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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.05.1933
- Strukturtyp
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- 1933-05-09
- Erscheinungsdatum
- 09.05.1933
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- Deutsch
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X« 106, 9. Mai 1933, Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhanbel. dem anderen Hamann-Wort: »In Bildern besteht der ganze Schatz menschlicher Erkenntnis und Glückseligkeit.« Ehe man vom literarischen Ausdruck redet, muß vom Aus druck selbst gesprochen werden. Um was handelt es sich aber beim Ausdruck? Zweifellos um das Endergebnis eines Vorganges, bei dem zwei Seiten deut lich sind: Einmal die Person, die teils leidend, teils tätig, und zweitens das, was letzten Endes als Inhalt, als Bedeutung des Ausdrucks erscheint. Ich sage letzten Endes und deute damit schon an, daß in dem Vorgang, der dem Ausdruck vorangeht, eben dieser Inhalt Wandlungen durchmacht. Worin bestehen diese Wandlungen? Geht man vom End ergebnis, dem Ausdruck, aus zurück, so erkennt man eine Reihe von Kräften, die den Ausdruck bestimmen: Zunächst leuchtet ein, daß das So-sein des Ausdrucks an seiner Form liegt. Dann aber erkennt man, daß diese Form nicht nur von allgemein gegebenen Voraussetzungen bestimmt wird, sondern auch von dem Gestaltungswillen der den Ausdruck ge staltenden Person. Ehe dieser aber in Tätigkeit kam, muß die gestaltende Person leidend etwas in sich ausgenommen haben, sie muß also etwas erlebt haben. Dieses Erleben beruht aber darin, daß etwas in das Bewußtsein der Person getreten ist, daß sozusagen der Schwimmer im Strom der Zeit kurz anhält, um so eben das Strömen erst zu fühlen. Ich wähle absichtlich dieses Bild, das, wie alle Bilder, nicht ganz der Wirklichkeit entsprechen mag, das aber unzweideutig aufzeigt, daß jedes Erlebnis eine Unterbrechung im zeitlichen Ge schehen ist. Gerade dieser Vorgang muß kurz erläutert werden: Versteht man unter «Wirklichkeit« eben das Lebendige und nicht tote Tat- s a ch e n, so gehört zweifellos jeder Mensch als Teil dieser Ge samtwirklichkeit an. Er gleitet also sozusagen im Strom des Ge schehens mit. Gelingt es ihm, mit den Füßen Grund zu fassen, so wird dieses Gleiten unterbrochen, gerade dadurch aber entsteht für ihn das Gefühl für die Stärke des Stroms. Nicht anders aber ist es, wenn er mit dem Auge einen Punkt des Ufers erfaßt. So weit ist das Bild wohl ohne weiteres verständlich; denn der lebendige Mensch kann sozusagen durch Rückbesinnung den Strom der Wirklichkeit unterbrechen und so — obwohl er im Strom selbst mitgleitet — Wirklichkeit erleben. Während aber der Schwimmer an Land gehen kann und von dort, am festen Punkt verharrend, die Strömung des Flusses verfolgen kann, etwa durch Verfolgen eines auf ihm schwimmenden Holzes, kann dies der Mensch mit dem Strom der Wirklichkeit nicht, er wird unweiger lich von dieser Wirklichkeit weitergetragen, ein Ansufergehen gibt es nicht, denn er ist Teil der Wirklichkeit und das einzige, was ihm möglich ist, bleibt eben jene den Zeitbegriff kurz ausschal tende Rückbesinnung, durch die eben das Erlebnis der Wirklichkeit entsteht. Nun sei gestattet, ein anderes Bild einzusühren, ein Bild, das der Technik entnommen ist: Stellen wir uns weiter die Wirk lichkeit als strömendes Element vor, denken wir uns aber die Vorgänge, die letztlich zum Ausdruck führen, als Filter, die in diese Strömung eingebaut sind, so ergibt sich ein Bild des Ge schehens folgender Art ts- Bild I): Zur Erklärung sei kurz angefügt, daß durch die Pfeile deut lich gemacht sein soll, wie einmal die »Strömung« von oben nach unten abläuft, wie sie aber durch die Filter unterbrochen wird, weshalb deren Wirkung als gegen die Strömung wirkende Kraft mit den nach oben zeigenden Pfeilen gekennzeichnet ist. So erscheint der ganze Ablauf von der Wirklichkeit aus der sie erlebenden Persönlichkeit bis zum Ausdruck als ständiger Kampf gegen die Zeit, als Ringen um die Voll - end - ung, als Aufbäumung gegen das Getriebensein, als Sehnsucht, der dahin gleitenden Wirklichkeit wenigstens ein Stück zu entreißen und es sestzuhalten. Wozu sestzuhalten? Hier beginnt die Fortsetzung des Bildes: Der Ausdruck kann wohl gedacht werben als Endpunkt, aber doch nur dann, wenn die ausdrückende Person nur sich selbst ein Er lebnis ausdrücken wollte. Daß dies aber sinnlos ist, muß hier doch wohl nicht erörtert werden, denn der Einzelmensch, der die Zrtck / Wirklichkeit Erlebende Persönlichkeit t l. Filter Bewußtsein der erlebenden Persönlichkeit Rückbesinnung, darum zcitaushebend Geistiges Erlebnis II. Filler Gestaltungswille der Persönlichkeit Wille zur Verewigung des Erlebnisses, zettaushebend Geistige Gestaltung III. Filler Mittel zur Formgestaltung darum auch zeitaufhebend Ausdruck Selbstsucht so weit treibt, daß er das »Du» nur noch in sich selbst erlebt, ist widerlich und keiner Beachtung wert. In dem Augenblick aber, wo der Ausdruck die Zweckrichtung nach einem »Du« hat, beginnt der Vorgang von neuem: der Aus druck kommt als Teil der Wirklichkeit der erlebenden Persönlich keit --- freilich diesmal nicht der »Jch»-Persönlichkeit, sondern der »Du«-Persönlichkeit — zum Bewußtsein. U. s. s. Ein Kreislauf von Ewigkeit zu Ewigkeit wird dadurch sichtbar, der letzten Endes nur im Gotterleben seinen letzten Ausgleich finden kann. Dies aber sei nur schüchtern hier angedeutet für die, denen alles Philosophieren erst dann sinnvoll wird, wenn eben jener »Schluß« im Unendlichen erreicht wird. Der Ausdruck als solcher hat aber keine Beziehung zu ande ren Menschen, wenn er nicht dem Gestaltungs w i l l e n ent springt. Darum habe ich in dem oben gegebenen Filterbild als zweiten Filter eben jenen Willen eingefügt. Ein Erlebnis kann nämlich sehr wohl beim Menschen ganz »unwillkürlichen» Aus druck Hervorrufen. Etwa beim Schreck einen Schrei oder eine Ge bärde des Entsetzens. Solcher Ausdruck hat aber keine Bedeutung im Rahmen einer Betrachtung, deren Endpunkt eine Klärung des literarischen Ausdrucks bilden soll. Dies dürfte ohne weiteres einleuchten. Aller willensmäßiger Ausdruck aber sucht »Eindruck« zu machen, wendet sich also an ein »Du«. Worin besteht nun solche Wendung? Sie besteht darin, daß der Mensch eine Form sucht, durch die er einem anderen seine Gedanken ausdrücken kann. Nun gibt es — zunächst von der Sprache ganz abgesehen — eine Menge solcher Formen, z. B. die Gebärde oder etwa eine Hand lung wie sie gegeben ist, wenn ich einem Kind einen Klaps gebe; oder in einem zweckgerichteten Gegenstand, z. B. einer Bank, die an landschaftlich schöner Stelle zum Sitzen einlädt. Ich verzichte aber darauf, all solche Ausdrucksformen in meine Betrachtung einzubeziehen. Ich beschränke mich vielmehr auf jene, die künstlerische Ausdrucksformen sind, weil an ihnen ohne 33g
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