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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.12.1935
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- 1935-12-21
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- 21.12.1935
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Nr. 288 (R. 154). Leipzig, Sonnabend den 21. Dezember 1935. 182, Jahrgang. Neichsminister Dr. Goebbels über das Wesen der Kritik Am 14. Dezember fand in Berlin eine Tagung der in der deutschen Presse tätigen Kritiker statt. Gegen Mittag wurden die an der Tagung Teilnehmenden von Reichsminister Or. Goebbels in seinem Ministerium empfangen. Auf diesem Empfang richtete Or. Goebbels wegweisende Worte an die Erschienenen. Der Minister betonte eingangs, daß er es bisher mit voller Absicht vermieden habe, vor den Kritikern der deutschen Presse grundsätzliche Ausführungen zu machen. Er habe einerseits nicht voreilig in die Entwicklung eingreifen und andererseits auch ver meiden wollen, daß sich die Kritiker etwa auf amtliche Richt linien in irgendeiner Weise festlegten. Nunmehr, fast drei Jahre nach der Machtübernahme, erscheine es angezeigt, die grundsätz liche Auffassung, die der Nationalsozialismus über die fachmänni sche Kritik habe, einer gewissen Klärung entgegenzuführen. Diese fachmännische Kritik habe im wesentlichen die Aufgabe, das Gute und das Minderwertige voneinander zu scheiden und es miteinander in Vergleich zu setzen. Indessen sei der Beruf des Kritikers in erster Linie eine Sache der Berufung; der Kritiker dürfe sich also nicht in seinem Beruf an sich erschöpfen, er werde immer dann auf eine große Gefolgschaft rechnen können, wenn er es verstehe, den Instinkt der Zeit klar herauszustellen. Obwohl der Kritiker an der Formung des künstlerischen Werkes in keiner Weise beteiligt sei, müsse er doch andererseits so viel künstlerisches Verständnis und so viel Einfühlungsver mögen mitbringen, daß er es gerecht zu beurteilen vermag. Ge wiß solle die Kritik hart sein, den Dilettantismus abwehren und Rang- und Wertunterschiede machen. Aber aus der anderen Seite müsse sie sich in Erfüllung ihrer großen Aufgabe auch davor hüten, alles das, was sie nicht als höchstwertig empfinde, von vornherein abzulehnen und abzutöten. Die Kritik sei ja nie unfehlbar gewesen und werde es auch nie sein. Sie sei es auch heute nicht. Denn jeder Mensch sei eben der Träger einer bestimmten, eigenen Geschmacksrichtung. Der Minister stellte zum Beweis ganz verschiedenartige Kritiken gleichartiger Blätter über ein- und dieselbe künstlerische Darbie tung sehr wirkungsvoll einander gegenüber. Es sei, so fuhr der Minister fort, ein verhängnisvoller Feh ler der kritischen Betätigung, den Eindruck zu erwecken, als wäre das einmal gefällte Urteil endgültig und unantastbar. Die Kritik soll vielmehr den Leser zu eigenem Nachdenken anregen und ihn veranlassen, sich an Ort und Stelle selbst ein Urteil zu bilden. Wir haben in der Geschichte Beweise genug dafür, daß sich die Kritik in den fundamentalsten Fragen über Wert und Unwert eines Künstlers geirrt hat, und den gleichen Jrrtumsmöglichkeiten ist auch die zeitgenössische Kritikerschaft unterworfen. Es gilt darum, abzurücken von dem Hochmut der Unfehlbarkeit, der schon manchem wahren Künstler das Leben und Schassen verleidet hat. Der Kritiker, der ja immer nur ein persönliches Urteil abgeben kann, muß seine Ausstellungen mit einem gewissen Maß von Reserve und innerer Vornehmheit vortragen. Diese Verant wortung liegt in seinem Recht zur Kritik eingeschlossen. Andererseits sei es durchaus unangebracht, von den Kritikern zu verlangen, daß sie es doch »selbst besser machen- sollen. Es ist nicht an dem, so betonte Or. Goebbels, daß ein wirklich schöpferi scher Kritiker zugleich auch ein genialer schöpferischer Künstler sein müsse. Es gibt im Gegenteil Menschen, die auf dem speziellen Gebiet der Auswertung eine ganz außerordentliche Begabung be sitzen, daß man sich manchmal fragt, ob nun das Kunstwerk wert voller sei oder die Kritik. Diese Menschen haben eine Witterung für das Künstlerische, aber es ist die Frage, ob sie auch die Kraft besitzen, die künstlerische Form zu gestalten. Im übrigen ist es eine selbstverständliche Voraussetzung, daß sich der Kritiker auf sein Fach versteht. Es darf nicht dahin kommen, daß der Laie zum Kritiker erhoben wird, wie sich zum Beispiel niemand anmaßen sollte, eine Oper zu kritisieren, wenn er nicht selbst die Partitur lesen kann und sie gelesen hat. Kritik erfordert also ein unerhörtes Vertiefen in die Probleme der Kunstgestaltung. Weitere Ausführungen des Ministers galten dem Maß und dem Maßstab des Urteils. »Der Kritiker soll ein gereiftes und gerechtes, vornehmes und sachliches Urteil abgeben, ein Urteil, das den Mut nicht raubt und Ehrfurcht vor der Leistung zeigt, das nicht abschließt, sondern anregt. In seiner inneren Einstel lung muß er dem praktischen Arzt gleichen, der zu eingebildeten und wirklichen Kranken geführt wird und dessen Haupttugend darin besteht, sich niemals eine Ungeduld anmerken zu lassen. Er soll sich peinlich davor hüten, momentanen Stimmungen zu unter liegen, fällt er doch sein Urteil nicht für sich, sondern für die Öffentlichkeit. Darüber hinaus aber soll der Kritiker bei aller Schärfe des Urteils eines auch nicht außer Betracht lassen- das gute, ehrliche und anständige Wollen! So wie die Nation neben der hervor ragenden Leistung auch das gute Wollen als etwas Unentbehr liches empfindet, so muß auch die Kritik dieses gute Wollen in den Kreis ihrer Berechnungen mit hineinbeziehen. Sie soll da Nachsicht üben, wo sie den Umständen entspricht.» Der Minister gab in diesem Zusammenhang den Kritikern mit sehr eindringlichen Worten zu bedenken, daß sich manchmal selbst im primitivsten Dilettantismus der Wille des Volkes äußert, und daß so mancher Künstler von Ruf und Rang einmal durch die Schmiere gegangen ist. Wäre er dort nicht entdeckt und ent wickelt worden — er wäre vielleicht nie in ein Staatstheater ge kommen! Viele haben sich erst Schritt für Schritt auf der Stufen leiter des künstlerischen Erfolgs emporgearbeitet, und nie wären sie an die Spitze gekommen, hätte es nicht die unterste Stufe ge geben. Deshalb darf man das Unten nicht deshalb verdammen, weil es ein Oben gibt. Wie leicht kann man mit allzu herbem Urteil einem von denen, die heute noch in den Anfängen stehen, eine Barriere vorlegen, die ihm sein ganzes Leben verbaut! Nachdem der Minister dann betont hatte, daß er mit aller Schärfe in Fällen einschreiten werde, wo sich eine Verquickung von Geschäft und Kritik bemerkbar mache, umriß er zum Schluß die positiven Aufgaben der deutschen Kritiker. »Eine große und auch schwere Ausgabe«, so betonte vr. Goebbels, »hat der Kritiker zu erfüllen: er hat mit richtiger Witterung und ohne dabei den Dilettantismus zu schonen, den Werdenden den Weg frei zu machen. Wo immer er Großes aufspürt, muß er als warmherziger Freund und Förderer auf den Plan treten, als Wegweiser und Weg bereiter des kommenden Genies.» Oenkt an die MnierkUksspende des deutschen Schrifttums 1093
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