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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.03.1915
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1915-03-31
- Erscheinungsdatum
- 31.03.1915
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- Deutsch
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RedaMoneUer Teil. 74, 51. März 1915. habe, sondern sich zu der strengeren Meinung bekenne, daß der einmal anhaftende Makel im Gedächtnis bleibe und durch ein Rechtsgeschäft nicht leicht beseitigt werde. Mindestens könne man einem Gläubiger, den der frühere Geschäftsinhaber verleitet habe, Kredit zu geben, ob wohl das Unternehmen dessen schon unwürdig gewesen sei, billigerweise nicht verargen, wenn er mit der Firma vorläufig nichts mehr zu schaffen haben wolle, auch nicht mit ihrem ohne Schuldenhaftung einge tretenen neuen Inhaber. Solche, zumal vom Standpunkt eines Ge schäftsmannes, menschlich begreifliche Handlungsweise könne nicht all gemein gehässig, rachsüchtig, rein willkürlich und darum unsittlich be funden werden. Allerdings könne der Beklagten darin nicht zuge stimmt werden, daß sie die Erklärungen des Deutschen Verlegervereins im Buchhändlerbörsenblatt: »den Käufern von Sortimentsbuchhandlungen, die das Geschäft ohne Schulden übernommen und nicht für gleichzeitige Rege lung der vom Borbesitzer stammenden Verpflichtungen gesorgt haben, wird ohne weiteres das Konto geschlossen« schlechthin nach ihrem Wortlaut auch auf solche Fälle anwenden wolle, in denen aus einer Konkursmasse Vermögen samt Firma ohneSchulden erworben worden sei. Während bei Geschäftsüber nahme ohne Schulden, wenn sie außerhalb des Konkurses erfolge, Miß trauen begründet erscheine, lasse sich beim Erwerb aus der Konkursmasse nicht ohne weiteres sagen, daß er den Gewohnheiten des redlichen Ver kehrs und darum den guten Sitten widerstreite. Häufig werde er der Erhöhung des Konkurserträgnisses förderlicher sein, als irgend eine andere durchführbare Maßregel; und in solchen Fällen könne er auch dem Erwerber in der Regel nicht als Verstoß gegen die guten Sitten zugerechnet werden. Mit Recht besage daher die Auskunft, die der Kläger unter dem 10. Dezember 1912 von der Geschäftsstelle des Deut schen Verlegervereins erhalten habe: »Die Erklärung, die der Deutsche Verlegerverein über Verkäufe von Sortimentsgeschäften ohne Schulden beschlossen und wieder holt im Börsenblatt zum Abdruck gebracht hat, bezieht sich selbst verständlich nur auf solche Firmen, die unter regulären Ver hältnissen aus einer Hand in die andere ohne Passiven verkauft werden. Auf eine Firma, die im Konkurse gewesen ist, haben diese Maßnahmen keinen Bezug.« Wenn nun auch die Beklagte, obgleich sie von dieser Auskunft in Kenntnis gesetzt worden sei, bei ihrer strengeren Auffassung verblieben sei, so sei sie damit doch keineswegs in Gegensatz zum Deutschen Ver legerverein als Körperschaft geraten. Es dürfte bei der Beklagten nicht das Bewußtsein vorausgesetzt werde«, von der einhelligen Ansicht der Verlegervereins-Mitglieder über den Sinn ihrer im Börsenblatt be kanntgemachten Erklärung abzuweichen; es lasse sich nicht widerlegen und müsse sogar als erwiesen gelten, daß die Beklagte geglaubt habe, mit ihrem Verbot an die Barsortimenter den wahren Sinn der Er klärung zu betätigen, die der Deutsche Verlegervercin wider die Sor- timentsiibernahme ohne Schulden abgegeben gehabt habe und mit der er auf Wahrung der Standesehre bedacht gewesen sei. Danach sei nicht anzunehmen, daß ihre Maßnahmen im Widerspruch ständen zu den guten Sitten. Diese Ausführungen werden von der Revision ohne Grund be anstandet, sie enthalten jedenfalls keinen Nechtsirrtum. Fehl geht die Rüge, das Berufungsgericht übersehe, daß der Kläger sich nicht dagegen wende, daß die Beklagte unmittelbar ihm nicht lie fern wolle, sondern nur dagegen, daß sie unter Androhung der Sperre den Barsortimentern die Lieferung an ihn verboten habe. Das Be rufungsgericht hat eingehend dargelegt, daß die Beklagte, wenn sie er reichen wollte, daß der Kläger von ihren Verlagswerken nichts er halte, das Verbot an die Barsortimenter unter Androhung der Sperre erlassen mußte und daß sie jeden Geschäftsverkehr — auch den mit telbaren, durch die Barsortimenter besorgten — mit einer Firma und deren Inhaber habe ablehnen wollen, deren frühere Inhaberin bei ihr noch Geschäftsschulden hatte und sie schnöde hintergangen hatte, in dem sie noch größere Bestellungen bei ihr zu einer Zeit gemacht habe, als sie schon zahlungsunfähig gewesen sei. Die Revision richtet sich weiter gegen die Ausführung des Be rufungsgerichts, die Beklagte sei der Meinung, die Interessen des Buchhändlerstanöes mit der Verhängung und der Anfrechterhaltung der Sperre zu vertreten. Der Annahme des guten Glaubens der Be klagten stehe die Auskunft der Geschäftsstelle des Deutschen Verleger vereins entgegen, deren Bedeutung durch die Ausführung des Be rufungsgerichts nicht herabgemindert werden könne; wer die Ansicht solcher Kreise seines Standes kenne, die besonders über die Standcs- anschauungen und Standespflichten unterrichtet seien, könne kaum da mit gehört werden, wenn er behaupte, daß er ganz andere Anschau ungen habe und daß diese respektiert werden müßten. Auch diese Rüge kann keinen Erfolg haben. Zwar mag dasjenige, was das Berufungs gericht iiber die Bedeutung jener Auskunft ausgefiihrt hat, nicht unbe denklich sein; allein davon wirb die tatsächliche Feststellung nicht be- 428 rührt, daß die Beklagte nicht gegen ihre bessere Überzeugung und böswillig gehandelt, vielmehr geglaubt hat, mit ihrem Verbot an die Barsortimenter den wahren Sinn der Erklärung des Verlegervereins zu betätigen. Indem das Berufungsgericht hierauf entscheidendes Ge wicht legt, hat es sich auch nicht, wie die Revision meint, mit dem vom erkennenden Senat wiederholt (vgl. Entsch. d. RG. in ZS. Bd. 72 S. 5, Bd. 79 S. 23) ausgesprochenen Satze in Widerspruch gesetzt, daß das Bewußtsein, gegen die guten Sitten zu verstoßen, nicht zum Tatbestand des 8 826 BGB. gehört. Denn die innere Gesinnung des Täters ist für diesen Tatbestand gleichwohl nicht ohne Bedeutung. Von der sittlichen Verwerflichkeit einer Handlung kann nicht die Rede sein, wenn der Handelnde sie in der zu dem Bewußtsein der Unsitt lichkeit gegensätzlichen redlichen Überzeugung vornimmt, daß er recht mäßig in Verfolgung seines erlaubten Interesses oder gar einer recht lichen oder sittlichen Pflicht so handeln dürfe und müsse (Kom. d. RGN. 2. Aufl. zu 8 826 Anm. 2 und die daselbst angezogenen Urteile des NG.). Das hat das Berufungsgericht tatsächlich festgestellt, und darnach ist auch der objektive Tatbestand des 8 826 nicht gegeben. Mit Recht be tont es aber auch, es könne einem Gläubiger, den der frühere Ge schäftsinhaber verleitet hat, Kredit zu geben, obwohl sein Unter nehmen dessen schon unwürdig war, billigerweise nicht verargt werden, wenn er mit der Firma und deren ohne Schuldenhaftung eingetretenen neuen Inhaber weder unmittelbar noch mittelbar etwas zu tun haben wolle. Im geschäftlichen Verkehr tritt die Firma an die Stelle der Person, und die Beklagte hat dieser Auffassung auch dadurch Aus druck gegeben, daß sie sich zu weiterem — unmittelbaren wie mittel baren — geschäftlichen Verkehr dem Kläger gegenüber bereit erklärt hat, falls er die übernommene Firma A. dahin abändere, daß er als deren Inhaber für jedermann erkenntlich sei. Unter diesen Umständen würde ein Verstoß gegen die guten Sitten in dem Vorgehen der Be klagten selbst dann nicht zu finden sein, wenn sie von der Auffassung des Deutschen Verlegervereins bewußt abgewichen sein sollte, vor ausgesetzt nur — was aber ohne Rechtsirrtum festgestellt ist —, daß sie mit ihrem Vorgehen ihre geschäftliche Würde vertreten zu können meinte und ideale Ziele wirklich verfolgt hat. Die Revision weist schließlich darauf hin, es sei unverständlich, wie überhaupt jemand die Ansicht haben könne, daß der Erwerb der Aktiven aus der Hand eines angesehenen Rechtsanwalts als Konkurs verwalters mit Zustimmung des Gläubigerausschusses gegen Treu und Glauben im geschäftlichen Verkehr verstoße. Dieser Einwand trifft die Sache nicht. Es handelt sich im gegenwärtigen Rechtsstreite nicht darum, ob der Kläger gegen Treu und Glauben verstoßen hat — was sicher zu verneinen ist und auch vom Berufungsgericht verneint worden ist —, sondern ob der Beklagten ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fällt, indem sie an die Barsortimenter das Lieferungs verbot erließ. Das hat sie getan, weil der Kläger, ohne die Schulden zu übernehmen, die Firma A. unverändert weiter führte und weil sie mit einer Firma, die ihr gegenüber unredlich ge handelt hatte und ihr noch Geld schuldete, sowie deren jetzigem Inhaber geschäftlich — auch mittelbar nichts zu tun haben wollte. Diesen Standpunkt bezeichnet das Berufungsgericht mit Recht als menschlich begreiflich und nicht unsittlich; es kommt hierbei gar nicht darauf an, ob der Kläger die Aktiven von dem früheren Firmeninhaber oder von dem Konkursverwalter erworben hat. Hiernach und da auch sonst ein Nechtsirrtum in den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht enthalten ist, mußte die Revision als unbegründet zurückgewiesen werden, so daß auf die von der Nevisions beklagten vertretene Auffassung: das an die Barsortimentcr unter Androhung der Sperre erlassene Licferungsverbot könne, gleichviel aus welchem Grunde es erlassen worden sei und welchem Zwecke es habe dienen sollen, schon deswegen nicht gegen die guten Sitten ver stoßen. weil niemand gezwungen werden könne, einen geschäftlichen Verkehr anzufangen oder fortzusetzen, nicht eingegangen zu werden braucht. Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsinstanz beruht auf 8 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil kann nur mit Befriedigung vom Buchhandel ausgenommen werden und zeigt vor allen Dingen, daß die Fest legung des Grundsatzes, wonach ein Lieserungszwang der Buchhändler untereinander nicht bestehe, eine wesentliche Klä rung der Rechtslage herbeigeführt hat, ohne die Befürchtung gewisser Kreise im Buchhandel zu bestätigen, daß mit der Ein fügung dieser Bestimmung dem Verleger ein bedenkliches Macht mittel in die Hand gegeben worden sei, den ihm nicht genehmen Sortimenter zu disziplinieren. Aus den Entscheidungsgründen geht hervor, daß eine Lieferung nur in den Fällen verweigert werden kann, wenn ein berechtigter Grund dazu für den Verleger vorhanden ist. So liegt also auch hier der Schwerpunkt nicht auf
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