, das man niemals vergißt, ein Bild, das man nirgends woanders sehen kann als unter den Saywash-Jndianern des amerikanischen Nordwesten. Bald wurden die Tänzer weniger. Paare schoben sich seitwärts hinaus, wodurch die anderen mehr Platz bekamen und enger zu sammenrückten. Sullivan sah sich um. Ein Blick der Zufriedenheit erhellte sein strahlendes Gesicht, als er sah, daß schon viele Tanzpaare aus geschieden waren und auf den Bänken an den Wänden Platz ge nommen hatten. Er war noch vollkommen frisch; auch seine Partnerin zeigte keine Spur von Ermüdung. Es war schon jetzt vorauszusehen, wer als Siegespaar aus dem Puski hervorgehen würde. Die Zeit verstrich, und es waren nur noch ein Dutzend Paare, die tanzten. Der Fiedler kratzte weiter, weiter; dieselbe Melodie wieder holte sich alle paar Minuten, ohne dadurch auf das Ohr ermüdend oder monoton zu wirken. Die ausgeschiedenen Paare saßen längs der Wand; die Gesichter ringsum wurden ernster und spannender. Aller Augen hingen an Sullivan und seiner Tänzerin, aber es waren keine Blicke der Bewunderung, sondern kalte, harte, feurige Blicke des Hasses. Aber Sullivan merkte das nicht. In seiner Eitel keit sah er nur sich und seine Tänzerin; — vielleicht deutete er auch die haßerfüllten Blicke der dreihundert Zuschauer als Zeichen von Neid und Eifersncht. Plötzlich erhob sich die Alte von ihrem Sitz auf dem Podium. Sie humpelte einige Schritte vorwärts bis an die Rampe. Auch die anderen alten Männer und Frauen erhoben sich und formten einen Halbkreis hinter der Alten. Eine tiefernste Entschlossenheit lag auf ihren Gesichtern. Wie auf ein verabredetes Signal wechselte nun das Bild. Die jüngeren Männer und Frauen erhoben sich von den Sitzen und formten einen Kreis um die noch tanzenden Paare. Der Fiedler kratzte weiter mit neuer Kraft. An die hundert Frauen lösten sich aus den Reihen der Zuschauer und formten einen Kreis um die Tänzer, die sie durch Klappen der Hände und durch Zurufe zur Hergabe ihrer letzten Kraft anseuerten. Mit den Füßen stampften sie einen Doppeltakt zum Jig. Auf einen weiteren Wink der Alten schieden die wenigen noch tanzenden Paare aus, so daß Sullivan und seine Parnterin allein im Zentrum des Kreises verblieben. Mit einem Lächeln des Triumphes auf den Lippen bereitete sich Sullivan nun darauf vor, seine eigene Partnerin niederzutanzen und auch sie zum Ausscheiden zu zwingen. Es war Brauch und Sitte beim Saywash-Puski, daß der Sieger dann seine Tänzerin auf die Arme nahm und mit ihr im Dunkel der Nacht verschwand, als Belohnung für seinen Tanzsieg. Aber heute lag die Sache anders. Die Frauen, die den Ring um Sullivan und seine Tänzerin bildeten, stampften und klatschten; der Fiedler kratzte und wimmerte auf seiner Geige; — die Männer standen in Gruppen außerhalb des Kreises mit vor Spannung und Aufregung geröteten Gesichtern; — draußen heulte der Sturm und schüttelte das Haus vom Giebel bis zum Erdboden. Die Partnerin Sullivans brach vor Ermüdung erschöpft zusammen und wankte dem Kreise zu, wo sie von den anderen Squaws aus genommen wurde. Sullivan, mit erstauntem Blick ob dieser unvorhergesehenen Ände rung des Programms, wollte ihr folgen, doch die Frauen wiesen ihn zurück. Im Takt der stampfenden Füße und dem Wimmern der Geige mußte er weiter tanzen. Mit einem übermütigen Lächeln machte er gute Miene zu diesem Spiel und tanzte weiter, tanzte, wie noch nie ein Saywash getanzt wurde; — mit hoch erhobenem Kops und strahlenden Augen und einem Siegeslächeln winkte er in Übermut und anscheinend noch frisch und unermlldet den ihn umgebenden Männern und Frauen zu; — und tanzte — tanzte. Der Geiger spielte den Saywash-Jig weiter, und die Frauen tanzten um Sullivan herum, langsam erst, dann schneller und schneller, bis sie mit schwingendem Körper und schaufelnden Füßen einen Ring um den erstaunten Ranger bildeten, der fest wie eine Mauer war. Sullivan bemerkte nun auch, daß jede der ihn umgebenden Frauen ein langes Jagdmesser in der rechten Hand trug, während sie mit der linken Hand das Gelenk ihrer Nachbarin umklammerte, und die Spitze der Messer war auf ihn gerichtet! Der Tanz wurde lauter, schneller, wilder, — und nun klatschten nnd stampften die außerhalb des Ringes stehenden Männer und die Alten den Takt dazu. Im Augenblick begriff der Ranger die volle Bedeutung der drohen den Geste noch nicht. Er glaubte, es sei eine Art Witz oder ein Scherz, den die Squaws als besondere Ehre für ihn ersonnen hatten. Aber langsam bemächtigte sich seiner doch eine gewisse Unbehaglich keit, als er die wilden, drohenden, entschlossenen und blutdürstigen Gesichter der Frauen sah, die ihn halb spöttisch, halb drohend an- starrten, und deren Tanz immer fanatischer und wilder wurde. Kurz entschlossen wollte Sullivan der Sache ein Ende bereiten und sprang auf den im schaufelnden Gleichschritt schwingenden Ring zu, uni ihn zu durchbrechen, aber er sah die zum Stoß bereiten Messer der Frauen gegen sich gerichtet, — und dahinter ein Dutzend zum Schuh bereit gehaltene Revolver der Männer. Er sprang zurück mit einem Gefühl, das halb Furcht, halb Wut war; — und dann erschallte, das Wimmern der Geige und das Stampfen der Füße übertönend, die Stimme der Alten von der Plattform; „Tanze, Sullivan, tanze! und stirb!" schrie sie mit durch dringender, schneidender Stimme. Der Ranger erschauerte; — dann flogen seine Hände blitzschnell an die Griffe seiner beiden Revolver, doch bevor er sie erheben konnte, ertönten zwei kurze Schüsse, und die Revolver fielen zu Boden, während die verwundeten Hände blutig und schlaff an seinen Seiten hingen. Ein teuflisch boshaftes Lachen erklang von den immer weiter tanzenden Frauen, das noch übertönt wurde von dem abermaligen Ruf der Alten; „Tanze, Mörder, tanze für Ay-ita! — und stirb!" Sein Herz schien zu erstarren, als er den Ruf „Mörder" hörte. Furcht packte ihn. Wie von einer unsichtbaren Macht wurde er weiter zum Tanz getrieben, seine Füße begannen weiter zu stampfen und zu schaufeln, sein Körper zu schwingen im Takt zu der ununter brochen wimmernden Geige, dem wiederbegonnenen Klatschen der Hände nnd dem Stampfen der Füße, das einen kurzen Augenblick unterbrochen war, als die beiden Schüsse ertönten. Gegen seinen eigenen Willen wurde er durch eine Macht, die stärker als seine eigene war, zum Weitertanzen gezwungen. Im Saal wurde es dunkler und dunkler, die Kerzen in den Papier laternen und Flaschenhälsen erloschen eine nach der anderen; — nur die qualmenden Ölfunzeln brannten noch und gaben dem weiten Raum eine unheimliche, gespenstische Beleuchtung. Ohne Unterbrechung spielte der alte Geiger den Saywash-Jig, ohne Ruhepause tanzten die Squaws, klappten die Hände und schaufelten die Füße. Das Bild war wild und schrecklich; — die blitzenden Stahlklingen in den Händen der schwitzenden, immer fanatischer tanzenden Frauen näherten sich ihrem Opfer; — enger schloß sich der Ring, der um den Ranger wankte und schwankte; — wie aus weiter Ferne scholl zum drittenmal die Stimme der Alten; „Tanze, verfluchter Mörder, tanze für Ay-ita! — und stirb!" Plötzlich bewegte sich die eine Seite des tanzenden Ringes, der er den Rücken zukehrte, blitzschnell auf ihn zu, ein Schrei des Schmerzes übertönte den Lärm der Geige und der Tänzer; — ein Dutzend scharfe Messer hatten das neue Buckskinhemd des Rangers durch stochen und waren in das Fleisch gedrungen. Ein wildes Lachen ertönte aus dem Munde der fanatischen Squaws, als sie zurück schwangen und den Rhythmus des immer toller werdenden Tanzes wieder aufnahmen. oirci vciri^s ^.6.. irclri.1^ xivv?
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