VMMME-mVklltsckmVlMDM Nr. 1ÜÜ (R. 50). Leipzig, Dienstag den 9. Mai 1833. 1ÜÜ. Jahrgang. ReÄMLomller TA Vekanntniachung Zu den zahlreichen uns aus allen Teilen des Reiches zngehendcn Meldungen über bereits er folgte oder in Aussicht gestellte Beschlagnahme von Büchern in den Tortimentsbuchhandlungcn teilen wir folgendes mit: Wir haben Verhandlungen mit den zentralen Regierungsstellen ausgenommen, um eine ein heitliche Regelung für die jetzt vom Vertrieb anszuschaltcnden Werke herbeizuführcn. Bis zu dieser Regelung ist allen Londermatznahmen gegenüber auf diese Verhandlungen zu verweisen. Gegenüber unzulässigen Eingriffen ist der Schutz der örtlichen zuständigen Verwaltungs stellen anzurufen. Es darf als selbstverständlich vorausgesetzt werden, dag unsere Mitglieder solche Werke, die als in nationaler oder kultureller Hinsicht zersetzend anzusehcn sind, bereits aus dem Vertrieb gezogen haben. Leipzig, den 8. Mai 1933. Dev Gesamtvoestand des VSvsenvevelns dev Deutschen NuchhSudlev zu Leipzig vr. Oldenbourg Erster Vorsteher. Das Wesen des Literarischen Ausdrucks. Von Or. Friedrich Oldenbourg. Vor einigen Wochen erhielt ich eine merkwürdige Postkarte: Sie kam aus Leipzig, der Absender war aber nicht erkennbar. Sie war nicht unmittelbar beschrieben, sondern es war ein Zettel ausgeklebt, auf dem mir die Frage vorgelegt wurde, was eigent lich das Wesen des literarischen Ausdrucks sei; die Beantwortung dieser Frage erscheine heute Hauptsache. Wenngleich mir solche Wertordnung in diesen bewegten Zeiten etwas übertrieben erschien, so weckte sie in mir doch wieder den Drang, an einer Arbeit weiterzuformen, die ohne Abschluß schon reichlich ein Jahr in meinem Schreibtisch ruhte. Darüber hinaus aber machte sie mich hellhörig gegenüber manchen Äuße rungen, die heute aus berufenem und unberufenem Munde über die Zukunft unseres Schrifttums, unserer Dichtung und unser Geistesleben überhaupt recht laut ertönen und die nach meiner Meinung sicher gut gemeint, aber doch recht wenig unterbaut er scheinen. Die deutsche Erhebung der letzten Wochen darf aber nicht als regellose Flut die deutschen Lande überströmen. Gewiß ist es herrlich, daß die Sonne heißer Liebe für alles Deutsche Schnee und Eis einer erstarrten Geistigkeit auftaut und daß nun Bach, Fluß und Strom die Wasser nicht zu fassen vermögen, die nun von den Bergen Herabstürzen. Auch wollen wir nicht darüber klagen, daß diese Wasser auch Geröll und Schutt, Treibholz und Eis schollen ins frühjahrliche Land tragen, oder daß da und dort schon die User überflutet wurden und manches wohlbestellte Acker- und Gartenland verwüstet wurde. Die dort angobauten Früchte sind nur zu oft von zweifelhafter Bekömmlichkeit gewesen. Aber falsch wäre es, nun einfach alles in Bausch und Bogen zu verwerfen, was bisher deutscher Fleiß erdachte und erschuf, und je eher an Stelle der regellosen Überflutung die planvolle Bewässerung tritt, um so segensvoller wird der Erfolg unserer Erhebung sein. Solche Gedankengänge drückten mir die Feder in diesen Ostertagen in die Hand. Einige Zufälle waren außer dem oben er- -wähnten aber nicht ohne Einfluß: Zunächst der Eindruck, den das Werk von Schmidt-Rohr »Die Sprache als Bildnerin der Völker« (Diederichs, Jena) bei mir hinterließ; dann die Vor bereitung zu einem Vortrag, den ich in der Münchner Ortsgruppe des Deutschen Sprachvereins über »Sprache und Schrift vom Standpunkt des Buchhändlers aus« vor kurzem hielt; und drit tens die Bewegung im Buchhandel, die zweifellos eine Gefahr in sich birgt trotz allen deutschen Schwunges, die Gefahr einer »klein deutschen« Lösung, die gerade für unseren Stand einen Rückschritt bedeuten würde, der uns den Vorwurf ganzer Geschlechter ein tragen kann. Jeder Buchhändler sollte von Zeit zu Zeit jene Schrift von Friedrich Perthes zur Hand nehmen, in der er, ohne sich als Ver fasser zu nennen, mit Weitblick dem deutschen Buchhandel den Weg wies. »Der deutsche Buchhandel als Bedingung des Daseins einer deutschen Literatur» wird ja leider nicht einmal von uns Buchhändlern so ganz als die Macht erkannt, die berufen ist, geistigen Schwung und von Herzen kommende Begeisterung Mit der rauhen Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Jene für uns Buchhändler klassische — darf man solche Be zeichnung heute noch wagen? —> Schrift wurde von der Friedrich Andreas Perthes A.-G. 1924 neu aufgelegt und dieser Druck trägt das Verlagszeichen des Vorkämpfers des deutschen Buchhandels: 337