Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.05.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1933-05-04
- Erscheinungsdatum
- 04.05.1933
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19330504
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193305042
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19330504
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1933
- Monat1933-05
- Tag1933-05-04
- Monat1933-05
- Jahr1933
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
102, 4, Mai 1933. Redaktioneller Teil. Bö-I-nria«, s. d.DNchn.Vu«z»nt-l. Die Belebung älterer Bücher. Oft und allerorten ist über den Neuigkeitentaumel des Bücher marktes geklagt ivorden. Ausführlich hat sich neuerdings vr. Rudolf Iardon in der »Literatur«, der Beilage zur Kölnischen Zei tung vom 2. April, im Rahmen eines größeren Aufsatzes »Das Buch auf dem Markt« geäußert. Das Buch, sagt er, sei Modeware ge worden, Romane vom April oder Mai seien fürs Weihnachtsgeschäft schon »unbrauchbar«, die Autoren würden zur raschen Produktion ge hetzt. »Ganz besonders betrübend ist es, daß die Generation, deren Schaffensschwerpunkt zwischen 1890 und 1914 lag, für den heutigen Menschen fast Völlig abgestorben ist. Lite rarhistorische Gesichtspunkte biegen mir hier völlig fern. Es wäre Unsinn, heute jemand bei der Suche -nach lebendigem Lesestoff auf den Papa Hamlet oder Sudermanns Ehre zu verweisen, wer! sie entwicklungsgeschichtlich von Bedeutung waren; das ist vorbei und Geschichte geworden. Es ist auch nichts dagegen zu sagen, daß die Zeit unter den Büchern dieser Autoren eine zunehmend scharfe Aus lese trifft, daß nur die besten über mehr als ein Jahrzehnt hinaus lebendig bleiben. Und endlich muß man damit rechnen, daß die Ju gend den Bruch zwischen den Generationen besonders scharf empfindet und sich von der Bekanntschaft mit der Leistung der ,Väter' zum Teil aus gutem Instinkt, zum Teil aus bewußtem Trotz fernhält. Aber nicht nur die Jugendlichen sind Bücherleser und -käufer, sondern auch die 40- bis 60jährigen. Und bei ihnen ist es das Natürliche, daß die starken Eindrücke der Jugend nachwirken und zu einer dauernden Verbundenheit mit den Dichtern und Werken führen. Das ist heute nicht mehr der Kall. Zwar gibt es eine solche Verbundenheit, wie man aus Gesprächen .immer wieder erfahren kann, unterirdisch, aber sie hat sich einschllchtern und von dem Neuigkeitentaumel überrumpeln lassen.« Und nun folgt eine Aufzählung all der Dichter und Werke, die halb oder ganz in Vergessenheit geraten sind. Die Tatsachen sind bekannt — wie aber kann man helfen? Curt Heymann macht in einer Zuschrift an die »Kölnische Zeitung« (9. April) zum oben zitierten Artikel den Vorschlag, die Tages zeitungen möchten in ihrer Literatur-Beilage jede Woche bas gesamte Werk eines älteren, aber guten Schriftstellers von ihren Kritikern besprechen lassen. Dazu benkbrkt die Redaktion der »Kölnischen Zeitung«, daß sie bereits eine Aufsatzreihe »Dichterdes natio - nalenBewußtseins« geplant habe. Diese Reihe werde Sonder würdigungen der Dichter bringen, die aus deutschem Grundgefühl ihr schöpferisches Werk gestaltet haben, durch den Geist und die Un gunst der Zeit aber in den Hintergrund gedrängt worden sind. Das ist gewiß ein begrüßenswertes Unternehmen; denn die nationale Bewegung kann sich nicht auf die heute »in ihrem Geist erst entstehenden Werke beschränken, sondern muß (wie dies von maßgebenden Stellen auch betont wird) das deutsche Geistesgut aller Zeiten und auch aus der jüngsten Vergangenheit fördern. Darüber wird man sich doch aber wohl klar sein, daß kritische Monographien in der »Literarischen Beilage« der Tageszeitungen noch keinen Dichter lebendig gemacht haben; denn diese Beilage wird ja in der Regel von denen gelesen, die ans dem Literaturmarkt mehr oder weniger zuhause sind. Wichtiger wäre schon ein Vordringen dieser ganzen Belebungsaktion in das Feuilleton, dessen Wirkungen wohl etwas weiter reichen. Zwei in dieser Richtung laufende Bemühungen sind uns bereits bekannt geworden (für weitere Hinweise auf ähnliches wäre die Re daktion dankbar). Das »Berliner Tageblat t« hat am »Tag des Buches« eine Artikelreihe »Werke und Wirkung« ange kündigt mit der ausgesprochenen Absicht, schöpferischen Menschen den Weg zum Erfolg zu bahnen. »Wir wollen, in fortlaufender Reihe, diese schöpferischen Menschen und ihr Werk und ihre, sei es noch nicht zum Durchbruch gekommenen, sei es wieder vergessenen Wirkungs- Möglichkeiten schildern, wir wollen, von Fall zu Fall, eine Literatur geschichte jener Lebenden schreiben, denen weder der Tag des Buches noch das Interesse einer allzu kleinen Gemeinde bisher hat helfen und das Schicksal hat ersparen können, ohne Wirkung zu bleiben oder ihre einmal errungene Wirkung zu verlieren.« Nicht um Eintags fliegen soll es sich dabei handeln, sondern um volkstümliche Dichter, Künstler, Musiker und Denker von Rang. Fünf Würdigungen solcher Art liegen bereits vor, und da vielleicht doch der eine oder andere Buchhändler eine Verwendungsmöglichkeit hat, sei die Nummer der Zeitung hier mitgenannt: Wilhelm Schmiötbonn (146), Hugo Wolfgang Philipp (158), Franz Dülberg (170), F. A. Schmid Noerr (180) und Alma M. Karlin (192). In anderer Form hat die »Neue Leipziger Zeitung« eine solche »Belebung« älterer Werke begonnen. Hier erscheinen seit einigen Wochen unter dem Sammeltitel: »Die Halbvergessenen« im Feuilleton kurze Textproben mit einem erläuternden und empfehlen den Hinweis. Bisher erschienen Proben folgender Autoren: Wilhelm Schäfer, Wilhelm Schmidtbonn, Ricarda Huch, Gorch Fock. Mancher wird vielleicht der Meinung sein, daß doch weder Schäfer noch Ricarda Huch als »Halbvergessene« zu bezeichnen wären, und daß Gorch Fock gewiß im Maße seines nicht sehr umfangreichen Gesamt wertes Erfolg habe. Aber gerade daß weiteste Kreise diese dem Lite raturfreund so vertrauten Gestalten nicht mehr kennen, ist ja das be denkliche Symptom. Die beiden Beispiele wurden gewählt, weil es sich hier um die Neubelebung Vergessener handelt. Wenn andere Zeitungen (wie zum Beispiel die »Leipziger Neuesten Nachrichten«) jetzt die in besonderem Sinne nationalen Dichter ihren Lesern vorstellen, so ist das ein anderes Unternehmen, bei dem aber auch natürlich so mancher zu Unrecht vergessener Dichter (etwa Paul Ernst) einer größeren Leserschaft neu oder wieder vorgestellt wird. Die »Verwendungsmöglichkeit« für den Buchhändler, von der oben die Rede war, dürfte nun darin bestehen, daß er sich da, wo er Einfluß auf die Presse hat, für solche Artikel und Textabdrucke ein setzt, daß er aber im Zusammenhang damit auch selbst solche älteren Bücher und heute noch lebendigen Werke zu Unrecht vergessener Dichter empfiehlt, Sonderfenster veranstaltet und auf seine Weise dazu beiträgt, daß der Name des» betreffenden Autors in aller Mund kommt. Denn mehr als jede Kritik im Literaturblatt wirkt erfah rungsgemäß die Empfehlung von Mund zu Mund, die freilich auf die literarische Kritik oft genug zurückgehen mag. Uber die Möglichkeiten der Belebung älterer Bücher wird man sich bei alledem keinen falschen Erwartungen hingeben. Aber jeder Versuch wird die Sache doch mehr fördern als die bloße Klage über das unbewegliche Lager. F. Ml. Zum Dildungsproblem der erwerbslosen Buchhändler. Gedanken aus einer Gemeinschaft. Seit Spätsommer 1931 kommen in Breslau die interessierten erwerbslosen Buchhändler einmal in der Woche am Freitag nach mittag zusammen. Der verdi-enstivolle Leiter der Schlesischen Gesell schaft für buchhändlerische Fachbildung, Herr Verlagsbuchhändler Max Bernau (I. U. Kern) hat sie zusammengerufen und hat — nach einigen Zusammenkünften in einem Schulzimmer — auch sein Verlagskontor für die Freitag-Nachmittage zur Verfügung gestellt. Anfangs hielten wir für richtig, ganz zwanglos zu Spiel (Schach usw.) und Unterhaltung, zu gegenseitiger Anregung zusammenzukommen. Bald aber merkten wir, daß der schreckliche Zeitüberfluß uns außer halb des Kreises unserer Fachgenossen zu Spiel und zwangloser Unterhaltung bereits so viel Gelegenheit gibt, daß derart gestaltete Zusammenkünfte nicht mehr die genügonide Anziehungskraft besitzen konnten. So gingen wir zu einem festen Programm über: Immer bildete ein Vortrag eines erwerbslosen Kollegen die Grundlage. Es ist hier nicht der Ort, schematisch die Themen der mehr als 60 bisher ge haltenen Vorträge zu verzeichnen. Das Innere einer Gemeinschaftsarbeit von Erwerbslosen soll aufgezeigt werden: Wir haben uns mit den Vorträgen termin gebundene Arbeitsausgaben gestellt. Außer dem traurigen Gang zur Stempelstelle hat der Erwerbslose keinen äußeren Terminzwang. Jeder Zeitsinn kann dabei verlorengehen, jede innere Haltung und Konzentration. »Arbeitslose haben nie Zeit« ist eine Klage aller Beamten der Stempelstellen, aller Angehörigen von 'Erwerbslosen. Der demoralisierenden Wirkung einer pflichtlosen Lage sich voll entziehen zu können, ist schwer. Es bedarf dazu einer starken Wil lensbildung. Dieser Wille braucht Ansatzpunkte, die wir uns mit der Vertrags-Verpflichtung als termingebundene Arbeitsaufgabe ge geben haben. Der Vortrag selbst dauert meist über eine Stunde, seine Vor bereitung beschäftigt selbstverständlich ganz wesentlich länger. Worüber wird nun gesprochen? Wir haben erkannt, daß die Erwerbslosigkeit nicht nur ein Problem des Erwerbsausfalls ist, sondern vor allem auch ein Problem der inneren Lebenshaltung und Lebensgestaltung. Der Wille zur Persönlichkeit ist in Krisenzeiten notwendiger als je. Darum haben wir die Persönlichkeit eines jeden Einzelnen aus unserm Kreise zur Grundlage unserer Themenwahl gemacht. Jeder hat zunächst einmal über sein bisheriges Leben gesprochen. Man mag auf den ersten Blick erschrecken. Erinnerung und rückschauendes Be trachten ist Alterserschei-nung. Als solche gilt sie dem Verfasser durchaus nicht als Negativum. Wenn aber ein Kreis von jungen Men schen zwischen achtzehn und »dreißig seine Mitglieder über ihr bis heriges Leben sprechen läßt, besteht selbstverständlich die Gefahr einer inneren Vergreisung. Menschen in diesen Lebensjahren haben 329
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder