Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.11.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1935-11-05
- Erscheinungsdatum
- 05.11.1935
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19351105
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193511056
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19351105
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1935
- Monat1935-11
- Tag1935-11-05
- Monat1935-11
- Jahr1935
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
X» 257, 5. November 1.935. Redaktioneller Teil Börsenblatt f. b. Dtschn Buchhandel. Perspektive, die den Ursprung der schöpferischen Bestände nicht in den Mächten des Hertommcns und in der Einhelligkeit der Sehn sucht und in des gemeinsamen Lebens Geschlossenheit sucht, son dern im Privaten, Individuellen oder Abstrakten. Für den Deut schen sind Volk und Menschheit jedoch untrennbar, von dem war men Boden der Bolkskraft wächst er in den unendlichen Raum. Darum dehnt auch seine Kunst, bei der höchsten nationalen An spannung unserer Tage, ihre Bezirke immer kühner auch auf die sogenannten »politischen Belange- aus, als auf seine brennenden Schicksalsfragen, und da er zu seinem Schicksal kein festes Ver hältnis finden kann als durch den Glauben, ist fein Drang nach dem Allgemeingültigen nur um so bohrender. Jedes deutsche Kunstwerl kann, es mag welcher Zeit immer entsprossen fein, nur als Gesamtentsaltung deutschen Wesens verstanden werden, die das jeweilige Heute unter das höchste Ziel stellt, ob wir an Dürers »Ritter, Tod und Teufel-, an Schillers Dramen oder an Hans Grimms »Volk ohne Raum- denken. Kein Zweifel, der Drang nach eigenem Schicksal, der jedes Volk kennzeichnet, muß in der Kunst unseres Volkes einem eigenen Lebensreichluui, einer eigenen Tatkraft und eigenem Verantwortungswillcn entspringen, und je sclbstwüchsiger er ist, um so weniger wird er vielleicht jenem anderer Völker gleichen und von diesen denkend kaum zu ver stehen sein, sondern er kann sie nur durch seine Stoßkraft über zeugen, durch die Bewegung, die in das Unendliche zurücksührl, ergreifen. Eine nationale Kunst von hohem Rang, die ohne jede Wirkung auf die anderen Völker bleibt und im Hinblick aus diese gleichsam, in einem luftleeren Raum blüht, kann es nämlich auch für den Deutschen nicht geben. Sie gliche einem Baum, der seine eigenen Früchte essen wollte. Einen solchen Baum können wir uns nicht vorstellen. Wohl aber einen, aus dessen mannigfacher Träch tigkeit zahlreiche Keime niederfallen, solche, die das eigene Ge schlecht sortpflanzcn, dann aber auch solche, die den Boden mit einer wärmenden und kräftigenden Schicht umhüllen, aus der auch die Nachbarbäume Kraft saugen. Durch die Kunst müssen die Bölkerbeziehungen gereinigt wer den ... Wir haben die feste Zuversicht, daß die Kulturlosigkeit, auslanddeutschen Siedlungsgruppen die geistige Nahrung zu ent ziehen, verschwinden und der Anerkennung des einfachsten Men schenrechts auf Muttersprache und Bäterbildung weichen wird, je mehr die Regierungen sich an das Gesicht des neuen Deutschland und den Gedanken gewöhnen, daß seinen entschlossenen Zügen für die nächsten Jahrhunderte die unverrückbare Idee des Nationalen und Sozialen den Ernst verleiht. Zur deutschen Kunst gehört auch jene, die die im Ausland lebenden Nationsgenofsen hervorgebracht haben. Wie der Dichter in einem erhöhten Raum schasst, der nicht mehr preußisch, bayerisch oder österreichisch ist, sondern deutsch schlechthin, und nicht von den Grenzen des Mutterlandes oder Binnendcutschlums abhängt, so äußert sich auch die Hcimbesinnung der Auslanddcutschen nach der geistigen oder ewigen Heimat im erhebenden, schaffenden Werk, das deutsch ist, wo immer es entsteht. Groß sind die Schatzkammern allerdings nicht, die er da öffnen kann. Mancher seiner bäuerlichen Siedlungen fehlen die Voraussetzungen einer Bildwerdung der höchsten Dinge, die geistige Tradition, bei andern ist der ununter brochene Daseinskampf besonders hart gewesen, sodaß das reine Handeln, der Griff der nackten Tat stets wichtiger war als die Formarbeit, andere wieder, die eine festumrissene Kulturgemein schaft darstellen, haben mehr geforscht als geschaut, mehr dargelegt und bewiesen als gedichtet und haben ein beachtliches historisches und volkskundliches Schrifttum hervorgebrocht, das ihre Wehr ge wesen ist, wenn ihre Rechte angegriffen wurden, ihre Burg, von der sie ihre Gemarkungen behüteten. Mancher der als Dichter ge boren wurde, hat als Historiker oder Jurist oder vielseitig be schäftigter Volksmann die Augen geschlossen, der nicht mehr hinter ließ als ein paar Reden oder ein Schriftwerk, das dem nüchternen Alltage diente und wo an einer Stelle, wo man es gar nicht ver mutet, die höhere Berufung durchbricht. Trotzdem find auch künst lerische Leistungen da und wenn der Reichsdeutsche von den Wer ken nichts weiß, die die Deutschen im Ausland mit ihrem Herz schlag ersehnt und erblutet haben, so ist das hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß er, der staatlich zu denken gewohnt war, erst heute zur volksmäßigen Anschauungswelt vordringt, da die Vor- S30 sehung alle seine politischen und kulturellen Anliegen in der Hand eines Führertums vereinigt, das selbst vom volklichen und nicht vom staatlichen Gedanken herkommt. Echtes Schöpsertum, das ist in einem eigenen Sinn gesunde Tatgemeinschast, läßt sich nach geographischen Begriffen nicht ein- schränken. Der auslanddeutsche Mensch hat Fabriken gebaut, Spi täler errichtet und exotische Krankheiten bekämpft, hat fremde Armeen organisiert, fremde Nationalhymnen vertont, das Rechts leben ganzer Völker entscheidend beeinslußt, manche verdanken ihm mehr als die Anfänge ihrer ganzen Stadtkultur. Es ist ein besonders schmerzliches Kapitel, daß viele seiner schassenden Söhne im fremden Volkstum aufgegangcn sind, darunter namhaste Künstler, die den deutschen Durchschnitt bei weitem überragen. Man könnte eine umfangreiche Liste dieser Männer an- legen, wahrscheinlich würde ein dickes Buch daraus, die deutsche Kulturarbeit unter sremden Völkern in allen Erdteilen, in allen Berufen geleistet und, die deutschen Namen ablegend, ins Vater haus nicht mehr zurückgesunden haben, und wenn man aus ihm den Kindern von der Mannigfaltigkeit und Kühnheit des kämpfen den Lebens vorläsc, müßte man sagen: »Seht Kinder, dies alles wäre noch viel schöner gewesen, wenn diese Männer den Sinn für ihre Herkunft »ich! verloren hätten, wenn sie deutsch dabei ge blieben wären, wie es ihnen die rechten Auslanddeutschen trotz Versuchung oder Verfolgung vorgelebt haben-. Der Untreuen brauchten wir uns wenigstens in einem Punkte nicht zu schämen: sie haben den andern Völkern nicht Geringes gegeben, sie haben für sie getan was sie tonnten, ihre Arbeit ist trotz allem deutsche Arbeit gewesen. Die auSlanddcutsche Dichtung, als Bestand der geistigen Ge- samlnation, steht heute noch an ihrem Anfang. Auch bei den Volks gruppen in der Fremde hat sich die Erkenntnis erst durchringsn müssen, daß Dichtung mehr ist als allein eine Zierde und ein Schmuck des Lebens. Diese Erkenntnis, die deutsche Gärung und weiträumige Heranreisung des schicksalsträchtigen Gemeinschafts- Willens, lösen neue Kräfte aus, die triebjicher schöpferischen Ge setzen zustrcben und sie, wenn nicht heute so morgen, vollstrecken werden. Der anschwellende Strom deutscher Geschichte schlägt zum ersten Male seit der Rcsormation fruchtbar überschwemmend an die letzten bodenwüchsigcn Gebundenheiten. Schon greift die Zu versicht nach einzelnen Halmen, es geht Kraft von ihr aus, die Garben binden will. Soll ein auslanddeutsches Schrifttum als tragender Pfeiler im Dom der deutschen Geistigkeit stehen, so muß mit dem Bau jetzt begonnen werden, wo der Jnbegriss der schöpfe rischen Kräfte, das voltliche Selbstbcwußtjein, durch das Schicksal wachgerüttclt ist. Eine Reihe von Büchern hat vom auslanddcut- schcn Schrifttum her im deutschen Buchhandel Eingang gesunden. Doch ist die Schriftstellcrgcneration, die sie schrieb, noch ini Wachs tum begriffen. Fürs eigene Haus wünscht sie sich vom Leser nichts anders als die Unvoreingenommenheil, die jeder Mann vor seiner Arbeit beanspruchen darf. Das Wohlwollen derer, die etwas vom Auslanddcutschtum wissen und, wie cs häusig geschieht, gutmeincnd schon den guten Willen loben, wünschen sie selbst nicht. Nur was durch und durch geprägt ist, kann und dars sich als An-recht des Ganzen behaupten. Der große Einklang, der das deutsche Schicksal heute klingend begleitet, wird immer lauter im deutschen Schrifttum tönen und unter seinenMängen werden die Dinge, die uns heilig sind, Leib werden. Den Erdkloß wird der lebendige Hauch von Gott und Volk, Heimat und Welt anblasen und in der großen Läuterung wird der Mensch erschaffen werden, der Deutschheit und Mensch heit zu ewigem Wert in sich vermählt. Von den andern Völkern horchend vernommen, werden unsere Großen den Rus und die Melodie weckend in die Räume der größeren Heimat tragen und unsere Kinder um sich sammeln, damit sie mitten im Leben der Ewigkeit nahe sind. Auch Dem Opfer Hilst Not überwinüen!
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder