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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.02.1935
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- 1935-02-09
- Erscheinungsdatum
- 09.02.1935
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- Deutsch
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34, 9. Februar 1935. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtscha Buchhanbel. Gelingt es nämlich nicht, eine genügend vorgebildete Persönlichkeit zu finden, so sollte man lieber von der Einrichtung einer Volks bücherei zunächst noch absehen. — Vor allen Dingen kommt es darauf an, nur geeignete Bücher in die Volksbücherei einzustellen. Bei der Anschaffung von Büchern für die Volksbücherei in den Gemeinden ist eine eingehende Beratung notwendig. Selbst der tüchtigste Bücherei leiter wird, da er doch in der Regel nur nebenamtlich als solcher tätig ist, nicht immer einwandfrei beurteilen können, welche Bücher in die Volksbücherei gehören. In den meisten preußischen Provinzen bestehen besondere Büchereiberarungsstellen. Im Rahmen einer ziel bewußten Volks- und Kulturpflege liegt auch die Arbeit zur Erneue rung unseres gesamten Volkes vom Buche aus. Es muß erreicht werden, daß jeder Volksgenosse das gute Buch gern und freudig zur Hand nimmt. Auch die kleinste Gemeinde muß mit allen Mitteln an der Erreichung dieses Zieles Mitarbeiten. Bücherunterricht Eine Glosse unter obiger Überschrift findet sich im Februarheft der »Literatur« in ihrer Rubrik »Zeitlupe«. Ähnliche Anregungen wurden schon früher gegeben. Sie sind aber heute ebenso notwendig wie damals. Wie steht es überhaupt mit der Pflege des Buches in der Schule? Es gibt, das wissen wir, ausgezeichnete Schulausgaben des klassischen und neuerdings auch des zeitgenössischen Schrifttums, und es gibt weiter eine große Zahl von Lehrern, die über die Pflicht des Lehr plans hinaus Dichtung und Buch in ihrem Unterricht eine Nolle spielen lassen. Wir denken aber im Augenblick an eine andere Seite der Frage und möchten zu erwägen geben, ob sie nicht eines Tages im Unterricht ganz regelrecht Berücksichtigung finden könnte. Ganz selten nämlich erfährt ein junger Mensch in der Schule etwas von den technischen Umständen des Bücherwesens, und großgeworden ver mehrt er dann die Schar jener sonst so hochgebildeten Menschen, die vom Zustandekommen des Buches und damit von den Lebensumstän den des zeitgenössischen Schrifttums keine oder höchst abenteuerliche Vorstellungen haben. Es klingt keck, aber wir glauben ernstlich, daß der verhängnisvollen Trennung zwischen Dichter und Volk sehr wesentlich beizukommen wäre, wenn in der Schule ganz naturalistisch, ja mit bewußter Nüchternheit von den Äußerlichkeiten der Buchher stellung sowohl als des Schriftstellerberufs Kunde gegeben würde. Es wird ja, in den humanistischen wie den realistischen Fächern, noch sehr viel Spezielleres im Unterricht geboten, und es könnte auf keinen Fall schaden, wenn durch genauere Kenntnis die Schriftstellerei technisch und sozial ebenso »volksfähig« würde, wie, sagen wir, ein Jngenieurberuf, und wenn sie dabei die falsche Aura des »Hohe- priesterlicheu«, ebenso aber das Odium des Nebenberuflichen, jedem Schreibkuudigeu Erreichbaren verlöre. So weit die soziale Aus wirkung. Aber auch vom universalen Erziehungs- und Kulturstand punkt aus wäre es keine schlechte Sache, wenn schon die Schule und nicht erst die Spezialistenlaufbahn den jungen Menschen Anleitung gäbe, wie und warum man Bücher anschafft, was eine Bücherei von einem blinden Haufen Bücher unterscheidet, weshalb Bücher um das Werbewort zu gebrauchen — zum täglichen Brot gehören und Freunde und Gefährten sind. Man vergesse doch nie, wo immer es möglich ist, solche Wahrheiten mit neuem Leben zu nähren! Volksdeutsche Dichter in den Schulen Von einer Auswirkung der Woche des deutschen Buches in Form von Tichtervorlesungen an den höheren Schulen Münchens berichtet Ferdinand Denk in den Münchner Neuesten Nachrichten vom 3V. Dezember 1934. Er war vom Bayerischen Unterrichtsministerium und vom Ncichsverband Deutscher Schriftsteller (Gail München und Oberbayern) mit der Durchführung dieser Vorlesungen betraut worden. Im Anschluß au die diesjährige Buchwoche lasen bis in die letzten Tage herein Volksdeutsche Dichter zum erstenmal au den höheren Schulen Münchens. Zunächst möchte man darin nichts Merkwürdiges sehen. Man hat schon öfter gehört, daß da und dort, vor allem in Norddeutschland, der eine oder andere Dichter vor Schulklassen vor gelesen hat. Aber noch niemals haben in ganz Deutschland so viele und bedeutende Dichter in so vielen Schulen innerhalb eines so kurzen Zeitraumes, wie auf eiu geheimes Stichwort hiu, aus ihrem Werk gesprochen. Diese Vorlesungen hatten eine ganz bestimmte, zukunftweisende Absicht. Der Dichter sollte mit der Schule in eine unmittelbare, dauernde Verbindung kommen. Es darf mit gutem Grunde darauf gerechnet werden, daß das Unterrichtsministerium die Dichterbesuche zu einer wertvollen Dauereinrichtuug für Bayern machen wird. Daß Dichter in die Schulen kommen, zeugt zunächst vom wachen Gegenwartsgeist des heutigen Unterrichts. Darüber hinaus künden die Besuche vou einer grundsätzlichen Wandlung, die die Schule in ihrem Verhältnis zur Gegenwartsdichtung durchgemacht hat. ... Seit eine gefestigte, deutschbewußte Weltanschauung und ein zukunfts starker Aufbauwille die Schule beseelt, ist die Volksdeutsche Gegen wartsdichtuug beim Deutschunterricht in den Vordergrund gerückt. ... Und wo die Volksdeutsche Dichtung mit Recht einen so entscheidenden Platz bei der Formung unserer Fugend erhalten hat, da sollte der Dichter selbst nicht auch leibhaftig mithelfen? Es ist kein Geheimnis, wenn man dies sagt: Durch den Dichter wirkt ein Sprachwerk immer am unmittelbarsten. Das Erlebnis der Dichtervorlcsung, das immer ein Ausnahmeereignis für die Schüler bleiben soll, begleitet den jungen Menschen über die Schule hinaus. Der Dichter kann bei der Jugend, dem kommenden Volke also, eine empfangende Gemeinschaft aufbauen, deren er zu seinen Schöpfungen bedarf, damit er nicht ein Chorführer ohne Chor bleibe. Der Soldat in der deutschen Dichtung In der Zeitschrift »Deutsche Wehr« (Gerhard Stalling, Olden burg) veröffentlicht unser Mitarbeiter vr. Fr. W. K önitzer eine Folge von Aufsätzen über das oben genannte Thema, die wir der Aufmerksamkeit des Buchhandels empfehlen. Den ersten Aufsatz: »Führer sein heißt: Vorleben!« leitet er wie folgt ein: Die Jahrzehnte, da die Dichtung mit ihrem Inhalt dem For schungstrieb der Literarhistoriker Vorbehalten schien, liegen noch nicht endgültig überwunden hinter uns. Noch immer spukt diese Auffas sung — gefährlich und falsch. Und daneben sind mir gewöhnt, die andere zu sehen: wer überhaupt urteilen und sich nicht nur mit einem Buch, einer Dichtung unterhalten darf, der fragt nach dem Wie? der Darstellung. Aber er wagt sich nicht heran an das Was?, denn dann vermöchte manches Werk nicht zu bestehen. Und schließlich — so sagt der liberale Kritiker — haben wir ja nicht den Dichter, der sich in feinem Werk selbst gibt, nur selbst zu kritisieren, sondern seine Leistung. Wir sehen heute anders: Wir wollen wachsen an einem Buch, lernen im tiefsten Sinne. Das bedeutet nicht, daß wir »Bildung« suchen, wie uns ein Lehrbuch mit Wissensstoff füllt. Wir wollen er fahren, nicht gedächtnismäßig besitzen, erleben, nicht unterrichtet werden. Wir wollen bewegt werden von den Kräften, die den Dichter bewegten zu und bei seiner Schöpfung. Und wir wissen, diese Kräfte, aus denen eine wahre Dichtung erwächst, gehören nicht dem Dichter selbst: sie sind Kräfte des Volkes, er aber ist ihr Mittler. Er fängt sic ein, er erhält sie lebendig für uns, nicht aus Lust am Dichten, nicht aus stilistischer Freude, sondern aus Verautivortung. Diese Verantwortung verlangt eine neue Einstellung von uns: Nicht das literarische Urteil ist von erster Wichtigkeit (wenn natürlich auch jede Dichtung weiterhin vor ihm bestehen muß!), sondern die Erkenntnis dessen, was uns wachsen läßt, was uns weiterbringt und uns Klarheit schafft. Damit haben wir einen neuen Maßstab gewon nen. Das Buch, das uns lediglich das Ich des Schreibers und seine subjektiven Spannungen und Gefühle vermittelt, ist für uns belang los. Jede wahre Dichtung dagegen muß uns im weitesten Sinne Geschichte sein, sei es auch die Geschichte eines einzelnen Menschen, wofern er nur als Glied mit lebendigen Beziehungen im großen Gefüge seines Volkes steht. Warum lehnen wir eine Reihe von Kriegsromanen ab? Weil sie ein kleines, einzelnes, belangloses Subjekt mit seinen Eigensinnig keiten und Eigenwilligkeiten schildern und die Sicht auf alles Ge schehen nur vou dem beschränkten Standpunkt dieses Einzelwesens herkommt. Dies ist — am Beispiel geklärt unsere neue Erkenntnis: Hebbel hat seine »Agnes Bernauer« nicht geschrieben, damit daraus für unsere Oberprimaner neue Aufsatzthemen über »Individuum und Gemeinschaft« gewonnen werden, sondern aus der Bewegung heraus, in die ihn der Konflikt in der Gestalt des Fürsten als Führer des Volkes und als Privatmensch versetzt hat. Damit sind Grund und Thema seiner Tragödie politisch. Und wenn wir alles, was das Volk überhaupt augcht, als politisch begreifen, so wissen wir, daß diese Dichtung aus uns selbst herausgewachsen und damit für uns alle da ist. Es kann kein Zweifel sein: Die Dichtung vom Soldaten und vom Soldatischen geht in erster Linie auch den Soldaten an, aus dessen Lebens- und Erlebnisbereich sie gewachsen ist, und nicht den zünftigen Literarhistoriker. 110
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