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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.07.1933
- Strukturtyp
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- 1933-07-10
- Erscheinungsdatum
- 10.07.1933
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- Deutsch
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3190 X- 137, 10. Juli 1933. Fertige Bücher. Börsenblatt f. b.Dtschn. Buchhandel. Wir sprechen heute von Karl Alm Schenzinger: Fünf Treppen hoch muß man in einem Hinterhaus des alten Westen« klettern, wenn man dem Dichter der Hitler-Jugend einen Besuch machen will. Einige hundert Meter von hier pulst der brausende Ver kehr der Polsdamer Straße, donnert über das Eisengerüst der Bülow- straße die Lochbahn in rhythmischen Stößen dem Gleisdreieck oder dem Rollendorfplatz zu. Es ist so recht die Atmosphäre für einen Schriftsteller, der in seinen Zeitromanen das Tempo der Hauptstadt, die Kämpfe ihrer Menschen, die Ströme ihrer politischen Bewegungen, einzufangen und verdichten versteht. Dennoch herrscht in der Künstlerbude unterm Dach wohltätige Ruhe, das ist der Vorteil des nicht sehr repräsentativen Hinter hauses. Kein Ton des Straßenlärms dringt bi« hierher, in die beiden ineinander übergehenden Räume, die wirklich wie die Werkstatt eines Schriftstellers aussehen. Den fehlenden Grunewald erseht eine riesengroße Fächerpalme, die in der Mitte de« Raumes auf einem Tischchen steht. Staunend kann der Besucher zunächst nur hervorstoßen: „Wie hat der Gärt ner das Ding bloß die engen Stiegen heraufgeschleppt?" Wir sind bei Karl Aloys Schenzinger, einem Schriftsteller, der schon durch seinen großen sozialen Roman „Man will uns kün digen", zeigte, daß auf dem Boden der gewaltigsten politischen Bewegung, die jemals die deutschen Menschen mitriß, auch die Künstler wachsen, deren Schaffen den Alltags nöten des Volkes gehört. Wenn Kunst jemals Waffe war, eindeutiges Be kenntnis, dann ist sie es bei Schenzinger. And der Erfolg gibt ihm recht. Ent scheidender als der materielle der ideelle, der in der Verehrung der Litler-Iugend für ihren Künder und in der Ver leihung ihrer Ehrenmitgliedschast an diesen zum Ausdruck kommt. Wir sitzen in der Plauderecke am Ofen, rauchen Zigaretten und werfen die Stummel in einen schweren, alt- chinesischen Messing-Teekessel, der mit Zigarettenresten fast gefüllt am Boden steht, und kaum jemals wieder seinem eigentlichen Besttmmungszweck zugeführt werden dürfte. Aus dem mensur narbigen Gesicht blicken treuherzige Schwabenaugen, hinter Brillengläsern, den Gast an. Man kennt sich zwar aus vergangenen literaturbefliffenen Zeiten, aber erst heute erfährt man etwas aus dem Leben des beschei denen Menschen Schenzinger, dem, interviewt zu werden, eigentlich furchtbar peinlich ist. Der heute Sechsundvierzigj-ihrige stammt aus Neuulm, wo sein Vater Zollbeamter war. Nach verschiedenen Versuchen, zu einem Beruf zu kommen, warf sich Schenzinger endgültig auf das Studium der Medizin, promovierte und machte I9IZ sein Staatsexamen. Als Arzt rückt et mit ins Feld, wird Sanitätsoffizier und versieht zuletzt Adjutantendienst bei einem Generalarzt auf dem westlichen Kriegs schauplatz. Auch die ersten Jahre nach dem Kriege ist Schenzinger als Versorgungsarzt in Hannover dienender Jünger Aeskulap«, doch in diese Zeit fallen die ersten Begegnungen mit der Muse-Literatur. Wie bei allen literarisch Interessierten Hannovers vollzieht sich dies über die Kästner-Gesellschaft, und wohl durch sie wird die Pre miere eine« dramatischen Versuchs Schenzinger« „Der Berggang" im ehemaligen Lostheater ermöglicht. Dann rebellierte das Blut des Dichters, die damalige Heimat wurde zu eng, er läßt die bürger liche Geborgenheit einer guteingerichteten Wohnung und die florierende Praxis im Stich, um in der Ferne das Abenteuer zu suchen. Man schrieb das Jahr 1923, in tollem Taumel kreisten die Wirbel der Inflation über Deutschland. Juchhe, nach Amerika! In New-Pork beginnt ein harte« Leben der Arbeit. Auswanderer sein ist kein Honiglecken, und die sagenhaften Zeiten des Aufstiegs vom Stiefelputzer zum Dollarmilliardär kehren Schenzinger« wegen nicht wieder. So wird der deutsche Doktor erst Lilfsarzt, um dann ein blßchen auf der sozialen Leiter herum,»klettern, bis er glücklich die Sprosse deS Heizers erwischt. Aber Heizer oder Arzt, gesotten wie ge braten, mehr als den Unterhalt für das nackte Leben kann man in beiden Berufen nicht verdienen. Dieses Land bietet, ohne lange nach Lehrzeugniffen zu fragen, auch noch andere Chancen, und vom Heizer zum Mann an der Filmkamera ist nur ein Sprung. So kurbelte Schenzinger das Objektiv him melwärts gerichtet, den ersten Zeppelin, der nach Amerika kam; das Herz lacht ihm dabei vor Freude ob dieses Boten aus der Leimat. And dann brennt plötzlich die Sehn sucht hoch nach Deutschland. Kurz ent schlossen fährt der Amerika-Gesättigte 1925 mit dem ersten besten Dampfer zurück in die Heimat, wo ihm das Hör rohr wieder wichtig wird. Bei wech selnder Praxis, als Arzt, der urlaubs hungrige Kollegen vertritt, verfaßt Schenzinger in den Stunden nach der täglichen Krankenversorgung seinen ersten Roman. Andere folgen, und der nun mehrige Romancier kann in das Lager der freien Schriftsteller hinüberwechseln. Was er alsAnterhaltungslektüre schreibt, und in einem illustrierten Blatt ab- drucken läßt, findet so sehr den Beifall des Verlags, daß seine Leiter den ge wandten Schilderer für ihre Blätter auf eine Weltreise schicken. Kanada, Britisch-Kolumbia, Südsee, Kalifornien, Arizona,Reu-Mexiko sind die hauptsächlichsten Stationen diese« Trips. Al« Schenzinger von der Weltreise in die Heimat zurückkehrt, findet er ein andere« Deutschland vor. Die kurze Periode der Konjunktur ist vorbei, die Wirtschaftskrise dehnt sich aus, und dem Heimkehrer aus sorglosen und sonnigen Gefilhen bietet sich das Deutschland de« schwärenden Elends, der wachsenden Erwerbslosig keit und politischen Zerklüftung. And jetzt erkennt Schenzinger au« der Verbundenheit mit seinem Volk, daß die Zetten vorbei sein müssen, in denen sein Schaffen nur der Anterhaltung diente. Es dient heute der großen Bewegung der nationalen Revolution, und in ihrem Geiste schafft Schenzinger seine Bücher. 6. Sck,. Doni'Nerlag GmbS. Nerlln SW «1 Karl Alovs Schenzinger schrieb ben Roman: ..Ein Deutscher wandert aus" IZ
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