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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.03.1933
- Strukturtyp
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- 1933-03-22
- Erscheinungsdatum
- 22.03.1933
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X- 68/69, 22. März 1933. Redaktioneller Teil Börsenblatt s. b. Dtschn Buchhandel. Damit münden die Betrachtungen wieder in jene ein, die den Ausgang bildeten. Es wird dann eingehender nachgewiesen, daß es zwei verschiedene Stufenleitern menschlicher Beziehungen gibt, die nebeneinander Geltung haben müssen, wenn wir einer seits als Volk, andererseits aber auch als Staat zu wirklichem Leben kommen wollen. »Auf der einen Seite besteht jene Reihe von menschlichen Beziehungen, die ganz abgestellt ist auf das natürliche Dasein. Von der Ehe über die Familie, die Sippe, den Stamm führt diese Reihe zum Volk. Die tragende Kraft dieser Reihe ist die Frau, die Mutter. Aus der anderen Seite aber ist das Bereich des männlichen Geistes, der über die männerbünd- lichen Zusammenschlüsse zum Staat führt. Damit ist klargelegt, daß eine neue Bildung klar zu scheiden hat zwischen den Zu sammenschlüssen, die der Erhaltung des Lebens des Volkes dienen, und denen, die aus dem Geist heraus diesem Leben Form geben. Dadurch aber scheidet der neue Bildungsgedanke klar zwischen Mann und Weib und stellt unter Verzicht auf ganz allgemeine Menschheitsideale den einzelnen aus den Platz innerhalb der Ge sellschaft, wo er voll seine Natur, sei sie weiblich oder männlich, zur Entfaltung bringen kann. Diese Entfaltung ist aber abhängig von einer reinen Vorstellung eben jener Zusammenschlüsse, die wir erwähnten. Und darum muß eine neue Bildung auf der einen Seite die Ehe reinigen von dem selbstsüchtigen Gedanken reiner Geschlechtsbefriedigung des einzelnen, muß wieder hin führen zur Familie, muß dieser wieder ihre, jetzt zerstörten Rechte geben, muß dem Stamm sein Eigenleben so weit erhalten, daß er eine lebendige Brücke von der Familie zum Gesamtvolk bleibt. Diesem Gesamtvolk aber als wirkliche Einheit lebendiger Kraft muß alle Sorge gelten, denn es ist der Träger der Kultur, aller der Werte also, die das menschliche Leben aus der Ebene rein körperlichen Lebens hinaufhebt in jene höhere, wo das reine Trieblcben gebändigt erscheint. Soll das aber erreicht werden, so muß die neue Bildung mit allen Mitteln und aller Kraft da hin drängen, daß das zusammenhallende Band nicht gelockert, sondern gefestigt wird. Dieses Band aber ist in erster Linie die Sprache. Gerade die neuere Forschung hat, wie ich zeigte, be wiesen, daß ein Volk geistig durch die Sprache entsteht, d. h. daß die Sprache entscheidend ist für das bewußte Erlebnis ,Vold. Darum ist ihre Verfälschung ebenso volkzerstörend, wie ihre Überspitzung zur Gelehrtensprache oder sonst eine nur kasten mäßig verstandene Sondersprache den inneren Zusammenhalt vernichten muß. Hier kann eine neue deutsche Bildung durch Hebung des Sprachgewissens schwere Fehler der Vergangenheit beseitigen. Freilich nützt solche Pflege der Sprache nichts und noch weniger di« von Sitte, Kunst und Musik, wenn nicht vorher die leibliche'Volkwerdung gesichert ist. Ihr hat die neue Sozial politik in erster Linie zu dienen. Das Glück des einzelnen kann nur so weit für diese fein, als dieser es in der wirtschaftlichen Sicherung von Familie, Stamm und Volk erlebt. So sicher es ist, daß die alte Sozialpolitik ihr Verdienst darin hat, daß sie das einfache Treibenlafsen im Spiel der freien Kräfte als unmöglich erkannt hat, ebenso sicher ist, daß die neue aus geistigen Erkennt nissen herausgestaltet werden muß, die ganz anderer Einstellung entstammen als der Persönlichkeitskultur.« Im Anschluß daran äußert sich vr. Oldenbourg auch noch über den Staat, um dann zu schließen: »Wer wollte leugnen, daß aus einer Zielsetzung, die letzten Endes Volk und Staat in ihrer idealen Gestalt herausstellt, ohne weiteres nicht nur leib lich, sondern auch geistig dem einzelnen eine Zielsetzung gegeben ist, die all fein irdisches Streben lenken und sichren kann? Der Unterschied gegenüber dem bisherigen Bildungsgedanken besteht aber darin, daß nicht der einzelne und seine Persönlichkeit ober stes Ziel ist, sondern die Einordnung seiner Anlagen und Kräfte in überpersönliche Zielsetzungen. Damit wird aber auch von selbst Sonntag und Alltag. Betrachtungen zum Tag des Buches. Bon HansFriedrich Blunck. Es gab Gruppen von Menschen, die meinten, das Leben lasse sich allein aus Erfahrung und Vernunft regeln und führe bei der Beobachtung aller Umstände und bei der Zutat von einigem guten Glück eigentlich nur in solcher Weise — also ver standesmäßig — zur vollen menschlichen Befriedigung, wie auch zur Erreichung der führenden Stellungen in Politik und Wirt schaft. Die Meinung wurde dadurch verstärkt, daß der Mensch, der sich eines solchen Lebens befleißigte, oft gute Durchschnittsposten zu erreichen wußte und sich meist Pflichtbewußt, wenn auch oft ein wenig spießig, mit seinen Aufgaben auseinanderfetzte. Sonderbar blieb nur: die großen Politischen Führer unserer Volksgeschichte — und nicht nur unserer — und sogar die großen Wirtschaftsführer waren !m Gegensatz zu diesen schönen Lebens- Vorschriften immer Sammler oder leidenschaftliche Bücherleser oder Theaterbesucher. Sie hatten dadurch neben ihrer beruflichen Zähigkeit sämtlich sine Fähigkeit zu starker Einbildungskraft und vermochten auch da, wo die Vernunft alle Hoffnung versagte, an eine unwirklich lebende Kraft und an ihre inneren Bilder zu glauben. Kurz, irgendwo lag ein Trugschluß vor. Man berechnete das Leben nach dem Alltag und seinen kleinen Überlegungen und versuchte, um einen -Vergleich zu brauchen, mit dem kleinen Einmaleins Astronomie zu treiben. Es ist aber so: das Leben eines Volkes und das Leben des Einzelnen wird nicht nur durch Erfahrung und Verstand, sondern durch das Erlebnis seiner Feiertage bestimmt. Die Schwingungen, die ein echter Sonntag uns mitgibt, entscheiden untergründig über den Weitergang unserer Entschlüsse und Handlungen im Alltag, und der Glaube, den eine besinnliche Stunde einflößt, bestimmt den inneren Drang, aus dem sechs Tage in der Woche gearbeitet wird. Die Heiligkeit und Sammlung des Sonntags hat nicht nur einen Sinn als religiöse Bekenntnisform. Die Gesamtheit des Religiösen, auch das Beschwingende und Bewegende, das neben der Andacht einhergeht, bestimmt unser Leben. Der Anblick der sonntäglichen Heimat kann lange als Freude nachschwingen; das Erlebnis eines Bildes, eines alten Domes bleibt in uns klingen. Oder aber es wirkt nach: die Gestalt des Helden in einem Gedicht, die Entscheidung eines Menschen in einem Roman, den man in der Muße des Sonntags las, der uns zugleich andere Schichten nahebrachte und Teile unseres Volkstums kennenlehrte, die uns die Hast des Alltags verhüllt. Es gab auf unseren Universitäten lange Zeit eine Fach- jpezialisierung, die dem Studenten mit der besten Gedächtnis maschine am sichersten durchs Examen half. Ach, aber was waren das für Menschen, die als Richter und Ärzte ins praktische Leben hinausgesandt wurden und doch auch die Seelen heilen sollten! Man denkt heute anders und weiß, daß allein die starke Per sönlichkeit, viel belesen und bewandert, daß Menschen, die sich ein Bild ihres weiteren Lebenskreises ersehen und erworben haben, für unser Volk von Wert find; daß dagegen die guten Examenskandidaten meist nur dürres Holz waren, das der große Strom mitschwemmt. Das Unerhörte geschieht deshalb heute: man fragt den Kandidaten der Medizin plötzlich nach seiner Romanlektüre und den Juristen nach deutscher Klassik. Wir leben in einer Zeit neuer Erkenntnisse und wissen: nicht im Werk des Alltags, sondern im Bereich des religiösen und künstlerischen Lebens bereitet sich das Schicksal der kom menden Zeit vor. Der Entscheidungskampf des Einzelnen wie der einer Nation wird durch die Ideen bestimmt, durch die Bilder, die ihre Dichter vom zukünftigen Leben entwarfen. Wer für sein Volk kämpft, muß von diesen Gesetzen des Alltags und Sonntags wissen. Er muß wissen, daß Gedichte und Gesichte der großen Gestalten eines Volkes eben dieses Volk innerlich antreiben können und es erfüllen müssen, um es zu seinen großen Entschlüssen, zum Opfer und zur echten Gemein schaft fähig zu machen. Er muß wissen, was Bürger, Bauer und Arbeiter am Sonntag lesen, um zu wissen, wie sie im Alltag handeln. 205
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