Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.06.1930
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- 1930-06-10
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- 10.06.1930
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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131, lü. Juni 1S30. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f.d.Dtschn.Buchhanbel. Eine Million Remarque. Der Propyläen-Verlag, Berlin, zeigt die Auslieferung des mil lionsten Exemplars des Kriegsbuches »Im Westen nichts Neues« von Erich Maria Remarque an, knapp 16 Monate nach dem Erscheinen des Buches am 31. Januar 1929. Wie dieser in Ler Weltgeschichte des Buchhandels einzigartige Erfolg eines erzählenden deutschen Buches zustande kam, soll im folgenden kurz skizziert werden. Das Werk erschien zuerst als Vorabdruck vom 10. November bis 6. Dezember 1929 in der »Vossischen Zeitung«. Nur zögernd war das Blatt an das Risiko herangegangen, einen so realistischen Kriegsroman in seinem Unterhaltungsteil zu veröffentlichen, zu deutlich hatte jeder die tausendmal gehörte Phrase im Bewußtsein: »Vom Krieg wollen wir nichts mehr hören!« Aber schon nach öen ersten Fortsetzungen wurde die Redaktion der »Vossischen Zeitung« mit einer bisher nicht erlebten Menge begeisterter Zuschriften überschüttet, und sofort wur den auch die Stimmen laut, die eine Buchausgabe des Werkes ver langten. Zahlreiche Provinzblätter ersuchten um Nachdruckserlaubnis, die aber nicht erteilt werden konnte. Dagegen wurde der kostenlose Abdruck eines beliebigen Kapitels gestattet. Der Verlag verzichtete daraus, die Buchausgabe kurz vor dem Weihnachtsfest noch herauszubringen, und setzte als Erscheinungs termin den 31. Januar 1929 und eine Erstauflage von 30 000 Exem plaren fest. Diese an sich schon hohe Ziffer wurde notwendig auf Grund der vielen Vorbestellungen, die ausschließlich auf die Wirkung des Vorabdrucks, auf einige Zeitungsnotizen und Veröffentlichung einiger Urteile aus dem Leserkreis der »Vossischen Zeitung« ein liefen. Das Erstaunliche geschah: die Erstauflage war schon am Erscheinungstag des Buches vergriffen, bereits fünf Tage vorher, am 26. Januar, mußte ein neuer Druckauftrag auf weitere 20 000 Exemplare erteilt werden. Inzwischen waren an das Sortiment Leseproben verschickt und ein Leseexemplar mit 50 Prozent angeboten worden. In erster Linie durch die Tatsache, daß so jeder Sortiments buchhändler Gelegenheit erhielt, das Werk selbst kennen zu lernen, ist das enorme Anschwellen der Bestellungen in den folgenden Tagen zu erklären. Aus allen Gegenden des Reiches kamen Zuschriften von Sortimentern, die sich persönlich für dieses Buch einsetzen wollten; überall wurden Sonderfenster eingerichtet. Das 50. Tausend war am 6. Februar, das 75. Tausend bereits am 10. Februar vergriffen! Der sichere Instinkt des deutschen Sortimentsbuchhandels, der aus diesen Zahlen spricht, sollte nicht enttäuscht werden. Die »ruhigen« Monate Januar und Februar wurden zu einem glänzenden Geschäft. Ungefähr am 15. Februar war das hunderttausendste Exemplar verkauft. Lawinengleich wuchs der tägliche Bestelleingang beim Ver lag und betrug z. B. im April etwa 6000 bis 7000 Exemplare täglich. Stark beteiligt ist hieran auch der Neisebuchhandel, der gewöhnlich für solche Einzelobjekte nur wenig Interesse zeigt. Verschiedene Rei sende berichteten, wie sie oft von den gesamten Angestellten einer besuchten Firma auf Sammellisten Kaufaufträge erhielten. Der Verlag hatte es kaum mehr nötig, außer regelmäßigen Veröffent lichungen der Höhe der Auslage im Buchhändler-Börsenblatt irgend welche Propaganda zu machen. Der Spieß hatte sich von Anfang an umgedreht: nicht der Verlag hatte nachzuhelfen, sondern er wurde ständig gedrängt und geriet durch die enormen Anforderungen, die bas Sortiment an ihn stellte, zeitweise in die größten Lieferungs schwierigkeiten. Trotz Anspannung aller verfügbaren Kräfte konnte lange Zeit nur mit einiger Verzögerung geliefert werden. Am 12. April z. B. war der Verlag mit Lieferung von rund 70 000 Exem plaren im Rückstand. Es waren fest verkauft: das 200 000. Exemplar am 9. März das 300 000. Exemplar am 28. März das 400 000. Exemplar am 23. April das 450 000. Exemplar am 30. April das 500 000. Exemplar am 7. Mai das 650 000. Exemplar am 28. Juni das 750 000. Exemplar am 3. August. Noch heute beträgt der monatliche Durchschnittsabsatz des Buches Mehr als 5000 Exemplare. Besonders stark ist auch der Verkauf der deutschen Ausgabe nach Holland, Schweden und den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. Das erste Tausend der zweiten Million wurde in Blindenschrift für die deutschen Kriegsblinden hergestellt. Die Herstellungs-Abteilung des Verlages mit ihren Druckereien und Buchbindereien und der Vertriebsapparat hatten eine bisher nicht dagewesene Belastungsprobe zu ertragen. Zwei Drittel der ge samten Auslage wurden im eigenen Betrieb des Verlages Ullstein gedruckt, jedoch mußten im ersten Halbjahr außerdem fünf fremde Druckereien zum Druck von zirka 400 000 Exemplaren herangezogen werden. Allein im April mußten 240 000 Exemplare gedruckt wer den, um mit den einlaufenden Bestellungen einigermaßen Schritt 540 halten zu können. Der weitaus größte Teil der Auflage wurde vom Monotype-Satz gedruckt, der so oft als notwendig ausgegossen wurde und mehrere Male neu hergestellt werden mußte. Auf Ro tationsdruck wurde aus Qualitätsgrllnden verzichtet. Das Papier der Million Exemplare wiegt zirka 400 000 Kilo, was dem Fassungs vermögen von zwei normalen Güterzllgen entspricht. Es wurde fast ausschließlich von einer Fabrik mit Lastkraftwagen nach Berlin und Leipzig geliefert, öfters mußte das vom Wagen abgeladene Quantum sogleich an die Schnellpresse geliefert werden. Mit der Anfertigung des Einbandes und der Broschur wurden zeitweise neun Buchbindereien in Leipzig, Berlin, Wien und Prag beschäftigt. Von der Auflage von 1 Million sind etwa 700 000 Bücher gebunden, etwa 300 000 broschiert worden. Mehrere Webereien waren anfangs mit höchster Anspannung an der Herstellung des grauen Leinen für das deutsche Kriegsbuch beschäftigt. Verglichen mit diesen Riesensummen waren die Propaganda- Maßnahmen des Verlages für das Buch außerordentlich gering und beschränkten sich in der Hauptsache auf Inserate, Schaufenster- und Händler-Plakate und einige Prospekte, besonders kurz nach Erscheinen des Buches. Das Interesse für dieses Buch brauchte vom Verlag nicht künstlich geweckt oder geschürt zu werden. Die Resonanz in der gesamten Öffentlichkeit war gewaltig. Ganz gegen den Willen des Verfassers und ohne sein Zutun geriet das Buch bald in den politi schen Meinungsstreit, bis in die Parlamente hinauf wurde leiden schaftlich pro und contra Stellung genommen. In unzähligen Kri tiken, betrachtenden Darstellungen, Kampf- und Leitartikeln hat die gesamte deutsche Presse monatelang über dieses Buch geschrieben und so immer wieder die Öffentlichkeit darauf aufmerksam gemacht. Interessant war es, zu beobachten, wie zahlreiche Blätter zuerst in ausführlichen literarischen Kritiken begeistert für das Buch ein traten, dann aber, je mehr die Debatte über das Buch in das po litische Fahrwasser geriet, gegen das Werk Stellung nahmen. Die wichtigsten Stimmen für und gegen das Buch stellte der Propyläen- Verlag in einem Prospekt »Der Kampf um Remarque« zusammen, während der Autor selbst sich jeder persönlichen Stellungnahme ent hielt und sein Buch für sich selbst sprechen lassen wollte. Folgende, zum Teil recht umfangreiche Schriften erschienen in anderen Ver lagen über das Buch und seinen Verfasser, ohne indessen den Er folg des Buches aufhalten zu können: Wilhelm Müller Scheid, Im Westen nichts Neues — eine Täuschung (Studie). Idstein im Taunus. 54 Seiten. Peter Kropp, Endlich Klarheit über Remarque und sein Buch »Im Westen nichts Neues«. Hamm, Wests. 24 Seiten. vr. Hermann Heisler, Krieg oder Frieden. Stuttgart. 481 Seiten. Emanuel bin Gorion, Oeterum reeenseo (Kritische Aufsätze und Reden). Tübingen. (»Um Remarque«. 3 Seiten von 145 Seiten.) Mynona (Friedlänber), Hat Erich Maria Remarque wirklich ge lebt? Berlin. 260 Seiten. vr. Gottfried Nickl, Im Westen nichts Neues und sein wahrer Sinn. (Eine Betrachtung über den Pazifismus und Antwort an Remarque.) Graz. 30 Seiten. Emil Marius Requark, Vor Troja nichts Neues. Berlin. 120 Seiten. In englischer Sprache erschien eine für die Charakteristik des Werkes und seine Entstehungsgeschichte aufschlußreiche Broschüre: Briefwechsel zwischen Erich Maria Remarque und General Sir Jan Hamilton. Verlag G. P. Putnam's Sons, Ltd., London. 13 Seiten. Außergewöhnlich wie der deutsche Erfolg war auch der im Ausland. Nach 27 Ländern wurden die fremdsprachlichen Rechte an »Im Westen nichts Neues« vergeben, hiervon sind 23 fremde Aus gaben bereits erschienen. Die englische Ausgabe erschien bei G. P. Putnam's Sons, London, am 15. April 1929, die nordamerikanische bei Little, Brown L Co., New Dort, am 1. Juni 1920, am selben Tage die französische in der Librairie Stock, Paris. Der ameri kanische Look ok tdo klontd Club, eine der zahlreichen amerikanischen Büchergemeinschaften, erwarb allein von Little, Brown L Co. 68 000 Exemplare. Die Auflagen in den fremden Ländern betragen nach den letzten Meldungen: Englische Ausgabe 310 000 Französische Ausgabe 440 000 Schwedische Ausgabe 67 000 Dänisch-Norwegische Ausgabe 70 000 Holländische Ausgabe 70 000 Ungarische Ausgabe 21500 Tschechische Ausgabe 81500 Polnische Ausgabe 20 000 Rumänische Ausgabe 6 000 Griechische Ausgabe 3 000
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